Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.Th. II. V. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u. Landesverrath. den ist. f) In dem §. 61. wird der Hochverrath als ein Unternehmenbezeichnet, welches auf die Erreichung des näher angegebenen Zwecks abzielt, und in dem §. 62. wird die genauere Begriffsbestimmung des vollendeten Verbrechens aufgestellt, indem nur eine solche Handlung darunter befaßt wird, "durch welche das verbrecherische Vorhaben un- mittelbar zur Ausführung gebracht werden soll." Mit dieser Bestim- mung ist dasselbe ausgedrückt, was das Französische Recht als ein At- tentat bezeichnet. In der Kommission der zweiten Kammer entspann sich jedoch über diese Ausdrücke eine ausführliche Verhandlung, welche für das richtige Verständniß des Gesetzbuchs von Wichtigkeit ist. "Indeß wurde in der Kommission von Einer Seite bemerkt, daß "Gegen diesen Antrag wurde erwiedert, daß "Angriff" keineswegs f) Der Entwurf von 1843. §. 144. bedroht jedoch auch bei dem Komplott nur die Anstifter oder Rädelsführer mit der Todesstrafe. Vgl. Revision von 1845. II. S. 4. 5. und Verhandlungen des vereinigten ständischen Ausschus- ses, besonders die Erklärung des Regierungs-Kommissars Bischoff. III. S. 5. 6. g) Der Ausdruck "Angriff" findet sich in dem Entwurf von 1830. §. 103.; im
Entwurf von 1833. §. 114. wurde dafür "Unternehmen" gesetzt, und zwar ohne die Beschränkung, welche jetzt der §. 62. enthält. Th. II. V. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u. Landesverrath. den iſt. f) In dem §. 61. wird der Hochverrath als ein Unternehmenbezeichnet, welches auf die Erreichung des näher angegebenen Zwecks abzielt, und in dem §. 62. wird die genauere Begriffsbeſtimmung des vollendeten Verbrechens aufgeſtellt, indem nur eine ſolche Handlung darunter befaßt wird, „durch welche das verbrecheriſche Vorhaben un- mittelbar zur Ausführung gebracht werden ſoll.“ Mit dieſer Beſtim- mung iſt daſſelbe ausgedrückt, was das Franzöſiſche Recht als ein At- tentat bezeichnet. In der Kommiſſion der zweiten Kammer entſpann ſich jedoch über dieſe Ausdrücke eine ausführliche Verhandlung, welche für das richtige Verſtändniß des Geſetzbuchs von Wichtigkeit iſt. „Indeß wurde in der Kommiſſion von Einer Seite bemerkt, daß „Gegen dieſen Antrag wurde erwiedert, daß „Angriff“ keineswegs f) Der Entwurf von 1843. §. 144. bedroht jedoch auch bei dem Komplott nur die Anſtifter oder Rädelsführer mit der Todesſtrafe. Vgl. Reviſion von 1845. II. S. 4. 5. und Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſ- ſes, beſonders die Erklärung des Regierungs-Kommiſſars Biſchoff. III. S. 5. 6. g) Der Ausdruck „Angriff“ findet ſich in dem Entwurf von 1830. §. 103.; im
Entwurf von 1833. §. 114. wurde dafür „Unternehmen“ geſetzt, und zwar ohne die Beſchränkung, welche jetzt der §. 62. enthält. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0230" n="220"/><fw place="top" type="header">Th. II. V. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u. Landesverrath.</fw><lb/> den iſt. <note place="foot" n="f)"><hi rendition="#g">Der Entwurf von</hi> 1843. §. 144. bedroht jedoch auch bei dem Komplott<lb/> nur die Anſtifter oder Rädelsführer mit der Todesſtrafe. Vgl. <hi rendition="#g">Reviſion von</hi> 1845.