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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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in die Lateinische Schule
liche Freude darüber, und lernete daraus von mir
selbst lateinisch lesen und schreiben, und auch de-
clini
ren. Ob ich wol nicht sehen konte, zu was
das Ding nutze wäre: Mensa, der Tisch, mensae,
des Tisches, bonus, a, um, hic, haec, hoc, so
lernte ich es doch; und hatte hernach eine unge-
meine Freude, alß ich würcklich in das Gymna-
sium Elisabethanum
kam, und sahe, daß dieses
Compendium in Vto Ordine tractiret wurde.
Denn da mein Bruder, der in der Stadt bey ei-
nem Kretschmar in Diensten stand, meine beharr-
liche Lust zu der lateinischen Schule merckte, so
brachte er endlich die Eltern dahin, daß sie ihren
Willen drein gaben, unter dem Vorwand, wenn
ich auch ein paar Jahr in die lateinische Schule
gegangen wäre, so könte ich allemal noch werden,
was ich wolte, ein Handwerck, oder die Kauff-
mannschafft lernen, oder wieder ein Gurcke-Pflu-
cker werden, wie mein Vater. Der Rector in
dem Gymnasio Elisabethano, Herr Thomae,
(der ein Beckerianer ante Beckerum war, und
als ein anderer Sadducäer weder gute, noch böse
Engel glaubte, aber noch denselben Sommer
Anno 1687. ein Ende mit Schrecken nahm, und
auf dem Sterbe-Bette mit lauter Geistern, Ge-
spenstern und Teufeln, und schrecklichen Gedan-
cken auf das erbärmlichste geplaget ward, wie da-
mals die Rede gieng, und ich es auch nach der

Zeit

in die Lateiniſche Schule
liche Freude daruͤber, und lernete daraus von mir
ſelbſt lateiniſch leſen und ſchreiben, und auch de-
clini
ren. Ob ich wol nicht ſehen konte, zu was
das Ding nutze waͤre: Menſa, der Tiſch, menſæ,
des Tiſches, bonus, a, um, hic, hæc, hoc, ſo
lernte ich es doch; und hatte hernach eine unge-
meine Freude, alß ich wuͤrcklich in das Gymna-
ſium Eliſabethanum
kam, und ſahe, daß dieſes
Compendium in Vto Ordine tractiret wurde.
Denn da mein Bruder, der in der Stadt bey ei-
nem Kretſchmar in Dienſten ſtand, meine beharr-
liche Luſt zu der lateiniſchen Schule merckte, ſo
brachte er endlich die Eltern dahin, daß ſie ihren
Willen drein gaben, unter dem Vorwand, wenn
ich auch ein paar Jahr in die lateiniſche Schule
gegangen waͤre, ſo koͤnte ich allemal noch werden,
was ich wolte, ein Handwerck, oder die Kauff-
mannſchafft lernen, oder wieder ein Gurcke-Pflu-
cker werden, wie mein Vater. Der Rector in
dem Gymnaſio Eliſabethano, Herr Thomæ,
(der ein Beckerianer ante Beckerum war, und
als ein anderer Sadducaͤer weder gute, noch boͤſe
Engel glaubte, aber noch denſelben Sommer
Anno 1687. ein Ende mit Schrecken nahm, und
auf dem Sterbe-Bette mit lauter Geiſtern, Ge-
ſpenſtern und Teufeln, und ſchrecklichen Gedan-
cken auf das erbaͤrmlichſte geplaget ward, wie da-
mals die Rede gieng, und ich es auch nach der

Zeit
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[45/0091] in die Lateiniſche Schule liche Freude daruͤber, und lernete daraus von mir ſelbſt lateiniſch leſen und ſchreiben, und auch de- cliniren. Ob ich wol nicht ſehen konte, zu was das Ding nutze waͤre: Menſa, der Tiſch, menſæ, des Tiſches, bonus, a, um, hic, hæc, hoc, ſo lernte ich es doch; und hatte hernach eine unge- meine Freude, alß ich wuͤrcklich in das Gymna- ſium Eliſabethanum kam, und ſahe, daß dieſes Compendium in Vto Ordine tractiret wurde. Denn da mein Bruder, der in der Stadt bey ei- nem Kretſchmar in Dienſten ſtand, meine beharr- liche Luſt zu der lateiniſchen Schule merckte, ſo brachte er endlich die Eltern dahin, daß ſie ihren Willen drein gaben, unter dem Vorwand, wenn ich auch ein paar Jahr in die lateiniſche Schule gegangen waͤre, ſo koͤnte ich allemal noch werden, was ich wolte, ein Handwerck, oder die Kauff- mannſchafft lernen, oder wieder ein Gurcke-Pflu- cker werden, wie mein Vater. Der Rector in dem Gymnaſio Eliſabethano, Herr Thomæ, (der ein Beckerianer ante Beckerum war, und als ein anderer Sadducaͤer weder gute, noch boͤſe Engel glaubte, aber noch denſelben Sommer Anno 1687. ein Ende mit Schrecken nahm, und auf dem Sterbe-Bette mit lauter Geiſtern, Ge- ſpenſtern und Teufeln, und ſchrecklichen Gedan- cken auf das erbaͤrmlichſte geplaget ward, wie da- mals die Rede gieng, und ich es auch nach der Zeit

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/91>, abgerufen am 21.11.2024.