Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_096.001 [Beginn Spaltensatz] Und du, der Erden Herr, o Mensch, zerfleuß p1b_096.002 Jn Harmonieen ganz!*(* Herrliche dichterische Gradation.) p1b_096.003 Dich hat er, mehr als alles sonst, beglückt: p1b_096.004 Er gab dir einen Geist, p1b_096.005 Der durch den Bau des Ganzen dringt, und kennt p1b_096.006 Die Räder der Natur. p1b_096.007 Erheb' ihn hoch zu deiner Seligkeit! p1b_096.008 Er braucht kein Lob zum Glück; p1b_096.009 Die niedern Neigungen und Laster fliehn, p1b_096.010 Wenn du zu ihm dich schwingst.*(* Endzweck: p1b_096.103 Lob Gottes reinigt das Herz.) p1b_096.011 Die Sonne steige nie aus roter Flut, p1b_096.012 Und sinke nie darein, p1b_096.013 Daß du nicht deine Stimm' vereinigst mit p1b_096.014 Der Stimme der Natur. p1b_096.015 Lob ihn im Regen und in dürrer Zeit, p1b_096.016 Jm Sonnenschein und Sturm! p1b_096.017 Wann's schneit, wann Frost aus Wasser Brücken baut, p1b_096.018 Und wann die Erde grünt. p1b_096.019 Jn Überschwemmungen, in Krieg und Pest p1b_096.020 Trau ihm und sing ihm Lob! p1b_096.021 Er sorgt für dich, denn er erschuf zum Glück p1b_096.022 Das menschliche Geschlecht. p1b_096.023 Und o! wie liebreich sorgt er auch für mich! p1b_096.024 Er gab, statt Golds und Ruhms, p1b_096.025 Vermögen mir, die Wahrheit einzusehn, p1b_096.026 Und Freund und Saitenspiel.*(* Rückkehr zum Dichter.) p1b_096.027 Erhalte mir, o Herr! was du verliehst, p1b_096.028 Mehr brauch' ich nicht zum Glück. p1b_096.029 Durch heil'gen Schau'r will ich, ohnmächtig sonst, p1b_096.030 Dich preisen ewiglich! p1b_096.031 Jn finstern Wäldern will ich mich allein p1b_096.032 Mit dir beschäftigen. p1b_096.033 Und seufzen laut, und nach dem Himmel sehn, p1b_096.034 Der durch die Zweige blickt; p1b_096.035 Und irren an's Gestad des Meers und dich p1b_096.036 Jn jeder Woge sehn, p1b_096.037 Und hören dich im Sturm, bewundern in p1b_096.038 Der Au Tapeten dich!*(* Ein kleinliches, geschmackloses Bild.) p1b_096.039 Jch will entzückt auf Felsen klimmen, durch p1b_096.040 Zerriß'ne Wolken sehn, p1b_096.041 Und suchen dich den Tag, bis mich die Nacht p1b_096.042 Jn heil'ge Träume wiegt. (E. Ch. v. Kleist.) p1b_096.107(Diese trefflich gegliederte Hymne hat folgende Teile: 1. Gott ist groß p1b_096.108 p1b_096.001 [Beginn Spaltensatz] Und du, der Erden Herr, o Mensch, zerfleuß p1b_096.002 Jn Harmonieen ganz!*(* Herrliche dichterische Gradation.) p1b_096.003 Dich hat er, mehr als alles sonst, beglückt: p1b_096.004 Er gab dir einen Geist, p1b_096.005 Der durch den Bau des Ganzen dringt, und kennt p1b_096.006 Die Räder der Natur. p1b_096.007 Erheb' ihn hoch zu deiner Seligkeit! p1b_096.008 Er braucht kein Lob zum Glück; p1b_096.009 Die niedern Neigungen und Laster fliehn, p1b_096.010 Wenn du zu ihm dich schwingst.*(* Endzweck: p1b_096.103 Lob Gottes reinigt das Herz.) p1b_096.011 Die Sonne steige nie aus roter Flut, p1b_096.012 Und sinke nie darein, p1b_096.013 Daß du nicht deine Stimm' vereinigst mit p1b_096.014 Der Stimme der Natur. p1b_096.015 Lob ihn im Regen und in dürrer Zeit, p1b_096.016 Jm Sonnenschein und Sturm! p1b_096.017 Wann's schneit, wann Frost aus Wasser Brücken baut, p1b_096.018 Und wann die Erde grünt. p1b_096.019 Jn Überschwemmungen, in Krieg und Pest p1b_096.020 Trau ihm und sing ihm Lob! p1b_096.021 Er sorgt für dich, denn er erschuf zum Glück p1b_096.022 Das menschliche Geschlecht. p1b_096.023 Und o! wie liebreich sorgt er auch für mich! p1b_096.024 Er gab, statt Golds und Ruhms, p1b_096.025 Vermögen mir, die Wahrheit einzusehn, p1b_096.026 Und Freund und Saitenspiel.