<lb/> II. S. 4. 5. und <hi rendition="#g">Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſ-<lb/> ſes</hi>, beſonders die Erklärung des Regierungs-Kommiſſars <hi rendition="#g">Biſchoff</hi>. III. S. 5. 6.</note> In dem §. 61. wird der Hochverrath als ein Unternehmen<lb/> bezeichnet, welches auf die Erreichung des näher angegebenen Zwecks<lb/> abzielt, und in dem §. 62. wird die genauere Begriffsbeſtimmung des<lb/> vollendeten Verbrechens aufgeſtellt, indem nur eine ſolche Handlung<lb/> darunter befaßt wird, „durch welche das verbrecheriſche Vorhaben <hi rendition="#g">un-<lb/> mittelbar</hi> zur Ausführung gebracht werden ſoll.“ Mit dieſer Beſtim-<lb/> mung iſt daſſelbe ausgedrückt, was das Franzöſiſche Recht als ein At-<lb/> tentat bezeichnet. In der Kommiſſion der zweiten Kammer entſpann<lb/> ſich jedoch über dieſe Ausdrücke eine ausführliche Verhandlung, welche<lb/> für das richtige Verſtändniß des Geſetzbuchs von Wichtigkeit iſt.</p><lb/> <p>„Indeß wurde in der Kommiſſion von Einer Seite bemerkt, daß<lb/> trotz dieſer beſchränkenden Beſtimmungen der Ausdruck „Unternehmen“ im-<lb/> mer noch zu vage und deswegen gefährlich ſei; daß durch denſelben die<lb/> zur Strafbarkeit nothwendige Form der Handlung, der Akt materieller<lb/> Gewaltſamkeit, der, wenn man willkührliche Auslegungen vermeiden<lb/> wolle, als das erſte Element des Hochverraths bezeichnet werden müſſe,<lb/> nicht deutlich genug charakteriſirt ſei; es wurde deshalb vorgeſchlagen,<lb/> ſtatt dieſes farbloſen Ausdrucks „Unternehmen“ die Bezeichnung „An-<lb/> griff“ zu wählen, und zur weiteren Begründung darauf hingewieſen,<lb/> daß in der Doktrin des Deutſchen Strafrechts faſt allgemein dieſer Aus-<lb/> druck adoptirt und von dort aus in mehrere neue Deutſche Strafgeſetz-<lb/> gebungen übergegangen ſei, und daß ſelbſt die dem gegenwärtigen Ent-<lb/> wurfe vorhergegangenen Entwürfe, insbeſondere der vom Jahre 1843.,<lb/> zwar auch des Ausdrucks „Unternehmen“ ſich bedienen, dabei aber in<lb/> der dem jetzigen §. 53. (62.) entſprechenden Beſtimmung das Unterneh-<lb/> men ausdrücklich als einen „Angriff“ definiren. <note place="foot" n="g)">Der Ausdruck „Angriff“ findet ſich in dem Entwurf von 1830. §. 103.; im<lb/> Entwurf von 1833. §. 114. wurde dafür „Unternehmen“ geſetzt, und zwar ohne die<lb/> Beſchränkung, welche jetzt der §. 62. enthält.</note> Auch ſchließe ſich<lb/> dieſer Ausdruck „Angriff“ dem in der Rheiniſchen und Franzöſiſchen Ge-<lb/> ſetzgebung gebrauchten Worte <hi rendition="#aq">attentat</hi> ſo enge wie möglich an.“</p><lb/> <p>„Gegen dieſen Antrag wurde erwiedert, daß „Angriff“ keineswegs<lb/> dem für hochverrätheriſche Handlungen allerdings ſehr bezeichnenden Worte<lb/><hi rendition="#aq">attentat</hi> entſpreche, indem dies vielmehr mit dem im Deutſchen wenig<lb/> gebräuchlichen Worte „Anſchlag“ zu überſetzen ſei; — der Ausdruck<lb/> „Angriff“ ſei einmal keine übliche legale Bezeichnung, ſodann aber paſſe<lb/> er durchaus nicht zu vielen Handlungen, welche unzweifelhaft als hoch-<lb/> verrätheriſche zu beſtrafen ſeien, wie z. B. die Vergiftung des Königs;<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0230]
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. u. Vergehen. Tit. I. Hoch- u. Landesverrath.
