Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Fritz, Ihr seid ja der beste Torfbauer in der Gegend und kennt das Moor wie eure Hand, helft uns da heraus. -- Das ist die schwere Noth, sagte Heinrich, sich den Kopf kratzend, haben euch die Dinger da hinein gelockt? Was fangen wir an? Steht ihr fest? -- Schon eine Weile, erwiderte Fritz. -- Nun, wartet, sagte Heinrich -- Ach, Heinrich, schrie Mariechen, wollt Ihr davon gehen und uns hier lassen? -- Ich muß wohl, rief Heinrich, wie kriegte ich euch sonst heraus? Ohne Bretter und Leitern geht's nicht, es ist da zu tief und hinter euch noch schlimmer. Ich will nach Hause und meinen Knecht holen, und Werkzeuge, dann machen wir euch los. -- Ach, geht doch nicht! wann kommt Ihr da wieder? rief Mariechen. -- I, so geht doch, Kleines, es ist ja hier nur eine halbe Stunde vom Dorf. -- Ach, eine halbe Stunde ist schrecklich lang, und zwei halbe Stunden sind die Ewigkeit! -- Ich lasse euch den Hund und die Gertrud -- mit diesen Worten ging Heinrich davon. -- Heinrich, bat Lieschen, Heinrich, macht schnell! -- In einer Stunde! rief ihr Heinrich zurück. Die Stunde dauerte sehr lange, Mariechen fing an zu weinen, sie klapperte mit den Zähnen vor Kälte und Nässe, auch Fritz klagte, er sei ganz steif, setzte aber immer hinzu: Ich habe es verdient. Dann weinte er über die Rettung, gelobte ein guter Mensch zu werden und betete, und dann empfand er das Schreckliche der Gegenwart wieder zu sehr, um Raum in seinem Fritz, Ihr seid ja der beste Torfbauer in der Gegend und kennt das Moor wie eure Hand, helft uns da heraus. — Das ist die schwere Noth, sagte Heinrich, sich den Kopf kratzend, haben euch die Dinger da hinein gelockt? Was fangen wir an? Steht ihr fest? — Schon eine Weile, erwiderte Fritz. — Nun, wartet, sagte Heinrich — Ach, Heinrich, schrie Mariechen, wollt Ihr davon gehen und uns hier lassen? — Ich muß wohl, rief Heinrich, wie kriegte ich euch sonst heraus? Ohne Bretter und Leitern geht's nicht, es ist da zu tief und hinter euch noch schlimmer. Ich will nach Hause und meinen Knecht holen, und Werkzeuge, dann machen wir euch los. — Ach, geht doch nicht! wann kommt Ihr da wieder? rief Mariechen. — I, so geht doch, Kleines, es ist ja hier nur eine halbe Stunde vom Dorf. — Ach, eine halbe Stunde ist schrecklich lang, und zwei halbe Stunden sind die Ewigkeit! — Ich lasse euch den Hund und die Gertrud — mit diesen Worten ging Heinrich davon. — Heinrich, bat Lieschen, Heinrich, macht schnell! — In einer Stunde! rief ihr Heinrich zurück. Die Stunde dauerte sehr lange, Mariechen fing an zu weinen, sie klapperte mit den Zähnen vor Kälte und Nässe, auch Fritz klagte, er sei ganz steif, setzte aber immer hinzu: Ich habe es verdient. Dann weinte er über die Rettung, gelobte ein guter Mensch zu werden und betete, und dann empfand er das Schreckliche der Gegenwart wieder zu sehr, um Raum in seinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0082"/> Fritz, Ihr seid ja der beste Torfbauer in der Gegend und kennt das Moor wie eure Hand, helft uns da heraus. — Das ist die schwere Noth, sagte Heinrich, sich den Kopf kratzend, haben euch die Dinger da hinein gelockt? Was fangen wir an? Steht ihr fest? — Schon eine Weile, erwiderte Fritz. — Nun, wartet, sagte Heinrich — Ach, Heinrich, schrie Mariechen, wollt Ihr davon gehen und uns hier lassen? — Ich muß wohl, rief Heinrich, wie kriegte ich euch sonst heraus? Ohne Bretter und Leitern geht's nicht, es ist da zu tief und hinter euch noch schlimmer. Ich will nach Hause und meinen Knecht holen, und Werkzeuge, dann machen wir euch los. — Ach, geht doch nicht! wann kommt Ihr da wieder? rief Mariechen. — I, so geht doch, Kleines, es ist ja hier nur eine halbe Stunde vom Dorf. — Ach, eine halbe Stunde ist schrecklich lang, und zwei halbe Stunden sind die Ewigkeit! — Ich lasse euch den Hund und die Gertrud — mit diesen Worten ging Heinrich davon. — Heinrich, bat Lieschen, Heinrich, macht schnell! — In einer Stunde! rief ihr Heinrich zurück.</p><lb/> <p>Die Stunde dauerte sehr lange, Mariechen fing an zu weinen, sie klapperte mit den Zähnen vor Kälte und Nässe, auch Fritz klagte, er sei ganz steif, setzte aber immer hinzu: Ich habe es verdient. Dann weinte er über die Rettung, gelobte ein guter Mensch zu werden und betete, und dann empfand er das Schreckliche der Gegenwart wieder zu sehr, um Raum in seinem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
Fritz, Ihr seid ja der beste Torfbauer in der Gegend und kennt das Moor wie eure Hand, helft uns da heraus. — Das ist die schwere Noth, sagte Heinrich, sich den Kopf kratzend, haben euch die Dinger da hinein gelockt? Was fangen wir an? Steht ihr fest? — Schon eine Weile, erwiderte Fritz. — Nun, wartet, sagte Heinrich — Ach, Heinrich, schrie Mariechen, wollt Ihr davon gehen und uns hier lassen? — Ich muß wohl, rief Heinrich, wie kriegte ich euch sonst heraus? Ohne Bretter und Leitern geht's nicht, es ist da zu tief und hinter euch noch schlimmer. Ich will nach Hause und meinen Knecht holen, und Werkzeuge, dann machen wir euch los. — Ach, geht doch nicht! wann kommt Ihr da wieder? rief Mariechen. — I, so geht doch, Kleines, es ist ja hier nur eine halbe Stunde vom Dorf. — Ach, eine halbe Stunde ist schrecklich lang, und zwei halbe Stunden sind die Ewigkeit! — Ich lasse euch den Hund und die Gertrud — mit diesen Worten ging Heinrich davon. — Heinrich, bat Lieschen, Heinrich, macht schnell! — In einer Stunde! rief ihr Heinrich zurück.
Die Stunde dauerte sehr lange, Mariechen fing an zu weinen, sie klapperte mit den Zähnen vor Kälte und Nässe, auch Fritz klagte, er sei ganz steif, setzte aber immer hinzu: Ich habe es verdient. Dann weinte er über die Rettung, gelobte ein guter Mensch zu werden und betete, und dann empfand er das Schreckliche der Gegenwart wieder zu sehr, um Raum in seinem
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Zitationshilfe: | Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berthold_irrwischfritze_1910/82>, abgerufen am 19.07.2024. |