u. s. w. Um diesen Zweifel zu heben, ist in der Kommission der zweiten Kammer eine Fassungsänderung vorgenommen worden, indem in Ueber- einstimmung mit den früheren Entwürfen und unter Zustimmung des Regierungskommissars gesagt wurde: i) "öffentlich sich zusammenrot- ten" u. s. w.
3) Die Verübung muß mit vereinten Kräften geschehen, wovon der Gegensatz die nicht zusammenhängende Thätigkeit Einzelner in ver- einzelten Handlungen ist.
Im Entwurf von 1847. §. 112. war übrigens der Begriff des Aufruhrs so bezeichnet: "Wenn mehrere Personen sich zusammenrotten, um öffentlich mit vereinten Kräften" u. s. w., was den Abgeordneten Camphausen zu der Bemerkung veranlaßte, es sei hier mehr der Ver- such als die That in den Vordergrund gestellt. k) In der gegenwärtigen Fassung ist diesem Bedenken abgeholfen worden.
II. Die Strafe des Aufruhrs ist Gefängniß von sechs Monaten bis zu fünf Jahren; auch kann auf Stellung unter Polizei-Aufsicht erkannt werden. Diese Strafbestimmung gilt für alle Theilnehmer, deren verschiedene Verschuldung bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist. Die Anstifter, Rädelsführer und Anführer sind nicht mehr, wie in den früheren Entwürfen, besonders ausgezeichnet.
III. Haben Theilnehmer am Aufruhr Gewaltthätigkeiten gegen Personen oder Sachen verübt, so werden sie mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und Stellung unter Polizei-Aufsicht bestraft. Das Verbrechen, welches dann vorliegt, ist nahe mit dem Landfriedensbruch (§. 284.) verwandt; bei diesem ist jedoch die Gewalt zunächst gegen Privatper- sonen und Sachen, im Aufruhr zunächst gegen die Obrigkeit und deren Anordnungen gerichtet. l)
IV. Ist im Fall eines Aufruhrs dringende Gefahr für die öffent- liche Sicherheit vorhanden, so kann der Belagerungszustand erklärt werden. m)
B. Der Auflauf oder Tumult.
Der Auflauf, welcher durch die Ansammlung mehrerer Personen auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen entsteht, ist an und für sich kein Delikt; erst wenn ein Beamter der Polizei oder der Befehls- haber der bewaffneten Macht die Versammelten aufgefordert hat, sich zu
i)Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 81. (91.)
k)Verhandlungen des vereinigten ständischen Ausschusses. III. S. 195. ff.
l)Revision von 1845. II. S. 53. 54.
m)Gesetz über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851. §. 2. (G.-S. S. 451.)
§§. 91. 92. Aufruhr; Auflauf.
u. ſ. w. Um dieſen Zweifel zu heben, iſt in der Kommiſſion der zweiten Kammer eine Faſſungsänderung vorgenommen worden, indem in Ueber- einſtimmung mit den früheren Entwürfen und unter Zuſtimmung des Regierungskommiſſars geſagt wurde: i) „öffentlich ſich zuſammenrot- ten“ u. ſ. w.
3) Die Verübung muß mit vereinten Kräften geſchehen, wovon der Gegenſatz die nicht zuſammenhängende Thätigkeit Einzelner in ver- einzelten Handlungen iſt.
Im Entwurf von 1847. §. 112. war übrigens der Begriff des Aufruhrs ſo bezeichnet: „Wenn mehrere Perſonen ſich zuſammenrotten, um öffentlich mit vereinten Kräften“ u. ſ. w., was den Abgeordneten Camphauſen zu der Bemerkung veranlaßte, es ſei hier mehr der Ver- ſuch als die That in den Vordergrund geſtellt. k) In der gegenwärtigen Faſſung iſt dieſem Bedenken abgeholfen worden.
II. Die Strafe des Aufruhrs iſt Gefängniß von ſechs Monaten bis zu fünf Jahren; auch kann auf Stellung unter Polizei-Aufſicht erkannt werden. Dieſe Strafbeſtimmung gilt für alle Theilnehmer, deren verſchiedene Verſchuldung bei der Strafzumeſſung zu berückſichtigen iſt. Die Anſtifter, Rädelsführer und Anführer ſind nicht mehr, wie in den früheren Entwürfen, beſonders ausgezeichnet.
