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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 34. Begriff und Arten der Theilnahme.

Bei der Aufzählung der einzelnen Fälle der Theilnahme werden
aber zwei Arten derselben unterschieden, indem unter der ersten Nummer
die Anstifter, unter der zweiten die Gehülfen bezeichnet werden. Diese
Unterscheidung ist hier festzuhalten.

A. Die Anstifter.

Anstifter oder intellektueller Urheber ist derjenige, welcher die Ver-
übung eines Verbrechens oder Vergehens durch einen Anderen veranlaßt,
ohne sich selbst unmittelbar dabei zu betheiligen. Er unterscheidet sich
also von dem Thäter dadurch, daß er wie dieser die That will und sie
bewirkt, aber nicht durch seine eigenen Handlungen, sondern durch die
eines Anderen, den er zu seinen Zwecken benutzt.

I. Nothwendige Voraussetzung für diese Art der Theilnahme ist
der Dolus, wie dieß in dem Worte: "anstiften" deutlich ausgedrückt ist.
In der gegenwärtigen Fassung des Paragraphen ist dieser Ausdruck
vermieden und dafür: "anreizen, verleiten oder bestimmen" gesagt. Da-
durch ist allerdings auch der Fall unter die Vorschrift des Paragraphen
gebracht worden, wenn derjenige, durch welchen die That vollzogen
werden soll, an sich schon zu deren Vollbringung geneigt war, und nur
durch den Dritten zu dem entscheidenden Entschluß gebracht worden ist.
Irgend ein bestimmender Einfluß muß aber von diesem ausgeübt wor-
den sein, sonst kann er nur als Mitwisser angesehen werden. -- Unter
Dolus des Anstifters ist hier also die Absicht zu verstehen, eine als
Verbrechen oder Vergehen strafbare Handlung durch einen Anderen ver-
üben zu lassen. Auch bei kulposen Vergehen ist freilich eine Verhaf-
tung wegen Theilnahme möglich, aber keine Anstiftung im Sinne
des §. 34.

II. Der Dolus desjenigen, durch welchen die That vollführt wor-
den, ist für die Verschuldung des Anstifters ohne Einfluß. Es kann
jemand zu einer Handlung bestimmt werden, durch welche der Anstifter
ein Verbrechen verüben läßt, die aber derjenige, welcher sie vornimmt,
für eine ganz arglose ansieht, und die ihm gar nicht oder nur als
Fahrlässigkeit anzurechnen ist. Ja der Anstifter kann sich einer unzu-
rechnungsfähigen Person zur Ausführung seiner verbrecherischen Absicht
bedienen, so wie jedes anderen willenlosen Werkzeuges.

III. Auf die Mittel, welche angewandt werden, um einen Anderen
zur Verübung der That zu bestimmen, kommt es nach der im Gesetzbuch
gewählten Fassung nicht an; es heißt allgemein: "oder durch andere
Mittel." Es braucht nur ein solches Mittel gewählt zu sein, durch
welches die Absicht des Anstifters, den Anderen zu dem bestimmten ver-
brecherischen Zweck zu benutzen, erreicht worden ist. Unter Umständen
wird nun gerade aus der Wahl und der Anwendung der Mittel diese

§. 34. Begriff und Arten der Theilnahme.

Bei der Aufzählung der einzelnen Fälle der Theilnahme werden
aber zwei Arten derſelben unterſchieden, indem unter der erſten Nummer
die Anſtifter, unter der zweiten die Gehülfen bezeichnet werden. Dieſe
Unterſcheidung iſt hier feſtzuhalten.

A. Die Anſtifter.

Anſtifter oder intellektueller Urheber iſt derjenige, welcher die Ver-
übung eines Verbrechens oder Vergehens durch einen Anderen veranlaßt,
ohne ſich ſelbſt unmittelbar dabei zu betheiligen. Er unterſcheidet ſich
alſo von dem Thäter dadurch, daß er wie dieſer die That will und ſie
bewirkt, aber nicht durch ſeine eigenen Handlungen, ſondern durch die
eines Anderen, den er zu ſeinen Zwecken benutzt.

I. Nothwendige Vorausſetzung für dieſe Art der Theilnahme iſt
der Dolus, wie dieß in dem Worte: „anſtiften“ deutlich ausgedrückt iſt.
In der gegenwärtigen Faſſung des Paragraphen iſt dieſer Ausdruck
vermieden und dafür: „anreizen, verleiten oder beſtimmen“ geſagt. Da-
durch iſt allerdings auch der Fall unter die Vorſchrift des Paragraphen
gebracht worden, wenn derjenige, durch welchen die That vollzogen
werden ſoll, an ſich ſchon zu deren Vollbringung geneigt war, und nur
durch den Dritten zu dem entſcheidenden Entſchluß gebracht worden iſt.
Irgend ein beſtimmender Einfluß muß aber von dieſem ausgeübt wor-
den ſein, ſonſt kann er nur als Mitwiſſer angeſehen werden. — Unter
Dolus des Anſtifters iſt hier alſo die Abſicht zu verſtehen, eine als
Verbrechen oder Vergehen ſtrafbare Handlung durch einen Anderen ver-
üben zu laſſen. Auch bei kulpoſen Vergehen iſt freilich eine Verhaf-
tung wegen Theilnahme möglich, aber keine Anſtiftung im Sinne
des §. 34.

