so uns durch den Fall unsers Feindes war aufge- richtet worden. Nun muß ich wohl gestehen, die Predigt von jüngsten Gericht, die ich einst gehal- ten, ausgenommen, welche unter den 70. Pre- digten von mancherley Art, auf den 26. Sonntag nach Trinitatis zu finden, so ist niemals eine solche allgemeine Stille, als damals, in der Kirchen ge- wesen, habe auch niemals so viel Thränen in den Augen der Zuhörer gesehen, noch so viel Appro- bation von Gelehrten, und Ungelehrten bekom- men, als dasselbe mal. Aber bey einem und dem andern Zuhörer war ich doch übel damit ange- kommen. Man schickte iemanden aus einem vor- nehmen Collegio zu mir nach Hause, und ließ mir dessen Mißfallen darüber, doch in sehr höfflichen Terminis zu verstehen geben. Die Predigt war zu lang gewesen; ist mir recht, so solte sich der Sty- lus nicht auf die Cantzel schicken, vielweniger solte ich dieselbe drucken lassen, daferne sie ja von mir begehret würde. Sie ist aber lange nach der Zeit gedrucket worden, und unter den 70. Pre- digten von mancherley Art auf den VII. Sonn- tag nach Trinitatis zu lesen, und zum andernmahl aufgeleget worden.
Mich deucht, man sorgt in dergleichen Stü- cken noch zu wenig, daß unsere Predigten den Nutzen schaffen, den sie schaffen und würcken kön- ten. Man gebe auch den Worten der heiligen
Schrifft,
Siegs-Predigten
ſo uns durch den Fall unſers Feindes war aufge- richtet worden. Nun muß ich wohl geſtehen, die Predigt von juͤngſten Gericht, die ich einſt gehal- ten, ausgenommen, welche unter den 70. Pre- digten von mancherley Art, auf den 26. Sonntag nach Trinitatis zu finden, ſo iſt niemals eine ſolche allgemeine Stille, als damals, in der Kirchen ge- weſen, habe auch niemals ſo viel Thraͤnen in den Augen der Zuhoͤrer geſehen, noch ſo viel Appro- bation von Gelehrten, und Ungelehrten bekom- men, als daſſelbe mal. Aber bey einem und dem andern Zuhoͤrer war ich doch uͤbel damit ange- kommen. Man ſchickte iemanden aus einem vor- nehmen Collegio zu mir nach Hauſe, und ließ mir deſſen Mißfallen daruͤber, doch in ſehr hoͤfflichen Terminis zu verſtehen geben. Die Predigt war zu lang geweſen; iſt mir recht, ſo ſolte ſich der Sty- lus nicht auf die Cantzel ſchicken, vielweniger ſolte ich dieſelbe drucken laſſen, daferne ſie ja von mir begehret wuͤrde. Sie iſt aber lange nach der Zeit gedrucket worden, und unter den 70. Pre- digten von mancherley Art auf den VII. Sonn- tag nach Trinitatis zu leſen, und zum andernmahl aufgeleget worden.
Mich deucht, man ſorgt in dergleichen Stuͤ- cken noch zu wenig, daß unſere Predigten den Nutzen ſchaffen, den ſie ſchaffen und wuͤrcken koͤn- ten. Man gebe auch den Worten der heiligen
Schrifft,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0082"n="36"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Siegs-Predigten</hi></fw><lb/>ſo uns durch den Fall unſers Feindes war aufge-<lb/>
richtet worden. Nun muß ich wohl geſtehen, die<lb/>
Predigt von juͤngſten Gericht, die ich einſt gehal-<lb/>
ten, ausgenommen, welche unter den 70. Pre-<lb/>
digten von mancherley Art, auf den 26. Sonntag<lb/>
nach <hirendition="#aq">Trinitatis</hi> zu finden, ſo iſt niemals eine ſolche<lb/>
allgemeine Stille, als damals, in der Kirchen ge-<lb/>
weſen, habe auch niemals ſo viel Thraͤnen in den<lb/>
Augen der Zuhoͤrer geſehen, noch ſo viel <hirendition="#aq">Appro-<lb/>
bation</hi> von Gelehrten, und Ungelehrten bekom-<lb/>
men, als daſſelbe mal. Aber bey einem und dem<lb/>
andern Zuhoͤrer war ich doch uͤbel damit ange-<lb/>
kommen. Man ſchickte iemanden aus einem vor-<lb/>
nehmen <hirendition="#aq">Collegio</hi> zu mir nach Hauſe, und ließ mir<lb/>
deſſen Mißfallen daruͤber, doch in ſehr hoͤfflichen<lb/><hirendition="#aq">Terminis</hi> zu verſtehen geben. Die Predigt war<lb/>
zu lang geweſen; iſt mir recht, ſo ſolte ſich der <hirendition="#aq">Sty-<lb/>
lus</hi> nicht auf die Cantzel ſchicken, vielweniger ſolte<lb/>
ich dieſelbe drucken laſſen, daferne ſie ja von mir<lb/>
begehret wuͤrde. Sie iſt aber lange nach der<lb/>
Zeit gedrucket worden, und unter den 70. <hirendition="#fr">Pre-<lb/>
digten von mancherley Art</hi> auf den <hirendition="#aq">VII.</hi> Sonn-<lb/>
tag nach <hirendition="#aq">Trinitatis</hi> zu leſen, und zum andernmahl<lb/>
aufgeleget worden.</p><lb/><p>Mich deucht, man ſorgt in dergleichen Stuͤ-<lb/>
cken noch zu wenig, daß unſere Predigten den<lb/>
Nutzen ſchaffen, den ſie ſchaffen und wuͤrcken koͤn-<lb/>
ten. Man gebe auch den Worten der heiligen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schrifft,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[36/0082]
Siegs-Predigten
ſo uns durch den Fall unſers Feindes war aufge-
richtet worden. Nun muß ich wohl geſtehen, die
Predigt von juͤngſten Gericht, die ich einſt gehal-
ten, ausgenommen, welche unter den 70. Pre-
digten von mancherley Art, auf den 26. Sonntag
nach Trinitatis zu finden, ſo iſt niemals eine ſolche
allgemeine Stille, als damals, in der Kirchen ge-
weſen, habe auch niemals ſo viel Thraͤnen in den
Augen der Zuhoͤrer geſehen, noch ſo viel Appro-
bation von Gelehrten, und Ungelehrten bekom-
men, als daſſelbe mal. Aber bey einem und dem
andern Zuhoͤrer war ich doch uͤbel damit ange-
kommen. Man ſchickte iemanden aus einem vor-
nehmen Collegio zu mir nach Hauſe, und ließ mir
deſſen Mißfallen daruͤber, doch in ſehr hoͤfflichen
Terminis zu verſtehen geben. Die Predigt war
zu lang geweſen; iſt mir recht, ſo ſolte ſich der Sty-
lus nicht auf die Cantzel ſchicken, vielweniger ſolte
ich dieſelbe drucken laſſen, daferne ſie ja von mir
begehret wuͤrde. Sie iſt aber lange nach der
Zeit gedrucket worden, und unter den 70. Pre-
digten von mancherley Art auf den VII. Sonn-
tag nach Trinitatis zu leſen, und zum andernmahl
aufgeleget worden.
Mich deucht, man ſorgt in dergleichen Stuͤ-
cken noch zu wenig, daß unſere Predigten den
Nutzen ſchaffen, den ſie ſchaffen und wuͤrcken koͤn-
ten. Man gebe auch den Worten der heiligen
Schrifft,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/82>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.