p1b_I.002 Wohl an fünfundzwanzig Jahre beschäftige ich mich neben meinen p1b_I.003 dem Lesepublikum bekannten dichterischen, litterarhistorischen und philosophischen p1b_I.004 Arbeiten vorzugsweise mit den Wesensgesetzen der p1b_I.005 deutschen Poetik. Das interessevolle Eindringen in die Rückertschen p1b_I.006 Dichtungen, die auf den Gebieten poetischer Technik als gesetzgebende p1b_I.007 gelten können, förderte dieses Studium in hervorragender Weise und p1b_I.008 verlieh ihm einen individuellen Reiz. So gestaltete sich die Absicht, ein p1b_I.009 Lehrmittel zu schaffen, welches die Ausstellungen über Dürftigkeit p1b_I.010 und theoretisierende Einseitigkeit der meist doktrinären, p1b_I.011 unmethodischen und undeutschen Hülfsmittel der Poetikp1b_I.012 verstummen mache, die (wie Heyses veraltete Verslehre) Modernes p1b_I.013 und Antikes vermischend meist auf der Basis der alten Sprachen aufgebaut p1b_I.014 sind, oder die (wie Ph. Wackernagels Auswahl) den altgriechischen p1b_I.015 und fremden Formen weit über die Hälfte des Umfangs p1b_I.016 einräumen und obendrein manche unrichtige Bezeichnungen bieten, was p1b_I.017 ich da und dort (z. B. § 107, 109, 184 &c.) nachzuweisen vermochte. p1b_I.018 Der universelle, sprach- und reimgewandte Heros poetischer Form, p1b_I.019 Fr. Rückert, welcher in mir die Erwägung anregte, ob denn nicht p1b_I.020 die litterarischen Reichtümer aller Völker bald an Stelle der Nationallitteraturen p1b_I.021 die von ihm angebahnte Weltlitteratur schaffen würden, p1b_I.022 schien mir am meisten geeignet, die Abstraktion der Gesetze einer Poetik p1b_I.023 zu ermöglichen und durch seine mehr als 200,000 Verse umfassenden p1b_I.024 Dichtungen in das Geheimnis der deutschen Verskunst einzuführen. p1b_I.025 Da ich mir jedoch vornahm, keinen Lehrsatz ohne Beispielp1b_I.026 zu lassen, so hätte ich mir durch starres Beschränken auf Rückertsche p1b_I.027 Beispiele den Vorwurf der Einseitigkeit zuziehen müssen, indem bei p1b_I.028 Rückert doch so Manches fehlt, was als ein Vorzug anderer bedeutender
p1b_I.001 Vorwort als Einleitung. ──────
p1b_I.002 Wohl an fünfundzwanzig Jahre beschäftige ich mich neben meinen p1b_I.003 dem Lesepublikum bekannten dichterischen, litterarhistorischen und philosophischen p1b_I.004 Arbeiten vorzugsweise mit den Wesensgesetzen der p1b_I.005 deutschen Poetik. Das interessevolle Eindringen in die Rückertschen p1b_I.006 Dichtungen, die auf den Gebieten poetischer Technik als gesetzgebende p1b_I.007 gelten können, förderte dieses Studium in hervorragender Weise und p1b_I.008 verlieh ihm einen individuellen Reiz. So gestaltete sich die Absicht, ein p1b_I.009 Lehrmittel zu schaffen, welches die Ausstellungen über Dürftigkeit p1b_I.010 und theoretisierende Einseitigkeit der meist doktrinären, p1b_I.011 unmethodischen und undeutschen Hülfsmittel der Poetikp1b_I.012 verstummen mache, die (wie Heyses veraltete Verslehre) Modernes p1b_I.013 und Antikes vermischend meist auf der Basis der alten Sprachen aufgebaut p1b_I.014 sind, oder die (wie Ph. Wackernagels Auswahl) den altgriechischen p1b_I.015 und fremden Formen weit über die Hälfte des Umfangs p1b_I.016 einräumen und obendrein manche unrichtige Bezeichnungen bieten, was p1b_I.017 ich da und dort (z. B. § 107, 109, 184 &c.) nachzuweisen vermochte. p1b_I.018 Der universelle, sprach- und reimgewandte Heros poetischer Form, p1b_I.019 Fr. Rückert, welcher in mir die Erwägung anregte, ob denn nicht p1b_I.020 die litterarischen Reichtümer aller Völker bald an Stelle der Nationallitteraturen p1b_I.021 die von ihm angebahnte Weltlitteratur schaffen würden, p1b_I.022 schien mir am meisten geeignet, die Abstraktion der Gesetze einer Poetik p1b_I.023 zu ermöglichen und durch seine mehr als 200,000 Verse umfassenden p1b_I.024 Dichtungen in das Geheimnis der deutschen Verskunst einzuführen. p1b_I.025 Da ich mir jedoch vornahm, keinen Lehrsatz ohne Beispielp1b_I.026 zu lassen, so hätte ich mir durch starres Beschränken auf Rückertsche p1b_I.027 Beispiele den Vorwurf der Einseitigkeit zuziehen müssen, indem bei p1b_I.028 Rückert doch so Manches fehlt, was als ein Vorzug anderer bedeutender
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Fr. Rückert, welcher in mir die Erwägung anregte, ob denn nicht p1b_I.020
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. RI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/11>, abgerufen am 23.11.2024.
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