gehabt, auch mich dessen die Zeit meines Lebens, so viel ich weiß, niemals bedienet, noch solchen Schwur weder äußerlich mit dem Munde, noch innerlich in Gedancken gethan und ausgesprochen. Und dennoch ist mir solcher damals wider meinen Willen eine Zeit lang bey allerhand Gelegenheit offters eingefallen, doch ohne meine Zustimmung, und so, daß er mir zu einer rechten Quaal und Marter worden. Nahm ich mir etwan was zu thun vor, mit dem Vorsatz, vor Abends, oder in zwey Stunden damit fertig zu werden, so fiel mir, wie ein Pfeil so schnell, und wider meinen Willen ein: Und wenn ich nicht fertig werde, soll mich der Teufel holen. Solte ich zu ieman- den um diese, oder jene Zeit kommen, und ich ver- sprach solches, und sagte mit dem Munde ja; gleich war der innere Gedancke dabey, und, wenn ich nicht komme, will ich des Teufels seyn. In Summa bey allem, was ich beschloß, oder vor- nahm, oder zusagte, hatte ich diese Gemüths- Plage dabey; und ie mehr ich vor meinen eige- nen Gedancken, und vor solchen Einfalle erschrack, ie öffterer, und ärger ward ich damit vexiret. Mir wurde dabey angst, und ich wuste nicht, wem ich es klagen solte; denn ich fieng an an der Rede zu stocken, so offt ich etwas sagen wolte, und diesen Einfall dabey heimlich leiden muste. Wenn ich bedencke, daß ich damals bey andern
Fällen
eine der erſten
gehabt, auch mich deſſen die Zeit meines Lebens, ſo viel ich weiß, niemals bedienet, noch ſolchen Schwur weder aͤußerlich mit dem Munde, noch innerlich in Gedancken gethan und ausgeſprochen. Und dennoch iſt mir ſolcher damals wider meinen Willen eine Zeit lang bey allerhand Gelegenheit offters eingefallen, doch ohne meine Zuſtimmung, und ſo, daß er mir zu einer rechten Quaal und Marter worden. Nahm ich mir etwan was zu thun vor, mit dem Vorſatz, vor Abends, oder in zwey Stunden damit fertig zu werden, ſo fiel mir, wie ein Pfeil ſo ſchnell, und wider meinen Willen ein: Und wenn ich nicht fertig werde, ſoll mich der Teufel holen. Solte ich zu ieman- den um dieſe, oder jene Zeit kommen, und ich ver- ſprach ſolches, und ſagte mit dem Munde ja; gleich war der innere Gedancke dabey, und, wenn ich nicht komme, will ich des Teufels ſeyn. In Summa bey allem, was ich beſchloß, oder vor- nahm, oder zuſagte, hatte ich dieſe Gemuͤths- Plage dabey; und ie mehr ich vor meinen eige- nen Gedancken, und vor ſolchen Einfalle erſchrack, ie oͤffterer, und aͤrger ward ich damit vexiret. Mir wurde dabey angſt, und ich wuſte nicht, wem ich es klagen ſolte; denn ich fieng an an der Rede zu ſtocken, ſo offt ich etwas ſagen wolte, und dieſen Einfall dabey heimlich leiden muſte. Wenn ich bedencke, daß ich damals bey andern
Faͤllen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0093"n="47"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">eine der erſten</hi></fw><lb/>
gehabt, auch mich deſſen die Zeit meines Lebens,<lb/>ſo viel ich weiß, niemals bedienet, noch ſolchen<lb/>
Schwur weder aͤußerlich mit dem Munde, noch<lb/>
innerlich in Gedancken gethan und ausgeſprochen.<lb/>
Und dennoch iſt mir ſolcher damals wider meinen<lb/>
Willen eine Zeit lang bey allerhand Gelegenheit<lb/>
offters eingefallen, doch ohne meine Zuſtimmung,<lb/>
und ſo, daß er mir zu einer rechten Quaal und<lb/>
Marter worden. Nahm ich mir etwan was zu<lb/>
thun vor, mit dem Vorſatz, vor Abends, oder in<lb/>
zwey Stunden damit fertig zu werden, ſo fiel mir,<lb/>
wie ein Pfeil ſo ſchnell, und wider meinen Willen<lb/>
ein: <hirendition="#fr">Und wenn ich nicht fertig werde, ſoll<lb/>
mich der Teufel holen.</hi> Solte ich zu ieman-<lb/>
den um dieſe, oder jene Zeit kommen, und ich ver-<lb/>ſprach ſolches, und ſagte mit dem Munde ja;<lb/>
gleich war der innere Gedancke dabey, und, wenn<lb/>
ich nicht komme, will ich des Teufels ſeyn. <hirendition="#aq">In<lb/>
Summa</hi> bey allem, was ich beſchloß, oder vor-<lb/>
nahm, oder zuſagte, hatte ich dieſe Gemuͤths-<lb/>
Plage dabey; und ie mehr ich vor meinen eige-<lb/>
nen Gedancken, und vor ſolchen Einfalle erſchrack,<lb/>
ie oͤffterer, und aͤrger ward ich damit <hirendition="#aq">vexi</hi>ret.<lb/>
Mir wurde dabey angſt, und ich wuſte nicht,<lb/>
wem ich es klagen ſolte; denn ich fieng an an der<lb/>
Rede zu ſtocken, ſo offt ich etwas ſagen wolte, und<lb/>
dieſen Einfall dabey heimlich leiden muſte.<lb/>
Wenn ich bedencke, daß ich damals bey andern<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Faͤllen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[47/0093]
eine der erſten
gehabt, auch mich deſſen die Zeit meines Lebens,
ſo viel ich weiß, niemals bedienet, noch ſolchen
Schwur weder aͤußerlich mit dem Munde, noch
innerlich in Gedancken gethan und ausgeſprochen.
Und dennoch iſt mir ſolcher damals wider meinen
Willen eine Zeit lang bey allerhand Gelegenheit
offters eingefallen, doch ohne meine Zuſtimmung,
und ſo, daß er mir zu einer rechten Quaal und
Marter worden. Nahm ich mir etwan was zu
thun vor, mit dem Vorſatz, vor Abends, oder in
zwey Stunden damit fertig zu werden, ſo fiel mir,
wie ein Pfeil ſo ſchnell, und wider meinen Willen
ein: Und wenn ich nicht fertig werde, ſoll
mich der Teufel holen. Solte ich zu ieman-
den um dieſe, oder jene Zeit kommen, und ich ver-
ſprach ſolches, und ſagte mit dem Munde ja;
gleich war der innere Gedancke dabey, und, wenn
ich nicht komme, will ich des Teufels ſeyn. In
Summa bey allem, was ich beſchloß, oder vor-
nahm, oder zuſagte, hatte ich dieſe Gemuͤths-
Plage dabey; und ie mehr ich vor meinen eige-
nen Gedancken, und vor ſolchen Einfalle erſchrack,
ie oͤffterer, und aͤrger ward ich damit vexiret.
Mir wurde dabey angſt, und ich wuſte nicht,
wem ich es klagen ſolte; denn ich fieng an an der
Rede zu ſtocken, ſo offt ich etwas ſagen wolte, und
dieſen Einfall dabey heimlich leiden muſte.
Wenn ich bedencke, daß ich damals bey andern
Faͤllen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/93>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.