Berthold, Franz [d. i. Adelheid Reinbold]: Irrwisch-Fritze. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–115. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Geld in die Hand, der fröhlich davonfuhr und Allen eine gute Nacht wünschte. Mutter, sagte Lieschen, mach Mariechen rein, sie ist im Moor versunken; Fritz hat sie retten wollen und ist auch versunken; endlich ist Heinrich mit Gertrud daher gekommen, die haben uns erlös't. Das Andere will ich dir nachher erzählen. Die Mutter, eine kluge Frau, begriff, daß Hülfe hier nöthiger sei, als Fragen, und wiewohl sehr erschrocken, schien sie doch froh, ihren Liebling wiederzusehen, froh, Lieschen wiederzuhaben, denn sie war vor Angst vergangen, wenn sie an ihres Mannes Zurückkunft und an seinen Jähzorn dachte. Sie hatte bis jetzt geglaubt, Fritz sei mit Lieschen davongegangen, nur Mariechen's Verschwinden blieb ihr unerklärlich; wie tief sie aber auch die Angst empfunden, gewohnt, sich zu bezwingen, hatte sie den Vorfall verschwiegen, in der Hoffnung, es könne sich noch Alles zum Guten kehren. Bald war Mariechen gewaschen und zu Bette gebracht, heißer Branntwein mit Wasser ward ihr zu trinken gegeben, und wenige Minuten darauf schlief sie so fest, daß Niemand sie hätte wecken können. Nun wandte sich die Mutter zu Lieschen, die sie mit einer Ohnmacht ringend fand. Ueberzeugt, daß sie hier nicht daran denken könne, Erklärungen zu verlangen, half sie ihr zu Bette, gab auch ihr von dem Arcanum zu trinken, und bald forderte die Natur ihre Rechte und Lieschen schlief so fest wie Mariechen. Die Bäurin erinnerte sich jetzt, Geld in die Hand, der fröhlich davonfuhr und Allen eine gute Nacht wünschte. Mutter, sagte Lieschen, mach Mariechen rein, sie ist im Moor versunken; Fritz hat sie retten wollen und ist auch versunken; endlich ist Heinrich mit Gertrud daher gekommen, die haben uns erlös't. Das Andere will ich dir nachher erzählen. Die Mutter, eine kluge Frau, begriff, daß Hülfe hier nöthiger sei, als Fragen, und wiewohl sehr erschrocken, schien sie doch froh, ihren Liebling wiederzusehen, froh, Lieschen wiederzuhaben, denn sie war vor Angst vergangen, wenn sie an ihres Mannes Zurückkunft und an seinen Jähzorn dachte. Sie hatte bis jetzt geglaubt, Fritz sei mit Lieschen davongegangen, nur Mariechen's Verschwinden blieb ihr unerklärlich; wie tief sie aber auch die Angst empfunden, gewohnt, sich zu bezwingen, hatte sie den Vorfall verschwiegen, in der Hoffnung, es könne sich noch Alles zum Guten kehren. Bald war Mariechen gewaschen und zu Bette gebracht, heißer Branntwein mit Wasser ward ihr zu trinken gegeben, und wenige Minuten darauf schlief sie so fest, daß Niemand sie hätte wecken können. Nun wandte sich die Mutter zu Lieschen, die sie mit einer Ohnmacht ringend fand. Ueberzeugt, daß sie hier nicht daran denken könne, Erklärungen zu verlangen, half sie ihr zu Bette, gab auch ihr von dem Arcanum zu trinken, und bald forderte die Natur ihre Rechte und Lieschen schlief so fest wie Mariechen. Die Bäurin erinnerte sich jetzt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0086"/> Geld in die Hand, der fröhlich davonfuhr und Allen eine gute Nacht wünschte.</p><lb/> <p>Mutter, sagte Lieschen, mach Mariechen rein, sie ist im Moor versunken; Fritz hat sie retten wollen und ist auch versunken; endlich ist Heinrich mit Gertrud daher gekommen, die haben uns erlös't. Das Andere will ich dir nachher erzählen.</p><lb/> <p>Die Mutter, eine kluge Frau, begriff, daß Hülfe hier nöthiger sei, als Fragen, und wiewohl sehr erschrocken, schien sie doch froh, ihren Liebling wiederzusehen, froh, Lieschen wiederzuhaben, denn sie war vor Angst vergangen, wenn sie an ihres Mannes Zurückkunft und an seinen Jähzorn dachte. Sie hatte bis jetzt geglaubt, Fritz sei mit Lieschen davongegangen, nur Mariechen's Verschwinden blieb ihr unerklärlich; wie tief sie aber auch die Angst empfunden, gewohnt, sich zu bezwingen, hatte sie den Vorfall verschwiegen, in der Hoffnung, es könne sich noch Alles zum Guten kehren. Bald war Mariechen gewaschen und zu Bette gebracht, heißer Branntwein mit Wasser ward ihr zu trinken gegeben, und wenige Minuten darauf schlief sie so fest, daß Niemand sie hätte wecken können. Nun wandte sich die Mutter zu Lieschen, die sie mit einer Ohnmacht ringend fand. Ueberzeugt, daß sie hier nicht daran denken könne, Erklärungen zu verlangen, half sie ihr zu Bette, gab auch ihr von dem Arcanum zu trinken, und bald forderte die Natur ihre Rechte und Lieschen schlief so fest wie Mariechen. Die Bäurin erinnerte sich jetzt,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0086]
Geld in die Hand, der fröhlich davonfuhr und Allen eine gute Nacht wünschte.
Mutter, sagte Lieschen, mach Mariechen rein, sie ist im Moor versunken; Fritz hat sie retten wollen und ist auch versunken; endlich ist Heinrich mit Gertrud daher gekommen, die haben uns erlös't. Das Andere will ich dir nachher erzählen.
Die Mutter, eine kluge Frau, begriff, daß Hülfe hier nöthiger sei, als Fragen, und wiewohl sehr erschrocken, schien sie doch froh, ihren Liebling wiederzusehen, froh, Lieschen wiederzuhaben, denn sie war vor Angst vergangen, wenn sie an ihres Mannes Zurückkunft und an seinen Jähzorn dachte. Sie hatte bis jetzt geglaubt, Fritz sei mit Lieschen davongegangen, nur Mariechen's Verschwinden blieb ihr unerklärlich; wie tief sie aber auch die Angst empfunden, gewohnt, sich zu bezwingen, hatte sie den Vorfall verschwiegen, in der Hoffnung, es könne sich noch Alles zum Guten kehren. Bald war Mariechen gewaschen und zu Bette gebracht, heißer Branntwein mit Wasser ward ihr zu trinken gegeben, und wenige Minuten darauf schlief sie so fest, daß Niemand sie hätte wecken können. Nun wandte sich die Mutter zu Lieschen, die sie mit einer Ohnmacht ringend fand. Ueberzeugt, daß sie hier nicht daran denken könne, Erklärungen zu verlangen, half sie ihr zu Bette, gab auch ihr von dem Arcanum zu trinken, und bald forderte die Natur ihre Rechte und Lieschen schlief so fest wie Mariechen. Die Bäurin erinnerte sich jetzt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt, c/o Prof. Dr. Thomas Weitin, TU Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-10T13:46:34Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget: conversion of OCR output to TEI-conformant markup and general correction.
(2017-03-10T13:46:34Z)
Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-10T13:46:34Z)
Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat/ formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |