ist noch besonders den gemeingefährlichen Verbrechen und Vergehen (Brandstiftung, Ueberschwemmung u. s. w.) gewidmet, und Tit. XXVIII. den Verbrechen und Vergehen im Amte. Die Stellung dieses letzten Titels rechtfertigt sich dadurch, daß er der einzige ist, dessen Inhalt, ohne durch die Beschaffenheit der strafbaren Handlungen bestimmt zu sein, durch die Persönlichkeit derjenigen, die sie begehen, seine Bedeutung bekommt, und also mehr anhangsweise, als im Zusammenhange des Systems zu behandeln war.
Werfen wir nun noch einen Blick auf das System des zweiten Theils zurück, und lassen einmal die weniger bestimmt ausgeprägten Formen unberücksichtigt, so stellt sich hier eine in der Natur der Sache begründete Dreitheilung dar, auf welche die einzelnen Arten der Verbre- chen und Vergehen zurückgeführt werden können: es sind solche, welche entweder gegen den Staat oder gegen die Person oder gegen das Ver- mögen begangen werden. Diese Eintheilung hätte nun durch weitere Unterabtheilungen leicht in ein systematisches Netzwerk zerlegt werden können, welches auch äußerlich die verschiedenen Kategorien bestimmter hätte hervortreten lassen. Man fand für ein solches Verfahren einen Vorgang in dem Rheinischen Strafgesetzbuch, setzte sich aber dadurch der Gefahr aus, die Uebersichtlichkeit des Systems zu beeinträchtigen, und der Auslegung durch die Ueberschriften ein Material an die Hand zu geben, welches im Gesetzbuch selbst enthalten, der unbefangenen Würdi- gung der eigentlichen Strafsatzungen Hindernisse bereiten kann, während es der Wissenschaft ein Leichtes ist, die weitere Entfaltung des Systems im Geiste des Strafgesetzbuchs auszuführen.
Wenn aber, wie gezeigt, bei der Feststellung der Titelfolge eine ge- wisse Freiheit in der Würdigung der hauptsächlich zu beachtenden Mo- mente bewahrt worden, so ist dieß noch mehr geschehen bei der Behand- lung der in den einzelnen Titeln vorkommenden Verbrechen und Verge- hen. Hier findet sich kein gleichmäßiges Verfahren, etwa in der Art, daß nach der Strafbarkeit der Handlungen zuerst die leichtere und dann die schwerere käme oder umgekehrt, sondern nach der besondern Be- schaffenheit des gerade vorliegenden Stoffes ist bald die eine bald die andere Methode angewandt worden. Doch lassen sich gewisse Regeln erkennen, die hierbei befolgt worden sind.
1) Wo neben dem vollendeten Verbrechen gewisse Versuchshand- lungen, Anstiftung u. s. w. besonders mit Strafe bedroht werden, da ist von dem vollendeten Verbrechen ausgegangen, an welches sich dann die anderen Formen der strafbaren Handlungen anschließen. So bei dem Hochverrath (Tit. I.) und dem Meineid (Tit. VIII.)
2) Wenn das strafbare Verschulden auch bei der Vollendung der
Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
iſt noch beſonders den gemeingefährlichen Verbrechen und Vergehen (Brandſtiftung, Ueberſchwemmung u. ſ. w.) gewidmet, und Tit. XXVIII. den Verbrechen und Vergehen im Amte. Die Stellung dieſes letzten Titels rechtfertigt ſich dadurch, daß er der einzige iſt, deſſen Inhalt, ohne durch die Beſchaffenheit der ſtrafbaren Handlungen beſtimmt zu ſein, durch die Perſönlichkeit derjenigen, die ſie begehen, ſeine Bedeutung bekommt, und alſo mehr anhangsweiſe, als im Zuſammenhange des Syſtems zu behandeln war.
Werfen wir nun noch einen Blick auf das Syſtem des zweiten Theils zurück, und laſſen einmal die weniger beſtimmt ausgeprägten Formen unberückſichtigt, ſo ſtellt ſich hier eine in der Natur der Sache begründete Dreitheilung dar, auf welche die einzelnen Arten der Verbre- chen und Vergehen zurückgeführt werden können: es ſind ſolche, welche entweder gegen den Staat oder gegen die Perſon oder gegen das Ver- mögen begangen werden. Dieſe Eintheilung hätte nun durch weitere Unterabtheilungen leicht in ein ſyſtematiſches Netzwerk zerlegt werden können, welches auch äußerlich die verſchiedenen Kategorien beſtimmter hätte hervortreten laſſen. Man fand für ein ſolches Verfahren einen Vorgang in dem Rheiniſchen Strafgeſetzbuch, ſetzte ſich aber dadurch der Gefahr aus, die Ueberſichtlichkeit des Syſtems zu beeinträchtigen, und der Auslegung durch die Ueberſchriften ein Material an die Hand zu geben, welches im Geſetzbuch ſelbſt enthalten, der unbefangenen Würdi- gung der eigentlichen Strafſatzungen Hinderniſſe bereiten kann, während es der Wiſſenſchaft ein Leichtes iſt, die weitere Entfaltung des Syſtems im Geiſte des Strafgeſetzbuchs auszuführen.