*(* Rückkehr zum Dichter.) p1b_096.027 Erhalte mir, o Herr! was du verliehst, p1b_096.028 Mehr brauch' ich nicht zum Glück. p1b_096.029 Durch heil'gen Schau'r will ich, ohnmächtig sonst, p1b_096.030 Dich preisen ewiglich! p1b_096.031 Jn finstern Wäldern will ich mich allein p1b_096.032 Mit dir beschäftigen. p1b_096.033 Und seufzen laut, und nach dem Himmel sehn, p1b_096.034 Der durch die Zweige blickt; p1b_096.035 Und irren an's Gestad des Meers und dich p1b_096.036 Jn jeder Woge sehn, p1b_096.037 Und hören dich im Sturm, bewundern in p1b_096.038 Der Au Tapeten dich!*(* Ein kleinliches, geschmackloses Bild.) p1b_096.039 Jch will entzückt auf Felsen klimmen, durch p1b_096.040 Zerriß'ne Wolken sehn, p1b_096.041 Und suchen dich den Tag, bis mich die Nacht p1b_096.042 Jn heil'ge Träume wiegt. (E. Ch. v. Kleist.) p1b_096.107(Diese trefflich gegliederte Hymne hat folgende Teile: 1. Gott ist groß p1b_096.108 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0130" n="96"/> <lb n="p1b_096.001"/> <cb type="start"/> <lg> <l> Und du, der Erden Herr, o Mensch, zerfleuß</l> <lb n="p1b_096.002"/> <l> Jn Harmonieen ganz!*</l> <note place="right">(* Herrliche dichterische Gradation.)</note> <lb n="p1b_096.003"/> <l>Dich hat er, mehr als alles sonst, beglückt:</l> <lb n="p1b_096.004"/> <l> Er gab dir einen Geist,</l> <lb n="p1b_096.005"/> <l> Der durch den Bau des Ganzen dringt, und kennt</l> <lb n="p1b_096.006"/> <l> Die Räder der Natur. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_096.007"/> <l>Erheb' ihn hoch <hi rendition="#g">zu deiner Seligkeit!</hi></l> <lb n="p1b_096.008"/> <l> Er braucht kein Lob zum Glück;</l> <lb n="p1b_096.009"/> <l> Die niedern Neigungen und Laster fliehn,</l> <lb n="p1b_096.010"/> <l> Wenn du zu ihm dich schwingst.*</l> <note place="right">(* Endzweck: <lb n="p1b_096.103"/> Lob Gottes reinigt das Herz.)</note> <lb n="p1b_096.011"/> <l>Die Sonne steige nie aus roter Flut,</l> <lb n="p1b_096.012"/> <l> Und sinke nie darein,</l> <lb n="p1b_096.013"/> <l> Daß du nicht deine Stimm' vereinigst mit</l> <lb n="p1b_096.014"/> <l> Der Stimme der Natur. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_096.015"/> <l>Lob ihn im Regen und in dürrer Zeit,</l> <lb n="p1b_096.016"/> <l> Jm Sonnenschein und Sturm!</l> <lb n="p1b_096.017"/> <l> Wann's schneit, wann Frost aus Wasser Brücken baut,</l> <lb n="p1b_096.018"/> <l> Und wann die Erde grünt. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_096.019"/> <l>Jn Überschwemmungen, in Krieg und Pest</l> <lb n="p1b_096.020"/> <l> Trau ihm und sing ihm Lob!</l> <lb n="p1b_096.021"/> <l> Er sorgt für dich, denn er erschuf zum <hi rendition="#g">Glück</hi></l> <lb n="p1b_096.022"/> <l> Das menschliche Geschlecht. </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_096.023"/> <l>Und o! wie liebreich sorgt er auch für mich!</l> <lb n="p1b_096.024"/> <l> Er gab, statt Golds und Ruhms,</l> <lb n="p1b_096.025"/> <l> Vermögen mir, die Wahrheit einzusehn,</l> <lb n="p1b_096.026"/> <l> Und Freund und Saitenspiel.*</l> <note place="right">(* Rückkehr zum Dichter.)</note> <lb n="p1b_096.027"/> <l>Erhalte mir, o Herr! was du verliehst,</l> <lb n="p1b_096.028"/> <l> Mehr brauch' ich nicht zum Glück.</l> <lb n="p1b_096.029"/> <l> Durch heil'gen Schau'r will ich, ohnmächtig sonst,</l> <lb n="p1b_096.030"/> <l> Dich preisen ewiglich! </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_096.031"/> <l>Jn finstern Wäldern will ich mich allein</l> <lb n="p1b_096.032"/> <l> Mit dir beschäftigen.