Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Siebentes Kapitel. Gestaltung desselben bei den einzelnen Völkern nur als eineModification der allgemeinen Rechtsideen der gebildeten Welt erscheint. Indessen darf man doch auch hier dieser bestimm- ten Ausprägung des Allgemeinen in seiner nationalen Erschei- nung keine zu geringe Bedeutung beilegen. Denn theils sind doch die Verschiedenheiten, welche darin bei den einzelnen Völ- kern vorkommen, nicht gering; theils aber nimmt das Han- delsrecht in seiner speciellen Beschränkung den Charakter eines wahren Volksrechts an, indem es sich bei dem Handelsstande eines bestimmten Volkes in unmittelbarer Geltung festgesetzt, mit diesem sich gewissermaaßen identificirt hat, so daß es in dessen Bewußtseyn selbständig existirt, und in das fremde Recht nicht aufgeht, wenn es auch in demselben sich im Wesentlichen wiederholt, und in manchen Stücken daraus ergänzt werden kann. Da nun das gemeine deutsche Handelsrecht von einer solchen Beschaffenheit ist, daß es in seiner Eigenthümlichkeit und selbständigen Haltung eine entschieden nationale Färbung an sich trägt, so dürfen wir es auch als einen integrirenden Theil unseres gemeinen Rechts betrachten, wie das auch von anderen Völkern geschieht, welche in der allgemeinen Bewe- gung des Welthandels doch ihrer eigenen Persönlichkeit auch in dieser Beziehung sich bewußt bleiben. Das nationale Ele- ment des deutschen Handelsrechts zeigt sich aber nicht bloß in der Modification einzelner Institute, sondern auch in ganz ei- genthümlichen Rechtsbildungen, wie denn z. B. der deutsche Buchhandel in voller Selbständigkeit sich entwickelt hat. Ueber- haupt aber ist das Handelsrecht den Deutschen nicht von Außen her fertig zugetragen worden, sondern sie haben selbst an der Ausbildung desselben thätigen Antheil genommen; das zeigt die allgemeine Geschichte des Handels, und ergiebt sich auch Siebentes Kapitel. Geſtaltung deſſelben bei den einzelnen Voͤlkern nur als eineModification der allgemeinen Rechtsideen der gebildeten Welt erſcheint. Indeſſen darf man doch auch hier dieſer beſtimm- ten Auspraͤgung des Allgemeinen in ſeiner nationalen Erſchei- nung keine zu geringe Bedeutung beilegen. Denn theils ſind doch die Verſchiedenheiten, welche darin bei den einzelnen Voͤl- kern vorkommen, nicht gering; theils aber nimmt das Han- delsrecht in ſeiner ſpeciellen Beſchraͤnkung den Charakter eines wahren Volksrechts an, indem es ſich bei dem Handelsſtande eines beſtimmten Volkes in unmittelbarer Geltung feſtgeſetzt, mit dieſem ſich gewiſſermaaßen identificirt hat, ſo daß es in deſſen Bewußtſeyn ſelbſtaͤndig exiſtirt, und in das fremde Recht nicht aufgeht, wenn es auch in demſelben ſich im Weſentlichen wiederholt, und in manchen Stuͤcken daraus ergaͤnzt werden kann. Da nun das gemeine deutſche Handelsrecht von einer ſolchen Beſchaffenheit iſt, daß es in ſeiner Eigenthuͤmlichkeit und ſelbſtaͤndigen Haltung eine entſchieden nationale Faͤrbung an ſich traͤgt, ſo duͤrfen wir es auch als einen integrirenden Theil unſeres gemeinen Rechts betrachten, wie das auch von anderen Voͤlkern geſchieht, welche in der allgemeinen Bewe- gung des Welthandels doch ihrer eigenen Perſoͤnlichkeit auch in dieſer Beziehung ſich bewußt bleiben. Das nationale Ele- ment des deutſchen Handelsrechts zeigt ſich aber nicht bloß in der Modification einzelner Inſtitute, ſondern auch in ganz ei- genthuͤmlichen Rechtsbildungen, wie denn z. B. der deutſche Buchhandel in voller Selbſtaͤndigkeit ſich entwickelt hat. Ueber- haupt aber iſt das Handelsrecht den Deutſchen nicht von Außen her fertig zugetragen worden, ſondern ſie haben ſelbſt an der Ausbildung deſſelben thaͤtigen Antheil genommen; das zeigt die allgemeine Geſchichte des Handels, und ergiebt ſich auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0240" n="228"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Kapitel</hi>.</fw><lb/> Geſtaltung deſſelben bei den einzelnen Voͤlkern nur als eine<lb/> Modification der allgemeinen Rechtsideen der gebildeten Welt<lb/> erſcheint. Indeſſen darf man doch auch hier dieſer beſtimm-<lb/> ten Auspraͤgung des Allgemeinen in ſeiner nationalen Erſchei-<lb/> nung keine zu geringe Bedeutung beilegen. 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Siebentes Kapitel.
Geſtaltung deſſelben bei den einzelnen Voͤlkern nur als eine
Modification der allgemeinen Rechtsideen der gebildeten Welt
erſcheint. Indeſſen darf man doch auch hier dieſer beſtimm-
ten Auspraͤgung des Allgemeinen in ſeiner nationalen Erſchei-
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doch die Verſchiedenheiten, welche darin bei den einzelnen Voͤl-
kern vorkommen, nicht gering; theils aber nimmt das Han-
delsrecht in ſeiner ſpeciellen Beſchraͤnkung den Charakter eines
wahren Volksrechts an, indem es ſich bei dem Handelsſtande
eines beſtimmten Volkes in unmittelbarer Geltung feſtgeſetzt,
mit dieſem ſich gewiſſermaaßen identificirt hat, ſo daß es in
deſſen Bewußtſeyn ſelbſtaͤndig exiſtirt, und in das fremde Recht
nicht aufgeht, wenn es auch in demſelben ſich im Weſentlichen
wiederholt, und in manchen Stuͤcken daraus ergaͤnzt werden
kann. Da nun das gemeine deutſche Handelsrecht von einer
ſolchen Beſchaffenheit iſt, daß es in ſeiner Eigenthuͤmlichkeit
und ſelbſtaͤndigen Haltung eine entſchieden nationale Faͤrbung
an ſich traͤgt, ſo duͤrfen wir es auch als einen integrirenden
Theil unſeres gemeinen Rechts betrachten, wie das auch von
anderen Voͤlkern geſchieht, welche in der allgemeinen Bewe-
gung des Welthandels doch ihrer eigenen Perſoͤnlichkeit auch
in dieſer Beziehung ſich bewußt bleiben. Das nationale Ele-
ment des deutſchen Handelsrechts zeigt ſich aber nicht bloß in
der Modification einzelner Inſtitute, ſondern auch in ganz ei-
genthuͤmlichen Rechtsbildungen, wie denn z. B. der deutſche
Buchhandel in voller Selbſtaͤndigkeit ſich entwickelt hat. Ueber-
haupt aber iſt das Handelsrecht den Deutſchen nicht von Außen
her fertig zugetragen worden, ſondern ſie haben ſelbſt an der
Ausbildung deſſelben thaͤtigen Antheil genommen; das zeigt
die allgemeine Geſchichte des Handels, und ergiebt ſich auch
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