Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Das Volksrecht als gemeines Landrecht. meration des Pachtgeldes; desgleichen bei der Pachtung vonNutzvieh und bei dem sogenannten Viehverstellvertrage. Ei- nige Institute des Handelsrechts ferner haben einen ganz all- gemeinen Charakter, und sind nicht bloß auf den Handels- stand beschränkt. Besonders hervorzuheben sind aber die so- genannten gewagten Geschäfte, in denen sich das Volksrecht oft noch rein darstellt, und deren Bedeutung man ganz und gar verkennt, wenn man sie unter den Gegensatz des römi- schen Rechts von Spiel und Wette bringen zu können glaubt. Schon für das Spiel im engeren Sinne, welches ja ganz auf der Volkssitte beruht, hat das heutige Recht eigenthümliche Grundsätze; ganz selbständig aber treten andere Geschäfte auf, welche von der größten Bedeutung sind, in alle Lebensverhält- nisse tief eingreifen, und zum Theil, um mit Erfolg betrieben werden zu können, besondere Staatsanstalten oder doch das genossenschaftliche Zusammenwirken vieler Einzelnen voraus- setzen. Dahin gehören die Assecuranzgeschäfte in ihren ver- schiedenen Erscheinungen, der Leibrentenvertrag, das Lotterie- spiel -- leider durch die Schuld der Regierungen fast zur Volkssitte geworden! u. a. m. 2. Das Criminalrecht. Das gemeine deutsche Strafrecht stellt sich fast ganz als Das Volksrecht als gemeines Landrecht. meration des Pachtgeldes; desgleichen bei der Pachtung vonNutzvieh und bei dem ſogenannten Viehverſtellvertrage. Ei- nige Inſtitute des Handelsrechts ferner haben einen ganz all- gemeinen Charakter, und ſind nicht bloß auf den Handels- ſtand beſchraͤnkt. Beſonders hervorzuheben ſind aber die ſo- genannten gewagten Geſchaͤfte, in denen ſich das Volksrecht oft noch rein darſtellt, und deren Bedeutung man ganz und gar verkennt, wenn man ſie unter den Gegenſatz des roͤmi- ſchen Rechts von Spiel und Wette bringen zu koͤnnen glaubt. Schon fuͤr das Spiel im engeren Sinne, welches ja ganz auf der Volksſitte beruht, hat das heutige Recht eigenthuͤmliche Grundſaͤtze; ganz ſelbſtaͤndig aber treten andere Geſchaͤfte auf, welche von der groͤßten Bedeutung ſind, in alle Lebensverhaͤlt- niſſe tief eingreifen, und zum Theil, um mit Erfolg betrieben werden zu koͤnnen, beſondere Staatsanſtalten oder doch das genoſſenſchaftliche Zuſammenwirken vieler Einzelnen voraus- ſetzen. Dahin gehoͤren die Aſſecuranzgeſchaͤfte in ihren ver- ſchiedenen Erſcheinungen, der Leibrentenvertrag, das Lotterie- ſpiel — leider durch die Schuld der Regierungen faſt zur Volksſitte geworden! u. a. m. 2. Das Criminalrecht. Das gemeine deutſche Strafrecht ſtellt ſich faſt ganz als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0161" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Das Volksrecht als gemeines Landrecht</hi>.</fw><lb/> meration des Pachtgeldes; desgleichen bei der Pachtung von<lb/> Nutzvieh und bei dem ſogenannten Viehverſtellvertrage. Ei-<lb/> nige Inſtitute des Handelsrechts ferner haben einen ganz all-<lb/> gemeinen Charakter, und ſind nicht bloß auf den Handels-<lb/> ſtand beſchraͤnkt. Beſonders hervorzuheben ſind aber die ſo-<lb/> genannten gewagten Geſchaͤfte, in denen ſich das Volksrecht<lb/> oft noch rein darſtellt, und deren Bedeutung man ganz und<lb/> gar verkennt, wenn man ſie unter den Gegenſatz des roͤmi-<lb/> ſchen Rechts von Spiel und Wette bringen zu koͤnnen glaubt.