Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Das Volksrecht als gemeines Ständerecht. kirche und die Armee dazu dienen, um die zurückgesetzten Mit-glieder der vornehmen Häuser, die nicht etwa durch eine Hei- rath ihr Glück machen, unterzubringen, -- von den Pensionen und Sinecuren gar nicht zu reden. Was würde erst bei ähn- lichen Anforderungen einer weit zahlreicheren Aristokratie in dem verhältnißmäßig armen Deutschland geschehen! Man sagt zwar, der nicht adelige Theil der Familie tritt in den Bürgerstand über; aber es wird immer eine nicht gewöhnliche Tüchtigkeit verlangt, wenn die Betreibung eines bürgerlichen Gewerbes ohne bedeutende Capitalien so gelingen soll, daß sie die Ansprüche, welche der adelige Sprößling aus dem elterli- chen Hause mitbringt, befriedigt. Auf ein sicheres Fortkom- men der Einzelnen ist hier nicht zu rechnen. 3. Auch das ist nicht zu übersehen, daß durch einen II. Der Bauernstand. Beim Adel haben wir gesehen, wie die größere Rechts- Beseler, Volksrecht. 14
Das Volksrecht als gemeines Staͤnderecht. kirche und die Armee dazu dienen, um die zuruͤckgeſetzten Mit-glieder der vornehmen Haͤuſer, die nicht etwa durch eine Hei- rath ihr Gluͤck machen, unterzubringen, — von den Penſionen und Sinecuren gar nicht zu reden. Was wuͤrde erſt bei aͤhn- lichen Anforderungen einer weit zahlreicheren Ariſtokratie in dem verhaͤltnißmaͤßig armen Deutſchland geſchehen! Man ſagt zwar, der nicht adelige Theil der Familie tritt in den Buͤrgerſtand uͤber; aber es wird immer eine nicht gewoͤhnliche Tuͤchtigkeit verlangt, wenn die Betreibung eines buͤrgerlichen Gewerbes ohne bedeutende Capitalien ſo gelingen ſoll, daß ſie die Anſpruͤche, welche der adelige Sproͤßling aus dem elterli- chen Hauſe mitbringt, befriedigt. Auf ein ſicheres Fortkom- men der Einzelnen iſt hier nicht zu rechnen. 3. Auch das iſt nicht zu uͤberſehen, daß durch einen II. Der Bauernſtand. Beim Adel haben wir geſehen, wie die groͤßere Rechts- Beſeler, Volksrecht. 14
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Das Volksrecht als gemeines Staͤnderecht.
kirche und die Armee dazu dienen, um die zuruͤckgeſetzten Mit-
glieder der vornehmen Haͤuſer, die nicht etwa durch eine Hei-
rath ihr Gluͤck machen, unterzubringen, — von den Penſionen
und Sinecuren gar nicht zu reden. Was wuͤrde erſt bei aͤhn-
lichen Anforderungen einer weit zahlreicheren Ariſtokratie in
dem verhaͤltnißmaͤßig armen Deutſchland geſchehen! Man
ſagt zwar, der nicht adelige Theil der Familie tritt in den
Buͤrgerſtand uͤber; aber es wird immer eine nicht gewoͤhnliche
Tuͤchtigkeit verlangt, wenn die Betreibung eines buͤrgerlichen
Gewerbes ohne bedeutende Capitalien ſo gelingen ſoll, daß ſie
die Anſpruͤche, welche der adelige Sproͤßling aus dem elterli-
chen Hauſe mitbringt, befriedigt. Auf ein ſicheres Fortkom-
men der Einzelnen iſt hier nicht zu rechnen.
3. Auch das iſt nicht zu uͤberſehen, daß durch einen
maͤchtigen Majoratsadel allerdings eine gewiſſe Stabilitaͤt der
oͤffentlichen Verhaͤltniſſe geſichert wird, falls er zu der ganzen
Staatsverfaſſung und der Rechtsanſchauung des Volkes im
rechten Verhaͤltniß ſteht; daß aber, wenn ohne die umſichtige
Beruͤckſichtigung aller Intereſſen den großen Grundbeſitzern
eine uͤberwiegende Gewalt gegeben wuͤrde, gerade dadurch ſehr
leicht eine ſehr entſchiedene Bewegung des uͤbrigen Volkes ge-
gen jenes Uebergewicht hervorgerufen werden koͤnnte. Ueber-
haupt aber iſt, um eine maͤchtige, wohl organiſirte Ariſtokratie
ohne Gefahr zu ertragen, eine feſt gegruͤndete Volksfreiheit noͤ-
thig; ſoll jene in Deutſchland erhoͤht werden, ſo muß auch
dieſe ſich gleichmaͤßig in freier Bewegung entfalten koͤnnen.
II. Der Bauernſtand.
Beim Adel haben wir geſehen, wie die groͤßere Rechts-
gleichheit im modernen Staate ſeine bevorzugte Stellung ge-
Beſeler, Volksrecht. 14
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