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Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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würdevolle Citrone getragen sieht. Lieschen hatte einen einfachen Busch blauer, über Nacht frisch aufgeblühter Blümchen ans Mieder gesteckt, nur ein grünes Weinblatt schlang sich rings umher und hielt ihn zusammen wie ein Kelch. Auf dem ganzen Wege, vor ihnen, hinter ihnen, wandelten zerstreute, geputzte Männer und Weiber. Da hörte Lieschen hinter sich eine Stimme, die ihr das Blut in die Wange trieb. Mache doch nicht so viel Staub! hatte sie eben zu Mariechen sagen wollen, welche es mit ihrer sonntäglichen Würde vereinbar fand, der Schwester im Gehen so viel Erde wie möglich auf die weißen Strümpfe zu werfen, aber das Hauptwort blieb ihr im Munde stecken, sie schwieg. Mariechen blickte sie an und sah nach rückwärts. Welcher doch? dachte der kleine Dämon. Zwei flinke Burschen kamen daher, sie waren bald nach. Nun, Lieschen, brav Heu gemacht gestern? fragte Nachbars Franz. -- Ach ja, antwortete sie, es war ein schöner Tag. -- Und i was, Jungfer Mariechen auch auf dem Wege in die Kirche und so blank? fuhr jener fort. Ja, ja, was ein guter Haken werden will, krümmt sich bald. -- Die Kleine spreizte sich wie ein Pfau, und Fritz sah Lieschen verstohlen mit einem Blick an, der in ihr Herz brannte; dann gingen Beide vorüber. Fritz hatte nichts Freundliches gesagt. Aber am Gränzstein seitwärts des Weges blieb er stehen, stellte den Fuß darauf und sagte: Meine Schnalle geht mir los, geh

würdevolle Citrone getragen sieht. Lieschen hatte einen einfachen Busch blauer, über Nacht frisch aufgeblühter Blümchen ans Mieder gesteckt, nur ein grünes Weinblatt schlang sich rings umher und hielt ihn zusammen wie ein Kelch. Auf dem ganzen Wege, vor ihnen, hinter ihnen, wandelten zerstreute, geputzte Männer und Weiber. Da hörte Lieschen hinter sich eine Stimme, die ihr das Blut in die Wange trieb. Mache doch nicht so viel Staub! hatte sie eben zu Mariechen sagen wollen, welche es mit ihrer sonntäglichen Würde vereinbar fand, der Schwester im Gehen so viel Erde wie möglich auf die weißen Strümpfe zu werfen, aber das Hauptwort blieb ihr im Munde stecken, sie schwieg. Mariechen blickte sie an und sah nach rückwärts. Welcher doch? dachte der kleine Dämon. Zwei flinke Burschen kamen daher, sie waren bald nach. Nun, Lieschen, brav Heu gemacht gestern? fragte Nachbars Franz. — Ach ja, antwortete sie, es war ein schöner Tag. — Und i was, Jungfer Mariechen auch auf dem Wege in die Kirche und so blank? fuhr jener fort. Ja, ja, was ein guter Haken werden will, krümmt sich bald. — Die Kleine spreizte sich wie ein Pfau, und Fritz sah Lieschen verstohlen mit einem Blick an, der in ihr Herz brannte; dann gingen Beide vorüber. Fritz hatte nichts Freundliches gesagt. Aber am Gränzstein seitwärts des Weges blieb er stehen, stellte den Fuß darauf und sagte: Meine Schnalle geht mir los, geh

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[0020] würdevolle Citrone getragen sieht. Lieschen hatte einen einfachen Busch blauer, über Nacht frisch aufgeblühter Blümchen ans Mieder gesteckt, nur ein grünes Weinblatt schlang sich rings umher und hielt ihn zusammen wie ein Kelch. Auf dem ganzen Wege, vor ihnen, hinter ihnen, wandelten zerstreute, geputzte Männer und Weiber. Da hörte Lieschen hinter sich eine Stimme, die ihr das Blut in die Wange trieb. Mache doch nicht so viel Staub! hatte sie eben zu Mariechen sagen wollen, welche es mit ihrer sonntäglichen Würde vereinbar fand, der Schwester im Gehen so viel Erde wie möglich auf die weißen Strümpfe zu werfen, aber das Hauptwort blieb ihr im Munde stecken, sie schwieg. Mariechen blickte sie an und sah nach rückwärts. Welcher doch? dachte der kleine Dämon. Zwei flinke Burschen kamen daher, sie waren bald nach. Nun, Lieschen, brav Heu gemacht gestern? fragte Nachbars Franz. — Ach ja, antwortete sie, es war ein schöner Tag. — Und i was, Jungfer Mariechen auch auf dem Wege in die Kirche und so blank? fuhr jener fort. Ja, ja, was ein guter Haken werden will, krümmt sich bald. — Die Kleine spreizte sich wie ein Pfau, und Fritz sah Lieschen verstohlen mit einem Blick an, der in ihr Herz brannte; dann gingen Beide vorüber. Fritz hatte nichts Freundliches gesagt. Aber am Gränzstein seitwärts des Weges blieb er stehen, stellte den Fuß darauf und sagte: Meine Schnalle geht mir los, geh

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
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Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/20>, abgerufen am 24.11.2024.