als ich selbst, und darff nicht mit Worten be- schreiben die unglaubliche Menge von diesem Ungeziefer, welches mich offters so geplaget, daß ich beynahe hätte schwermüthig darüber wer- den mögen; indem, wenn andere Häuser, und Leute in der Stadt, wo ich aus- und eingieng, gleiches Ubel an sich merckten, der Verdacht allemahl auf mich fiel, und sie folgentlich einen Eckel und Abscheu vor mir bekamen.
Jch fieng gar an auf die Gedancken zu gera- then, als ob etwan mein Leib von solcher schäd- lichen Disposition wäre, so daß diese Würmer aus demselben hervor wüchsen, und fielen mir zuweilen die Exempel dererjenigen ein, von wel- chen ich gelesen, daß sie an der Phthiriasi gestor- ben. Jch bin nach der Zeit, da ich von sol- cher Plage befreyet worden, offt geneigt gewesen, ein besonderes Omen und Vorbedeutung dar- aus zu machen, als ob dadurch in meiner Ju- gend die vielen Fehler, Verbrechen, Verderb- nisse, Sünden und Unarten, mit welchen ich nach der Zeit zu streiten gehabt, wären vorge- bildet worden. Die Mutter hat diese Plage, so lange sie gewähret, und auch nach diesem, vor eine rechte Strafe und Gerichte GOttes ange- sehen, wiewol wir nicht wusten, wie wir dazu kämen, und solches verdienet hätten. Und welches merckwürdig, so hat der Vater von
diesem
D 2
mit Ungeziefer
als ich ſelbſt, und darff nicht mit Worten be- ſchreiben die unglaubliche Menge von dieſem Ungeziefer, welches mich offters ſo geplaget, daß ich beynahe haͤtte ſchwermuͤthig daruͤber wer- den moͤgen; indem, wenn andere Haͤuſer, und Leute in der Stadt, wo ich aus- und eingieng, gleiches Ubel an ſich merckten, der Verdacht allemahl auf mich fiel, und ſie folgentlich einen Eckel und Abſcheu vor mir bekamen.
Jch fieng gar an auf die Gedancken zu gera- then, als ob etwan mein Leib von ſolcher ſchaͤd- lichen Diſpoſition waͤre, ſo daß dieſe Wuͤrmer aus demſelben hervor wuͤchſen, und fielen mir zuweilen die Exempel dererjenigen ein, von wel- chen ich geleſen, daß ſie an der Phthiriaſi geſtor- ben. Jch bin nach der Zeit, da ich von ſol- cher Plage befreyet worden, offt geneigt geweſen, ein beſonderes Omen und Vorbedeutung dar- aus zu machen, als ob dadurch in meiner Ju- gend die vielen Fehler, Verbrechen, Verderb- niſſe, Suͤnden und Unarten, mit welchen ich nach der Zeit zu ſtreiten gehabt, waͤren vorge- bildet worden. Die Mutter hat dieſe Plage, ſo lange ſie gewaͤhret, und auch nach dieſem, vor eine rechte Strafe und Gerichte GOttes ange- ſehen, wiewol wir nicht wuſten, wie wir dazu kaͤmen, und ſolches verdienet haͤtten. Und welches merckwuͤrdig, ſo hat der Vater von
dieſem
D 2
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mit Ungeziefer
als ich ſelbſt, und darff nicht mit Worten be-
ſchreiben die unglaubliche Menge von dieſem
Ungeziefer, welches mich offters ſo geplaget,
daß ich beynahe haͤtte ſchwermuͤthig daruͤber wer-
den moͤgen; indem, wenn andere Haͤuſer, und
Leute in der Stadt, wo ich aus- und eingieng,
gleiches Ubel an ſich merckten, der Verdacht
allemahl auf mich fiel, und ſie folgentlich einen
Eckel und Abſcheu vor mir bekamen.
Jch fieng gar an auf die Gedancken zu gera-
then, als ob etwan mein Leib von ſolcher ſchaͤd-
lichen Diſpoſition waͤre, ſo daß dieſe Wuͤrmer
aus demſelben hervor wuͤchſen, und fielen mir
zuweilen die Exempel dererjenigen ein, von wel-
chen ich geleſen, daß ſie an der Phthiriaſi geſtor-
ben. Jch bin nach der Zeit, da ich von ſol-
cher Plage befreyet worden, offt geneigt geweſen,
ein beſonderes Omen und Vorbedeutung dar-
aus zu machen, als ob dadurch in meiner Ju-
gend die vielen Fehler, Verbrechen, Verderb-
niſſe, Suͤnden und Unarten, mit welchen ich
nach der Zeit zu ſtreiten gehabt, waͤren vorge-
bildet worden. Die Mutter hat dieſe Plage,
ſo lange ſie gewaͤhret, und auch nach dieſem, vor
eine rechte Strafe und Gerichte GOttes ange-
ſehen, wiewol wir nicht wuſten, wie wir dazu
kaͤmen, und ſolches verdienet haͤtten. Und
welches merckwuͤrdig, ſo hat der Vater von
dieſem
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/97>, abgerufen am 24.11.2024.
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