</l> <lb n="p1b_096.033"/> <l> Und seufzen laut, und nach dem Himmel sehn,</l> <lb n="p1b_096.034"/> <l> Der durch die Zweige blickt; </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_096.035"/> <l>Und irren an's Gestad des Meers und dich</l> <lb n="p1b_096.036"/> <l> Jn jeder Woge sehn,</l> <lb n="p1b_096.037"/> <l> Und hören dich im Sturm, bewundern in</l> <lb n="p1b_096.038"/> <l> Der Au Tapeten dich!*</l> <note place="right">(* Ein kleinliches, geschmackloses Bild.)</note> <lb n="p1b_096.039"/> <l>Jch will entzückt auf Felsen klimmen, durch</l> <lb n="p1b_096.040"/> <l> Zerriß'ne Wolken sehn,</l> <lb n="p1b_096.041"/> <l> Und suchen dich den Tag, bis mich die Nacht</l> <lb n="p1b_096.042"/> <l> Jn heil'ge Träume wiegt.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(E. Ch. v. Kleist.)</hi> </p> <lb n="p1b_096.107"/> <p>(Diese trefflich gegliederte Hymne hat folgende Teile: 1. Gott ist groß <lb n="p1b_096.108"/> und verdient gepriesen zu werden. 2. Darum preise ihn die ganze Natur. <lb n="p1b_096.109"/> 3. Preise ihn besonders du, Mensch. 4. Jch, der Dichter, will ihn preisen. <lb n="p1b_096.110"/> 5. Selbst im Traume schwebe mir das Bild der Majestät Gottes vor.)</p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0130]
p1b_096.001
Und du, der Erden Herr, o Mensch, zerfleuß p1b_096.002
Jn Harmonieen ganz!* p1b_096.003
Dich hat er, mehr als alles sonst, beglückt: p1b_096.004
Er gab dir einen Geist, p1b_096.005
Der durch den Bau des Ganzen dringt, und kennt p1b_096.006
Die Räder der Natur.
p1b_096.007
Erheb' ihn hoch zu deiner Seligkeit! p1b_096.008
Er braucht kein Lob zum Glück; p1b_096.009
Die niedern Neigungen und Laster fliehn, p1b_096.010
Wenn du zu ihm dich schwingst.* p1b_096.011
Die Sonne steige nie aus roter Flut, p1b_096.012
Und sinke nie darein, p1b_096.013
Daß du nicht deine Stimm' vereinigst mit p1b_096.014
Der Stimme der Natur.
p1b_096.015
Lob ihn im Regen und in dürrer Zeit, p1b_096.016
Jm Sonnenschein und Sturm! p1b_096.017
Wann's schneit, wann Frost aus Wasser Brücken baut, p1b_096.018
Und wann die Erde grünt.
p1b_096.019
Jn Überschwemmungen, in Krieg und Pest p1b_096.020
Trau ihm und sing ihm Lob! p1b_096.021
Er sorgt für dich, denn er erschuf zum Glück p1b_096.022
Das menschliche Geschlecht.
p1b_096.023
Und o! wie liebreich sorgt er auch für mich! p1b_096.024
Er gab, statt Golds und Ruhms, p1b_096.025
Vermögen mir, die Wahrheit einzusehn, p1b_096.026
Und Freund und Saitenspiel.* p1b_096.027
Erhalte mir, o Herr! was du verliehst, p1b_096.028
Mehr brauch' ich nicht zum Glück. p1b_096.029
Durch heil'gen Schau'r will ich, ohnmächtig sonst, p1b_096.030
Dich preisen ewiglich!
p1b_096.031
Jn finstern Wäldern will ich mich allein p1b_096.032
Mit dir beschäftigen. p1b_096.033
Und seufzen laut, und nach dem Himmel sehn, p1b_096.034
Der durch die Zweige blickt;
p1b_096.035
Und irren an's Gestad des Meers und dich p1b_096.036
Jn jeder Woge sehn, p1b_096.037
Und hören dich im Sturm, bewundern in p1b_096.038
Der Au Tapeten dich!* p1b_096.039
Jch will entzückt auf Felsen klimmen, durch p1b_096.040
Zerriß'ne Wolken sehn, p1b_096.041
Und suchen dich den Tag, bis mich die Nacht p1b_096.042
Jn heil'ge Träume wiegt.
(E. Ch. v. Kleist.)
p1b_096.107
(Diese trefflich gegliederte Hymne hat folgende Teile: 1. Gott ist groß p1b_096.108
und verdient gepriesen zu werden. 2. Darum preise ihn die ganze Natur. p1b_096.109
3. Preise ihn besonders du, Mensch. 4. Jch, der Dichter, will ihn preisen. p1b_096.110
5. Selbst im Traume schwebe mir das Bild der Majestät Gottes vor.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |