Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Fünftes Kapitel. im Civil- und Criminalproceß sind die Juristen von der Na-tion abgefallen, und haben sich ihr eigenes System errichtet. Weder in der Verfassung noch in dem Verfahren der deut- schen Gerichte, wie sie nach dem gemeinen Recht geordnet sind, vermag ich ein volksrechtliches Element zu erkennen. 4. Das Staatsrecht. Der eigentliche Schwerpunct des heutigen deutschen Staats- Fuͤnftes Kapitel. im Civil- und Criminalproceß ſind die Juriſten von der Na-tion abgefallen, und haben ſich ihr eigenes Syſtem errichtet. Weder in der Verfaſſung noch in dem Verfahren der deut- ſchen Gerichte, wie ſie nach dem gemeinen Recht geordnet ſind, vermag ich ein volksrechtliches Element zu erkennen. 4. Das Staatsrecht. Der eigentliche Schwerpunct des heutigen deutſchen Staats- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0164" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fuͤnftes Kapitel</hi>.</fw><lb/> im Civil- und Criminalproceß ſind die Juriſten von der Na-<lb/> tion abgefallen, und haben ſich ihr eigenes Syſtem errichtet.<lb/> Weder in der Verfaſſung noch in dem Verfahren der deut-<lb/> ſchen Gerichte, wie ſie nach dem gemeinen Recht geordnet ſind,<lb/> vermag ich ein volksrechtliches Element zu erkennen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>4. <hi rendition="#g">Das Staatsrecht</hi>.</head><lb/> <p>Der eigentliche Schwerpunct des heutigen deutſchen Staats-<lb/> rechts liegt in dem zur Verwirklichung gekommenen Staats-<lb/> begriff, deſſen deutlichſte Manifeſtation in der Souverainitaͤt<lb/> enthalten iſt. Denn wie der Souverain als der ſelbſtberech-<lb/> tigte Traͤger einer einheitlichen Staatsgewalt erſcheint, ſo iſt<lb/> dadurch auch ihm gegenuͤber ein Staatsbuͤrgerthum entſtanden,<lb/> welches die einzelnen Claſſen der Unterthanen in weſentlichen<lb/> Puncten gleichmaͤßig erfaßt; es iſt, ſtatt der einſeitigen Ver-<lb/> tretung geſonderter ſtaͤndiſcher Intereſſen, eine Repraͤſentation<lb/> des Volkes in ſeiner Geſammtheit in den Reichsſtaͤnden noth-<lb/> wendig geworden, und im Gegenſatz zu der landesherrlichen<lb/> Dienerſchaft der aͤlteren Zeit hat ſich das Inſtitut der Staats-<lb/> beamten entwickelt, welche nicht mehr berufen ſind, dem Lande<lb/> gegenuͤber die beſonderen fuͤrſtlichen Intereſſen zu wahren, ſon-<lb/> dern den im Geſetz ausgepraͤgten Staatswillen zur Ausuͤbung<lb/> zu bringen und als die Organe des Souverains in freier<lb/> Thaͤtigkeit fuͤr das gemeine Beſte zu ſorgen und zu wirken.<lb/> Die Genoſſenſchaften und Gemeinden und die weiteren Ter-<lb/> ritorialbezirke ſtehen daher auch nicht mehr in abgeſchloſſener<lb/> Haltung neben einander, nur durch das Regierhaus und den<lb/> landſtaͤndiſchen Verband zuſammengehalten, ſondern ſie kom-<lb/> men als die organiſchen Glieder des Staatsweſens in Betracht,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0164]
Fuͤnftes Kapitel.
im Civil- und Criminalproceß ſind die Juriſten von der Na-
tion abgefallen, und haben ſich ihr eigenes Syſtem errichtet.
Weder in der Verfaſſung noch in dem Verfahren der deut-
ſchen Gerichte, wie ſie nach dem gemeinen Recht geordnet ſind,
vermag ich ein volksrechtliches Element zu erkennen.
4. Das Staatsrecht.
Der eigentliche Schwerpunct des heutigen deutſchen Staats-
rechts liegt in dem zur Verwirklichung gekommenen Staats-
begriff, deſſen deutlichſte Manifeſtation in der Souverainitaͤt
enthalten iſt. Denn wie der Souverain als der ſelbſtberech-
tigte Traͤger einer einheitlichen Staatsgewalt erſcheint, ſo iſt
dadurch auch ihm gegenuͤber ein Staatsbuͤrgerthum entſtanden,
welches die einzelnen Claſſen der Unterthanen in weſentlichen
Puncten gleichmaͤßig erfaßt; es iſt, ſtatt der einſeitigen Ver-
tretung geſonderter ſtaͤndiſcher Intereſſen, eine Repraͤſentation
des Volkes in ſeiner Geſammtheit in den Reichsſtaͤnden noth-
wendig geworden, und im Gegenſatz zu der landesherrlichen
Dienerſchaft der aͤlteren Zeit hat ſich das Inſtitut der Staats-
beamten entwickelt, welche nicht mehr berufen ſind, dem Lande
gegenuͤber die beſonderen fuͤrſtlichen Intereſſen zu wahren, ſon-
dern den im Geſetz ausgepraͤgten Staatswillen zur Ausuͤbung
zu bringen und als die Organe des Souverains in freier
Thaͤtigkeit fuͤr das gemeine Beſte zu ſorgen und zu wirken.
Die Genoſſenſchaften und Gemeinden und die weiteren Ter-
ritorialbezirke ſtehen daher auch nicht mehr in abgeſchloſſener
Haltung neben einander, nur durch das Regierhaus und den
landſtaͤndiſchen Verband zuſammengehalten, ſondern ſie kom-
men als die organiſchen Glieder des Staatsweſens in Betracht,
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