Einleitung. Erstes Kap. Entstehung des Strafgesetzbuchs.
gemeine Erörterungen weniger ein, wenn sie dieselben auch nicht ganz unterließ, sondern beschäftigte sich vorzugsweise mit Fassungsfragen, in- dem sie jedoch nicht selten unter Verwerfung der Abänderungen des re- vidirten Entwurfs zu dem von 1843 zurückkehrte.
Die Frage jedoch, wie der Entwurf sich zu dem Rheinischen Rechte und namentlich zu dem Rheinischen Gerichtsverfahren stellen werde, mußte immer wieder hervortreten, sie mußte sich aber mit ganz besonde- rem Nachdruck zur Berücksichtigung darstellen, als von der Staatsregie- rung beschlossen ward, den Entwurf des Strafgesetzbuchs nicht wieder dem Staatsrathe, sondern dem vereinigten ständischen Ausschusse vorzu- legen. In den ersten Stadien der Revision war das Rheinische Straf- recht überhaupt wenig berücksichtigt worden; erst die Verhandlungen der Rheinischen Provinzialstände, der von ihnen vorgelegte Entwurf und die Erinnerungen Rheinischer Juristen hatten bei der Revision von 1845 eine mehr eingehende Würdigung gefunden. Sie genügte aber noch nicht den Anforderungen der Rheinischen Rechtsinstitutionen; namentlich die Frage, wie die Thätigkeit der Geschwornen nach dem Gesetzbuch zu stehen kommen werde, konnte noch nicht als erledigt erscheinen; man mußte die Fassung des Gesetzbuchs nach diesem Gesichtspunkte wieder- holt prüfen, und auch auf weit eingreifendere Bestimmungen in dem Einführungsgesetz und der Kompetenzordnung Bedacht nehmen, als sie in den Entwürfen von 1843 zu finden waren. Durch diese Bedenken ward im Jahre 1847 eine Reihe neuer Verhandlungen in der Imme- diat-Kommission hervorgerufen, die sich zum Theil an eine Denkschrift des wirklichen Geh. Raths Ruppenthal und an ein darüber abgege- benes besonderes Votum des Justizministers v. Savigny anschlossen. Man entschied sich, noch einige Rheinische Juristen zu den Verhandlun- gen zuzuziehen, und diese: der Geh. Justizrath Simons, der Appella- tions-Senats-Präsident Madihn, der Appellationsrath v. Ammon und der Appellationsrath Grimm nahmen in den Verhandlungen und durch besondere Vorschläge und Denkschriften das Interesse der von ih- nen vertretenen Rechtsinstitutionen energisch wahr. Sie erreichten da- mals bei weitem nicht Alles, was sie wünschten; aber ihre Vorschläge sind später in gebührender Weise benutzt worden. Die Verhandlungen der Kommission und die darauf bezüglichen Arbeiten der Rheinischen Juristen finden sich in dem folgenden Actenstücke:
Fernere Verhandlungen der Kommission des Staatsraths über den revidirten Entwurf des Strafgesetzbuchs. Berlin, 1847. 4.
Aus diesen Verhandlungen ging hervor:
Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten nebst dem Entwurf des Gesetzes über die Einführung des Strafgesetz-
Einleitung. Erſtes Kap. Entſtehung des Strafgeſetzbuchs.
gemeine Erörterungen weniger ein, wenn ſie dieſelben auch nicht ganz unterließ, ſondern beſchäftigte ſich vorzugsweiſe mit Faſſungsfragen, in- dem ſie jedoch nicht ſelten unter Verwerfung der Abänderungen des re- vidirten Entwurfs zu dem von 1843 zurückkehrte.