den iſt. f) In dem §. 61. wird der Hochverrath als ein Unternehmen
bezeichnet, welches auf die Erreichung des näher angegebenen Zwecks
abzielt, und in dem §. 62. wird die genauere Begriffsbeſtimmung des
vollendeten Verbrechens aufgeſtellt, indem nur eine ſolche Handlung
darunter befaßt wird, „durch welche das verbrecheriſche Vorhaben un-
mittelbar zur Ausführung gebracht werden ſoll.“ Mit dieſer Beſtim-
mung iſt daſſelbe ausgedrückt, was das Franzöſiſche Recht als ein At-
tentat bezeichnet. In der Kommiſſion der zweiten Kammer entſpann
ſich jedoch über dieſe Ausdrücke eine ausführliche Verhandlung, welche
für das richtige Verſtändniß des Geſetzbuchs von Wichtigkeit iſt.
„Indeß wurde in der Kommiſſion von Einer Seite bemerkt, daß
trotz dieſer beſchränkenden Beſtimmungen der Ausdruck „Unternehmen“ im-
mer noch zu vage und deswegen gefährlich ſei; daß durch denſelben die
zur Strafbarkeit nothwendige Form der Handlung, der Akt materieller
Gewaltſamkeit, der, wenn man willkührliche Auslegungen vermeiden
wolle, als das erſte Element des Hochverraths bezeichnet werden müſſe,
nicht deutlich genug charakteriſirt ſei; es wurde deshalb vorgeſchlagen,
ſtatt dieſes farbloſen Ausdrucks „Unternehmen“ die Bezeichnung „An-
griff“ zu wählen, und zur weiteren Begründung darauf hingewieſen,
daß in der Doktrin des Deutſchen Strafrechts faſt allgemein dieſer Aus-
druck adoptirt und von dort aus in mehrere neue Deutſche Strafgeſetz-
gebungen übergegangen ſei, und daß ſelbſt die dem gegenwärtigen Ent-
wurfe vorhergegangenen Entwürfe, insbeſondere der vom Jahre 1843.,
zwar auch des Ausdrucks „Unternehmen“ ſich bedienen, dabei aber in
der dem jetzigen §. 53. (62.) entſprechenden Beſtimmung das Unterneh-
men ausdrücklich als einen „Angriff“ definiren. g) Auch ſchließe ſich
dieſer Ausdruck „Angriff“ dem in der Rheiniſchen und Franzöſiſchen Ge-
ſetzgebung gebrauchten Worte attentat ſo enge wie möglich an.“
„Gegen dieſen Antrag wurde erwiedert, daß „Angriff“ keineswegs
dem für hochverrätheriſche Handlungen allerdings ſehr bezeichnenden Worte
attentat entſpreche, indem dies vielmehr mit dem im Deutſchen wenig
gebräuchlichen Worte „Anſchlag“ zu überſetzen ſei; — der Ausdruck
„Angriff“ ſei einmal keine übliche legale Bezeichnung, ſodann aber paſſe
er durchaus nicht zu vielen Handlungen, welche unzweifelhaft als hoch-
verrätheriſche zu beſtrafen ſeien, wie z. B. die Vergiftung des Königs;
f) Der Entwurf von 1843. §. 144. bedroht jedoch auch bei dem Komplott
nur die Anſtifter oder Rädelsführer mit der Todesſtrafe. Vgl. Reviſion von 1845.
II. S. 4. 5. und Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſ-
ſes, beſonders die Erklärung des Regierungs-Kommiſſars Biſchoff. III. S. 5. 6.
g) Der Ausdruck „Angriff“ findet ſich in dem Entwurf von 1830. §. 103.; im
Entwurf von 1833. §. 114. wurde dafür „Unternehmen“ geſetzt, und zwar ohne die
Beſchränkung, welche jetzt der §. 62. enthält.
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Zitationshilfe: | Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/230>, abgerufen am 16.02.2025. |