III. Haben Theilnehmer am Aufruhr Gewaltthätigkeiten gegen Perſonen oder Sachen verübt, ſo werden ſie mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und Stellung unter Polizei-Aufſicht beſtraft. Das Verbrechen, welches dann vorliegt, iſt nahe mit dem Landfriedensbruch (§. 284.) verwandt; bei dieſem iſt jedoch die Gewalt zunächſt gegen Privatper- ſonen und Sachen, im Aufruhr zunächſt gegen die Obrigkeit und deren Anordnungen gerichtet. l)
IV. Iſt im Fall eines Aufruhrs dringende Gefahr für die öffent- liche Sicherheit vorhanden, ſo kann der Belagerungszuſtand erklärt werden. m)
B. Der Auflauf oder Tumult.
Der Auflauf, welcher durch die Anſammlung mehrerer Perſonen auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen entſteht, iſt an und für ſich kein Delikt; erſt wenn ein Beamter der Polizei oder der Befehls- haber der bewaffneten Macht die Verſammelten aufgefordert hat, ſich zu
i)Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 81. (91.)
k)Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſes. III. S. 195. ff.
l)Reviſion von 1845. II. S. 53. 54.
m)Geſetz über den Belagerungszuſtand vom 4. Juni 1851. §. 2. (G.-S. S. 451.)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0271"n="261"/><fwplace="top"type="header">§§. 91. 92. Aufruhr; Auflauf.</fw><lb/>
u. ſ. w. Um dieſen Zweifel zu heben, iſt in der Kommiſſion der zweiten<lb/>
Kammer eine Faſſungsänderung vorgenommen worden, indem in Ueber-<lb/>
einſtimmung mit den früheren Entwürfen und unter Zuſtimmung des<lb/>
Regierungskommiſſars geſagt wurde: <noteplace="foot"n="i)"><hirendition="#g">Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer</hi> zu §. 81. (91.)</note>„öffentlich ſich zuſammenrot-<lb/>
ten“ u. ſ. w.</p><lb/><p>3) Die Verübung muß mit vereinten Kräften geſchehen, wovon<lb/>
der Gegenſatz die nicht zuſammenhängende Thätigkeit Einzelner in ver-<lb/>
einzelten Handlungen iſt.</p><lb/><p>Im Entwurf von 1847. §. 112. war übrigens der Begriff des<lb/>
Aufruhrs ſo bezeichnet: „Wenn mehrere Perſonen ſich zuſammenrotten,<lb/>
um öffentlich mit vereinten Kräften“ u. ſ. w., was den Abgeordneten<lb/><hirendition="#g">Camphauſen</hi> zu der Bemerkung veranlaßte, es ſei hier mehr der Ver-<lb/>ſuch als die That in den Vordergrund geſtellt. <noteplace="foot"n="k)"><hirendition="#g">Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſes</hi>. III.<lb/>
S. 195. ff.</note> In der gegenwärtigen<lb/>
Faſſung iſt dieſem Bedenken abgeholfen worden.</p><lb/><p>II. Die Strafe des Aufruhrs iſt Gefängniß von ſechs Monaten<lb/>
bis zu fünf Jahren; auch kann auf Stellung unter Polizei-Aufſicht<lb/>
erkannt werden. Dieſe Strafbeſtimmung gilt für alle Theilnehmer,<lb/>
deren verſchiedene Verſchuldung bei der Strafzumeſſung zu berückſichtigen<lb/>
iſt. Die Anſtifter, Rädelsführer und Anführer ſind nicht mehr, wie in<lb/>
den früheren Entwürfen, beſonders ausgezeichnet.</p><lb/><p>III. Haben Theilnehmer am Aufruhr Gewaltthätigkeiten gegen<lb/>
Perſonen oder Sachen verübt, ſo werden ſie mit Zuchthaus bis zu zehn<lb/>
Jahren und Stellung unter Polizei-Aufſicht beſtraft. Das Verbrechen,<lb/>
welches dann vorliegt, iſt nahe mit dem Landfriedensbruch (§. 284.)<lb/>
verwandt; bei dieſem iſt jedoch die Gewalt zunächſt gegen Privatper-<lb/>ſonen und Sachen, im Aufruhr zunächſt gegen die Obrigkeit und deren<lb/>
Anordnungen gerichtet. <noteplace="foot"n="l)"><hirendition="#g">Reviſion von</hi> 1845. II. S. 53. 54.</note></p><lb/><p>IV. Iſt im Fall eines Aufruhrs dringende Gefahr für die öffent-<lb/>
liche Sicherheit vorhanden, ſo kann der Belagerungszuſtand erklärt<lb/>
werden. <noteplace="foot"n="m)"><hirendition="#g">Geſetz über den Belagerungszuſtand</hi> vom 4. Juni 1851. §. 2.<lb/>
(G.-S. S. 451.)</note></p><lb/><p><hirendition="#aq">B.</hi> Der <hirendition="#g">Auflauf</hi> oder <hirendition="#g">Tumult</hi>.</p><lb/><p>Der Auflauf, welcher durch die Anſammlung mehrerer Perſonen<lb/>
auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen entſteht, iſt an und für<lb/>ſich kein Delikt; erſt wenn ein Beamter der Polizei oder der Befehls-<lb/>
haber der bewaffneten Macht die Verſammelten aufgefordert hat, ſich zu<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[261/0271]
§§. 91. 92. Aufruhr; Auflauf.