Die Frage jedoch, wie der Entwurf ſich zu dem Rheiniſchen Rechte und namentlich zu dem Rheiniſchen Gerichtsverfahren ſtellen werde, mußte immer wieder hervortreten, ſie mußte ſich aber mit ganz beſonde- rem Nachdruck zur Berückſichtigung darſtellen, als von der Staatsregie- rung beſchloſſen ward, den Entwurf des Strafgeſetzbuchs nicht wieder dem Staatsrathe, ſondern dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſe vorzu- legen. In den erſten Stadien der Reviſion war das Rheiniſche Straf- recht überhaupt wenig berückſichtigt worden; erſt die Verhandlungen der Rheiniſchen Provinzialſtände, der von ihnen vorgelegte Entwurf und die Erinnerungen Rheiniſcher Juriſten hatten bei der Reviſion von 1845 eine mehr eingehende Würdigung gefunden. Sie genügte aber noch nicht den Anforderungen der Rheiniſchen Rechtsinſtitutionen; namentlich die Frage, wie die Thätigkeit der Geſchwornen nach dem Geſetzbuch zu ſtehen kommen werde, konnte noch nicht als erledigt erſcheinen; man mußte die Faſſung des Geſetzbuchs nach dieſem Geſichtspunkte wieder- holt prüfen, und auch auf weit eingreifendere Beſtimmungen in dem Einführungsgeſetz und der Kompetenzordnung Bedacht nehmen, als ſie in den Entwürfen von 1843 zu finden waren. Durch dieſe Bedenken ward im Jahre 1847 eine Reihe neuer Verhandlungen in der Imme- diat-Kommiſſion hervorgerufen, die ſich zum Theil an eine Denkſchrift des wirklichen Geh. Raths Ruppenthal und an ein darüber abgege- benes beſonderes Votum des Juſtizminiſters v. Savigny anſchloſſen. Man entſchied ſich, noch einige Rheiniſche Juriſten zu den Verhandlun- gen zuzuziehen, und dieſe: der Geh. Juſtizrath Simons, der Appella- tions-Senats-Präſident Madihn, der Appellationsrath v. Ammon und der Appellationsrath Grimm nahmen in den Verhandlungen und durch beſondere Vorſchläge und Denkſchriften das Intereſſe der von ih- nen vertretenen Rechtsinſtitutionen energiſch wahr. Sie erreichten da- mals bei weitem nicht Alles, was ſie wünſchten; aber ihre Vorſchläge ſind ſpäter in gebührender Weiſe benutzt worden. Die Verhandlungen der Kommiſſion und die darauf bezüglichen Arbeiten der Rheiniſchen Juriſten finden ſich in dem folgenden Actenſtücke:
Fernere Verhandlungen der Kommiſſion des Staatsraths über den revidirten Entwurf des Strafgeſetzbuchs. Berlin, 1847. 4.
Aus dieſen Verhandlungen ging hervor:
Entwurf des Strafgeſetzbuchs für die Preußiſchen Staaten nebſt dem Entwurf des Geſetzes über die Einführung des Strafgeſetz-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0022"n="12"/><fwplace="top"type="header">Einleitung. Erſtes Kap. Entſtehung des Strafgeſetzbuchs.</fw><lb/>
gemeine Erörterungen weniger ein, wenn ſie dieſelben auch nicht ganz<lb/>
unterließ, ſondern beſchäftigte ſich vorzugsweiſe mit Faſſungsfragen, in-<lb/>
dem ſie jedoch nicht ſelten unter Verwerfung der Abänderungen des re-<lb/>
vidirten Entwurfs zu dem von 1843 zurückkehrte.</p><lb/><p>Die Frage jedoch, wie der Entwurf ſich zu dem Rheiniſchen Rechte<lb/>
und namentlich zu dem Rheiniſchen Gerichtsverfahren ſtellen werde,<lb/>
mußte immer wieder hervortreten, ſie mußte ſich aber mit ganz beſonde-<lb/>
rem Nachdruck zur Berückſichtigung darſtellen, als von der Staatsregie-<lb/>
rung beſchloſſen ward, den Entwurf des Strafgeſetzbuchs nicht wieder<lb/>
dem Staatsrathe, ſondern dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſe vorzu-<lb/>
legen. In den erſten Stadien der Reviſion war das Rheiniſche Straf-<lb/>
recht überhaupt wenig berückſichtigt worden; erſt die Verhandlungen der<lb/>
Rheiniſchen Provinzialſtände, der von ihnen vorgelegte Entwurf und die<lb/>
Erinnerungen Rheiniſcher Juriſten hatten bei der Reviſion von 1845<lb/>
eine mehr eingehende Würdigung gefunden. Sie genügte aber noch<lb/>
nicht den Anforderungen der Rheiniſchen Rechtsinſtitutionen; namentlich<lb/>
die Frage, wie die Thätigkeit der Geſchwornen nach dem Geſetzbuch zu<lb/>ſtehen kommen werde, konnte noch nicht als erledigt erſcheinen; man<lb/>
mußte die Faſſung des Geſetzbuchs nach dieſem Geſichtspunkte wieder-<lb/>
holt prüfen, und auch auf weit eingreifendere Beſtimmungen in dem<lb/>
Einführungsgeſetz und der Kompetenzordnung Bedacht nehmen, als ſie<lb/>
in den Entwürfen von 1843 zu finden waren. Durch dieſe Bedenken<lb/>
ward im Jahre 1847 eine Reihe neuer Verhandlungen in der Imme-<lb/>
diat-Kommiſſion hervorgerufen, die ſich zum Theil an eine Denkſchrift<lb/>
des wirklichen Geh. Raths <hirendition="#g">Ruppenthal</hi> und an ein darüber abgege-<lb/>
benes beſonderes Votum des Juſtizminiſters v. <hirendition="#g">Savigny</hi> anſchloſſen.<lb/>
Man entſchied ſich, noch einige Rheiniſche Juriſten zu den Verhandlun-<lb/>
gen zuzuziehen, und dieſe: der Geh. Juſtizrath <hirendition="#g">Simons</hi>, der Appella-<lb/>
tions-Senats-Präſident <hirendition="#g">Madihn</hi>, der Appellationsrath v. <hirendition="#g">Ammon</hi><lb/>
und der Appellationsrath <hirendition="#g">Grimm</hi> nahmen in den Verhandlungen und<lb/>
durch beſondere Vorſchläge und Denkſchriften das Intereſſe der von ih-<lb/>
nen vertretenen Rechtsinſtitutionen energiſch wahr. Sie erreichten da-<lb/>
mals bei weitem nicht Alles, was ſie wünſchten; aber ihre Vorſchläge<lb/>ſind ſpäter in gebührender Weiſe benutzt worden. Die Verhandlungen<lb/>
der Kommiſſion und die darauf bezüglichen Arbeiten der Rheiniſchen<lb/>
Juriſten finden ſich in dem folgenden Actenſtücke:</p><lb/><p><hirendition="#et">Fernere Verhandlungen der Kommiſſion des Staatsraths über<lb/>
den revidirten Entwurf des Strafgeſetzbuchs. Berlin, 1847. 4.</hi></p><lb/><p>Aus dieſen Verhandlungen ging hervor:</p><lb/><p><hirendition="#et">Entwurf des Strafgeſetzbuchs für die Preußiſchen Staaten nebſt<lb/>
dem Entwurf des Geſetzes über die Einführung des Strafgeſetz-<lb/></hi></p></div></div></div></body></text></TEI>
[12/0022]
Einleitung. Erſtes Kap. Entſtehung des Strafgeſetzbuchs.