<lb/> Schon fuͤr das Spiel im engeren Sinne, welches ja ganz auf<lb/> der Volksſitte beruht, hat das heutige Recht eigenthuͤmliche<lb/> Grundſaͤtze; ganz ſelbſtaͤndig aber treten andere Geſchaͤfte auf,<lb/> welche von der groͤßten Bedeutung ſind, in alle Lebensverhaͤlt-<lb/> niſſe tief eingreifen, und zum Theil, um mit Erfolg betrieben<lb/> werden zu koͤnnen, beſondere Staatsanſtalten oder doch das<lb/> genoſſenſchaftliche Zuſammenwirken vieler Einzelnen voraus-<lb/> ſetzen. Dahin gehoͤren die Aſſecuranzgeſchaͤfte in ihren ver-<lb/> ſchiedenen Erſcheinungen, der Leibrentenvertrag, das Lotterie-<lb/> ſpiel — leider durch die Schuld der Regierungen faſt zur<lb/> Volksſitte geworden! u. a. m.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>2. <hi rendition="#g">Das Criminalrecht</hi>.</head><lb/> <p>Das gemeine deutſche Strafrecht ſtellt ſich faſt ganz als<lb/> ein Juriſtenrecht dar, mit einer uͤberwiegend romaniſtiſchen Faͤr-<lb/> bung, ſo daß das Volksrecht nur einen ſehr mittelbaren Ein-<lb/> fluß darauf ausgeuͤbt hat. Das zeigt ſich ſowohl in Bezie-<lb/> hung auf die Begriffsbeſtimmung der Verbrechen, als auch auf die<lb/> Art und das Maaß der Strafe. Was das Erſtere betrifft,<lb/> ſo wird man freilich ſagen, daß, wenn die buͤrgerliche Geſell-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0161]
Das Volksrecht als gemeines Landrecht.
meration des Pachtgeldes; desgleichen bei der Pachtung von
Nutzvieh und bei dem ſogenannten Viehverſtellvertrage. Ei-
nige Inſtitute des Handelsrechts ferner haben einen ganz all-
gemeinen Charakter, und ſind nicht bloß auf den Handels-
ſtand beſchraͤnkt. Beſonders hervorzuheben ſind aber die ſo-
genannten gewagten Geſchaͤfte, in denen ſich das Volksrecht
oft noch rein darſtellt, und deren Bedeutung man ganz und
gar verkennt, wenn man ſie unter den Gegenſatz des roͤmi-
ſchen Rechts von Spiel und Wette bringen zu koͤnnen glaubt.
Schon fuͤr das Spiel im engeren Sinne, welches ja ganz auf
der Volksſitte beruht, hat das heutige Recht eigenthuͤmliche
Grundſaͤtze; ganz ſelbſtaͤndig aber treten andere Geſchaͤfte auf,
welche von der groͤßten Bedeutung ſind, in alle Lebensverhaͤlt-
niſſe tief eingreifen, und zum Theil, um mit Erfolg betrieben
werden zu koͤnnen, beſondere Staatsanſtalten oder doch das
genoſſenſchaftliche Zuſammenwirken vieler Einzelnen voraus-
ſetzen. Dahin gehoͤren die Aſſecuranzgeſchaͤfte in ihren ver-
ſchiedenen Erſcheinungen, der Leibrentenvertrag, das Lotterie-
ſpiel — leider durch die Schuld der Regierungen faſt zur
Volksſitte geworden! u. a. m.
2. Das Criminalrecht.
Das gemeine deutſche Strafrecht ſtellt ſich faſt ganz als
ein Juriſtenrecht dar, mit einer uͤberwiegend romaniſtiſchen Faͤr-
bung, ſo daß das Volksrecht nur einen ſehr mittelbaren Ein-
fluß darauf ausgeuͤbt hat. Das zeigt ſich ſowohl in Bezie-
hung auf die Begriffsbeſtimmung der Verbrechen, als auch auf die
Art und das Maaß der Strafe. Was das Erſtere betrifft,
ſo wird man freilich ſagen, daß, wenn die buͤrgerliche Geſell-
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Zitationshilfe: | Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/161>, abgerufen am 16.02.2025. |