u. ſ. w. Um dieſen Zweifel zu heben, iſt in der Kommiſſion der zweiten
Kammer eine Faſſungsänderung vorgenommen worden, indem in Ueber-
einſtimmung mit den früheren Entwürfen und unter Zuſtimmung des
Regierungskommiſſars geſagt wurde: i) „öffentlich ſich zuſammenrot-
ten“ u. ſ. w.
3) Die Verübung muß mit vereinten Kräften geſchehen, wovon
der Gegenſatz die nicht zuſammenhängende Thätigkeit Einzelner in ver-
einzelten Handlungen iſt.
Im Entwurf von 1847. §. 112. war übrigens der Begriff des
Aufruhrs ſo bezeichnet: „Wenn mehrere Perſonen ſich zuſammenrotten,
um öffentlich mit vereinten Kräften“ u. ſ. w., was den Abgeordneten
Camphauſen zu der Bemerkung veranlaßte, es ſei hier mehr der Ver-
ſuch als die That in den Vordergrund geſtellt. k) In der gegenwärtigen
Faſſung iſt dieſem Bedenken abgeholfen worden.
II. Die Strafe des Aufruhrs iſt Gefängniß von ſechs Monaten
bis zu fünf Jahren; auch kann auf Stellung unter Polizei-Aufſicht
erkannt werden. Dieſe Strafbeſtimmung gilt für alle Theilnehmer,
deren verſchiedene Verſchuldung bei der Strafzumeſſung zu berückſichtigen
iſt. Die Anſtifter, Rädelsführer und Anführer ſind nicht mehr, wie in
den früheren Entwürfen, beſonders ausgezeichnet.
III. Haben Theilnehmer am Aufruhr Gewaltthätigkeiten gegen
Perſonen oder Sachen verübt, ſo werden ſie mit Zuchthaus bis zu zehn
Jahren und Stellung unter Polizei-Aufſicht beſtraft. Das Verbrechen,
welches dann vorliegt, iſt nahe mit dem Landfriedensbruch (§. 284.)
verwandt; bei dieſem iſt jedoch die Gewalt zunächſt gegen Privatper-
ſonen und Sachen, im Aufruhr zunächſt gegen die Obrigkeit und deren
Anordnungen gerichtet. l)
IV. Iſt im Fall eines Aufruhrs dringende Gefahr für die öffent-
liche Sicherheit vorhanden, ſo kann der Belagerungszuſtand erklärt
werden. m)
B. Der Auflauf oder Tumult.
Der Auflauf, welcher durch die Anſammlung mehrerer Perſonen
auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen entſteht, iſt an und für
ſich kein Delikt; erſt wenn ein Beamter der Polizei oder der Befehls-
haber der bewaffneten Macht die Verſammelten aufgefordert hat, ſich zu
i) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 81. (91.)
k) Verhandlungen des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſſes. III.
S. 195. ff.
l) Reviſion von 1845. II. S. 53. 54.
m) Geſetz über den Belagerungszuſtand vom 4. Juni 1851. §. 2.
(G.-S. S. 451.)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/271>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.