Wenn aber, wie gezeigt, bei der Feſtſtellung der Titelfolge eine ge- wiſſe Freiheit in der Würdigung der hauptſächlich zu beachtenden Mo- mente bewahrt worden, ſo iſt dieß noch mehr geſchehen bei der Behand- lung der in den einzelnen Titeln vorkommenden Verbrechen und Verge- hen. Hier findet ſich kein gleichmäßiges Verfahren, etwa in der Art, daß nach der Strafbarkeit der Handlungen zuerſt die leichtere und dann die ſchwerere käme oder umgekehrt, ſondern nach der beſondern Be- ſchaffenheit des gerade vorliegenden Stoffes iſt bald die eine bald die andere Methode angewandt worden. Doch laſſen ſich gewiſſe Regeln erkennen, die hierbei befolgt worden ſind.
1) Wo neben dem vollendeten Verbrechen gewiſſe Verſuchshand- lungen, Anſtiftung u. ſ. w. beſonders mit Strafe bedroht werden, da iſt von dem vollendeten Verbrechen ausgegangen, an welches ſich dann die anderen Formen der ſtrafbaren Handlungen anſchließen. So bei dem Hochverrath (Tit. I.) und dem Meineid (Tit. VIII.)
2) Wenn das ſtrafbare Verſchulden auch bei der Vollendung der
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Zweites Kapitel. Allgemeine Erörterungen.
iſt noch beſonders den gemeingefährlichen Verbrechen und Vergehen
(Brandſtiftung, Ueberſchwemmung u. ſ. w.) gewidmet, und Tit. XXVIII.
den Verbrechen und Vergehen im Amte. Die Stellung dieſes letzten
Titels rechtfertigt ſich dadurch, daß er der einzige iſt, deſſen Inhalt,
ohne durch die Beſchaffenheit der ſtrafbaren Handlungen beſtimmt zu
ſein, durch die Perſönlichkeit derjenigen, die ſie begehen, ſeine Bedeutung
bekommt, und alſo mehr anhangsweiſe, als im Zuſammenhange des
Syſtems zu behandeln war.
Werfen wir nun noch einen Blick auf das Syſtem des zweiten
Theils zurück, und laſſen einmal die weniger beſtimmt ausgeprägten
Formen unberückſichtigt, ſo ſtellt ſich hier eine in der Natur der Sache
begründete Dreitheilung dar, auf welche die einzelnen Arten der Verbre-
chen und Vergehen zurückgeführt werden können: es ſind ſolche, welche
entweder gegen den Staat oder gegen die Perſon oder gegen das Ver-
mögen begangen werden. Dieſe Eintheilung hätte nun durch weitere
Unterabtheilungen leicht in ein ſyſtematiſches Netzwerk zerlegt werden
können, welches auch äußerlich die verſchiedenen Kategorien beſtimmter
hätte hervortreten laſſen. Man fand für ein ſolches Verfahren einen
Vorgang in dem Rheiniſchen Strafgeſetzbuch, ſetzte ſich aber dadurch der
Gefahr aus, die Ueberſichtlichkeit des Syſtems zu beeinträchtigen, und
der Auslegung durch die Ueberſchriften ein Material an die Hand zu
geben, welches im Geſetzbuch ſelbſt enthalten, der unbefangenen Würdi-
gung der eigentlichen Strafſatzungen Hinderniſſe bereiten kann, während
es der Wiſſenſchaft ein Leichtes iſt, die weitere Entfaltung des Syſtems
im Geiſte des Strafgeſetzbuchs auszuführen.
Wenn aber, wie gezeigt, bei der Feſtſtellung der Titelfolge eine ge-
wiſſe Freiheit in der Würdigung der hauptſächlich zu beachtenden Mo-
mente bewahrt worden, ſo iſt dieß noch mehr geſchehen bei der Behand-
lung der in den einzelnen Titeln vorkommenden Verbrechen und Verge-
hen. Hier findet ſich kein gleichmäßiges Verfahren, etwa in der Art,
daß nach der Strafbarkeit der Handlungen zuerſt die leichtere und dann
die ſchwerere käme oder umgekehrt, ſondern nach der beſondern Be-
ſchaffenheit des gerade vorliegenden Stoffes iſt bald die eine bald die
andere Methode angewandt worden. Doch laſſen ſich gewiſſe Regeln
erkennen, die hierbei befolgt worden ſind.
1) Wo neben dem vollendeten Verbrechen gewiſſe Verſuchshand-
lungen, Anſtiftung u. ſ. w. beſonders mit Strafe bedroht werden, da iſt
von dem vollendeten Verbrechen ausgegangen, an welches ſich dann die
anderen Formen der ſtrafbaren Handlungen anſchließen. So bei dem
Hochverrath (Tit. I.) und dem Meineid (Tit. VIII.)
2) Wenn das ſtrafbare Verſchulden auch bei der Vollendung der
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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