gemeine Erörterungen weniger ein, wenn ſie dieſelben auch nicht ganz
unterließ, ſondern beſchäftigte ſich vorzugsweiſe mit Faſſungsfragen, in-
dem ſie jedoch nicht ſelten unter Verwerfung der Abänderungen des re-
vidirten Entwurfs zu dem von 1843 zurückkehrte.
Die Frage jedoch, wie der Entwurf ſich zu dem Rheiniſchen Rechte
und namentlich zu dem Rheiniſchen Gerichtsverfahren ſtellen werde,
mußte immer wieder hervortreten, ſie mußte ſich aber mit ganz beſonde-
rem Nachdruck zur Berückſichtigung darſtellen, als von der Staatsregie-
rung beſchloſſen ward, den Entwurf des Strafgeſetzbuchs nicht wieder
dem Staatsrathe, ſondern dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſe vorzu-
legen. In den erſten Stadien der Reviſion war das Rheiniſche Straf-
recht überhaupt wenig berückſichtigt worden; erſt die Verhandlungen der
Rheiniſchen Provinzialſtände, der von ihnen vorgelegte Entwurf und die
Erinnerungen Rheiniſcher Juriſten hatten bei der Reviſion von 1845
eine mehr eingehende Würdigung gefunden. Sie genügte aber noch
nicht den Anforderungen der Rheiniſchen Rechtsinſtitutionen; namentlich
die Frage, wie die Thätigkeit der Geſchwornen nach dem Geſetzbuch zu
ſtehen kommen werde, konnte noch nicht als erledigt erſcheinen; man
mußte die Faſſung des Geſetzbuchs nach dieſem Geſichtspunkte wieder-
holt prüfen, und auch auf weit eingreifendere Beſtimmungen in dem
Einführungsgeſetz und der Kompetenzordnung Bedacht nehmen, als ſie
in den Entwürfen von 1843 zu finden waren. Durch dieſe Bedenken
ward im Jahre 1847 eine Reihe neuer Verhandlungen in der Imme-
diat-Kommiſſion hervorgerufen, die ſich zum Theil an eine Denkſchrift
des wirklichen Geh. Raths Ruppenthal und an ein darüber abgege-
benes beſonderes Votum des Juſtizminiſters v. Savigny anſchloſſen.
Man entſchied ſich, noch einige Rheiniſche Juriſten zu den Verhandlun-
gen zuzuziehen, und dieſe: der Geh. Juſtizrath Simons, der Appella-
tions-Senats-Präſident Madihn, der Appellationsrath v. Ammon
und der Appellationsrath Grimm nahmen in den Verhandlungen und
durch beſondere Vorſchläge und Denkſchriften das Intereſſe der von ih-
nen vertretenen Rechtsinſtitutionen energiſch wahr. Sie erreichten da-
mals bei weitem nicht Alles, was ſie wünſchten; aber ihre Vorſchläge
ſind ſpäter in gebührender Weiſe benutzt worden. Die Verhandlungen
der Kommiſſion und die darauf bezüglichen Arbeiten der Rheiniſchen
Juriſten finden ſich in dem folgenden Actenſtücke:
Fernere Verhandlungen der Kommiſſion des Staatsraths über
den revidirten Entwurf des Strafgeſetzbuchs. Berlin, 1847. 4.
Aus dieſen Verhandlungen ging hervor:
Entwurf des Strafgeſetzbuchs für die Preußiſchen Staaten nebſt
dem Entwurf des Geſetzes über die Einführung des Strafgeſetz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/22>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.