II. Der Dolus desjenigen, durch welchen die That vollführt wor-
den, iſt für die Verſchuldung des Anſtifters ohne Einfluß. Es kann
jemand zu einer Handlung beſtimmt werden, durch welche der Anſtifter
ein Verbrechen verüben läßt, die aber derjenige, welcher ſie vornimmt,
für eine ganz argloſe anſieht, und die ihm gar nicht oder nur als
Fahrläſſigkeit anzurechnen iſt. Ja der Anſtifter kann ſich einer unzu-
rechnungsfähigen Perſon zur Ausführung ſeiner verbrecheriſchen Abſicht
bedienen, ſo wie jedes anderen willenloſen Werkzeuges.

III. Auf die Mittel, welche angewandt werden, um einen Anderen
zur Verübung der That zu beſtimmen, kommt es nach der im Geſetzbuch
gewählten Faſſung nicht an; es heißt allgemein: „oder durch andere
Mittel.“ Es braucht nur ein ſolches Mittel gewählt zu ſein, durch
welches die Abſicht des Anſtifters, den Anderen zu dem beſtimmten ver-
brecheriſchen Zweck zu benutzen, erreicht worden iſt. Unter Umſtänden
wird nun gerade aus der Wahl und der Anwendung der Mittel dieſe

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[155/0165] §. 34. Begriff und Arten der Theilnahme. Bei der Aufzählung der einzelnen Fälle der Theilnahme werden aber zwei Arten derſelben unterſchieden, indem unter der erſten Nummer die Anſtifter, unter der zweiten die Gehülfen bezeichnet werden. Dieſe Unterſcheidung iſt hier feſtzuhalten. A. Die Anſtifter. Anſtifter oder intellektueller Urheber iſt derjenige, welcher die Ver- übung eines Verbrechens oder Vergehens durch einen Anderen veranlaßt, ohne ſich ſelbſt unmittelbar dabei zu betheiligen. Er unterſcheidet ſich alſo von dem Thäter dadurch, daß er wie dieſer die That will und ſie bewirkt, aber nicht durch ſeine eigenen Handlungen, ſondern durch die eines Anderen, den er zu ſeinen Zwecken benutzt. I. Nothwendige Vorausſetzung für dieſe Art der Theilnahme iſt der Dolus, wie dieß in dem Worte: „anſtiften“ deutlich ausgedrückt iſt. In der gegenwärtigen Faſſung des Paragraphen iſt dieſer Ausdruck vermieden und dafür: „anreizen, verleiten oder beſtimmen“ geſagt. Da- durch iſt allerdings auch der Fall unter die Vorſchrift des Paragraphen gebracht worden, wenn derjenige, durch welchen die That vollzogen werden ſoll, an ſich ſchon zu deren Vollbringung geneigt war, und nur durch den Dritten zu dem entſcheidenden Entſchluß gebracht worden iſt. Irgend ein beſtimmender Einfluß muß aber von dieſem ausgeübt wor- den ſein, ſonſt kann er nur als Mitwiſſer angeſehen werden. — Unter Dolus des Anſtifters iſt hier alſo die Abſicht zu verſtehen, eine als Verbrechen oder Vergehen ſtrafbare Handlung durch einen Anderen ver- üben zu laſſen. Auch bei kulpoſen Vergehen iſt freilich eine Verhaf- tung wegen Theilnahme möglich, aber keine Anſtiftung im Sinne des §. 34. II. Der Dolus desjenigen, durch welchen die That vollführt wor- den, iſt für die Verſchuldung des Anſtifters ohne Einfluß. Es kann jemand zu einer Handlung beſtimmt werden, durch welche der Anſtifter ein Verbrechen verüben läßt, die aber derjenige, welcher ſie vornimmt, für eine ganz argloſe anſieht, und die ihm gar nicht oder nur als Fahrläſſigkeit anzurechnen iſt. Ja der Anſtifter kann ſich einer unzu- rechnungsfähigen Perſon zur Ausführung ſeiner verbrecheriſchen Abſicht bedienen, ſo wie jedes anderen willenloſen Werkzeuges. III. Auf die Mittel, welche angewandt werden, um einen Anderen zur Verübung der That zu beſtimmen, kommt es nach der im Geſetzbuch gewählten Faſſung nicht an; es heißt allgemein: „oder durch andere Mittel.“ Es braucht nur ein ſolches Mittel gewählt zu ſein, durch welches die Abſicht des Anſtifters, den Anderen zu dem beſtimmten ver- brecheriſchen Zweck zu benutzen, erreicht worden iſt. Unter Umſtänden wird nun gerade aus der Wahl und der Anwendung der Mittel dieſe

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/165>, abgerufen am 21.11.2024.