Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Fritz; rief sie mit aller ihrer Macht; aber sie hörte ihre eigenen Laute schwach verhallen. Die Gestalt sah rings umher, dann eilte sie auf sie zu, sie hatte sie entdeckt. Lieschen zitterte. Wenn er es nicht war, was konnte der nächste Augenblick bringen? Ein paar warme Arme umschlossen sie; Lieschen, Lieschen! wie kömmst du hierher? fragte Fritz, und sein Mund überzeugte sie von seiner Gegenwart, rief sie ins Leben zurück. Ach, bist du's? stammelte sie, dich suchte ich! und sank an seine Brust, in seinen Schooß. Er fühlte den kalten Schweiß auf ihrer Stirn und trocknete ihn mit ihrer Schürze! er rieb ihr die Schläfen, die Hände, und Lieschen kam völlig zu sich. Ach, sagte sie, ihn betastend, du bist's, bist's wirklich! Aber wo sind die Flammen? -- Die verwünschten Dinger haben mich auch irr geführt, ich renne nun schon eine Stunde im Moor herum und weiß nicht, wo ich bin -- jetzt sind sie weg. -- Lieschen blickte auf und freute sich, die Bestätigung von Fritzens Worten zu erkennen; die Flammen waren wirklich nicht mehr da, nur ganz in der Ferne hüpften noch ein paar kleine Lichtchen, zuckten auf und erblichen endlich ganz. Fürchte dich nicht, Lieschen, sprach Fritz beruhigend, sieh, das sind nun so die Dinger im Moor! Ich bin drin geboren, und sie heißen mich den Irrwischjungen, wie du weißt, aber weil man sie so selten sieht, erschrecken sie mich doch auch. Doch sei still, mein Herzchen, wir sind nun einmal die Nacht hier zusammen, nach Hause können wir nicht, wenn wir nicht versinken

Fritz; rief sie mit aller ihrer Macht; aber sie hörte ihre eigenen Laute schwach verhallen. Die Gestalt sah rings umher, dann eilte sie auf sie zu, sie hatte sie entdeckt. Lieschen zitterte. Wenn er es nicht war, was konnte der nächste Augenblick bringen? Ein paar warme Arme umschlossen sie; Lieschen, Lieschen! wie kömmst du hierher? fragte Fritz, und sein Mund überzeugte sie von seiner Gegenwart, rief sie ins Leben zurück. Ach, bist du's? stammelte sie, dich suchte ich! und sank an seine Brust, in seinen Schooß. Er fühlte den kalten Schweiß auf ihrer Stirn und trocknete ihn mit ihrer Schürze! er rieb ihr die Schläfen, die Hände, und Lieschen kam völlig zu sich. Ach, sagte sie, ihn betastend, du bist's, bist's wirklich! Aber wo sind die Flammen? — Die verwünschten Dinger haben mich auch irr geführt, ich renne nun schon eine Stunde im Moor herum und weiß nicht, wo ich bin — jetzt sind sie weg. — Lieschen blickte auf und freute sich, die Bestätigung von Fritzens Worten zu erkennen; die Flammen waren wirklich nicht mehr da, nur ganz in der Ferne hüpften noch ein paar kleine Lichtchen, zuckten auf und erblichen endlich ganz. Fürchte dich nicht, Lieschen, sprach Fritz beruhigend, sieh, das sind nun so die Dinger im Moor! Ich bin drin geboren, und sie heißen mich den Irrwischjungen, wie du weißt, aber weil man sie so selten sieht, erschrecken sie mich doch auch. Doch sei still, mein Herzchen, wir sind nun einmal die Nacht hier zusammen, nach Hause können wir nicht, wenn wir nicht versinken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0075"/>
Fritz; rief sie mit aller ihrer Macht; aber sie hörte ihre eigenen                Laute schwach verhallen. Die Gestalt sah rings umher, dann eilte sie auf sie zu, sie                hatte sie entdeckt. Lieschen zitterte. Wenn er es nicht war, was konnte der nächste                Augenblick bringen? Ein paar warme Arme umschlossen sie; Lieschen, Lieschen! wie                kömmst du hierher? fragte Fritz, und sein Mund überzeugte sie von seiner Gegenwart,                rief sie ins Leben zurück. Ach, bist du's? stammelte sie, dich suchte ich! und sank                an seine Brust, in seinen Schooß. Er fühlte den kalten Schweiß auf ihrer Stirn und                trocknete ihn mit ihrer Schürze! er rieb ihr die Schläfen, die Hände, und Lieschen                kam völlig zu sich. Ach, sagte sie, ihn betastend, du bist's, bist's wirklich! Aber                wo sind die Flammen? &#x2014; Die verwünschten Dinger haben mich auch irr geführt, ich renne                nun schon eine Stunde im Moor herum und weiß nicht, wo ich bin &#x2014; jetzt sind sie weg.                &#x2014; Lieschen blickte auf und freute sich, die Bestätigung von Fritzens Worten zu                erkennen; die Flammen waren wirklich nicht mehr da, nur ganz in der Ferne hüpften                noch ein paar kleine Lichtchen, zuckten auf und erblichen endlich ganz. Fürchte dich                nicht, Lieschen, sprach Fritz beruhigend, sieh, das sind nun so die Dinger im Moor!                Ich bin drin geboren, und sie heißen mich den Irrwischjungen, wie du weißt, aber weil                man sie so selten sieht, erschrecken sie mich doch auch. Doch sei still, mein                Herzchen, wir sind nun einmal die Nacht hier zusammen, nach Hause können wir nicht,                wenn wir nicht versinken<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0075] Fritz; rief sie mit aller ihrer Macht; aber sie hörte ihre eigenen Laute schwach verhallen. Die Gestalt sah rings umher, dann eilte sie auf sie zu, sie hatte sie entdeckt. Lieschen zitterte. Wenn er es nicht war, was konnte der nächste Augenblick bringen? Ein paar warme Arme umschlossen sie; Lieschen, Lieschen! wie kömmst du hierher? fragte Fritz, und sein Mund überzeugte sie von seiner Gegenwart, rief sie ins Leben zurück. Ach, bist du's? stammelte sie, dich suchte ich! und sank an seine Brust, in seinen Schooß. Er fühlte den kalten Schweiß auf ihrer Stirn und trocknete ihn mit ihrer Schürze! er rieb ihr die Schläfen, die Hände, und Lieschen kam völlig zu sich. Ach, sagte sie, ihn betastend, du bist's, bist's wirklich! Aber wo sind die Flammen? — Die verwünschten Dinger haben mich auch irr geführt, ich renne nun schon eine Stunde im Moor herum und weiß nicht, wo ich bin — jetzt sind sie weg. — Lieschen blickte auf und freute sich, die Bestätigung von Fritzens Worten zu erkennen; die Flammen waren wirklich nicht mehr da, nur ganz in der Ferne hüpften noch ein paar kleine Lichtchen, zuckten auf und erblichen endlich ganz. Fürchte dich nicht, Lieschen, sprach Fritz beruhigend, sieh, das sind nun so die Dinger im Moor! Ich bin drin geboren, und sie heißen mich den Irrwischjungen, wie du weißt, aber weil man sie so selten sieht, erschrecken sie mich doch auch. Doch sei still, mein Herzchen, wir sind nun einmal die Nacht hier zusammen, nach Hause können wir nicht, wenn wir nicht versinken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-10T13:46:34Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction. (2017-03-10T13:46:34Z)
Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-10T13:46:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat/ formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/75
Zitationshilfe: Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/75>, abgerufen am 22.11.2024.