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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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ganz anders angeregt
wird, wenn das Bild zuerst als Metapher angeschlagen p1b_161.002
und dann weiter ausgemalt wird, als wenn es sofort in seiner p1b_161.003
Jntegrität ohne Beimischung des eigentlichen Gedankens erscheint und so fortgesponnen p1b_161.004
wird" (Brinkmann). [Annotation]

Wie nahe sich Metapher und Allegorie berühren, p1b_161.005
beweist der eben Genannte an dem Beispiel Goethes: "Mir ist deutlich, p1b_161.006
daß Shakespeare habe schildern wollen: eine große That auf eine Seele p1b_161.007
gelegt, die der That nicht gewachsen ist.
Und in diesem Sinne finde ich p1b_161.008
das Stück durchgängig gearbeitet. Hier wird ein Eichbaum in köstliches p1b_161.009
Gefäß gepflanzt, das nur liebliche Blumen in seinen Schoß hätte aufnehmen p1b_161.010
sollen; die Wurzeln dehnen sich aus, das Gefäß wird zernichtet." [Annotation]

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Wenn das Wort "hier" fehlte, so würde der letzte Satz eine Allegorie p1b_161.012
sein. Dieses "hier" bricht die Reinheit des Bildes, denn es bedeutet: "in p1b_161.013
diesem Stück". Vergißt man im Verlauf das "hier", so hat man eine p1b_161.014
Allegorie, außerdem nur eine ausgesponnene Metapher. [Annotation]

p1b_161.015
Diese ausgesponnene, mehrere Glieder umfassende Metapher ist die höchste p1b_161.016
Blüte des bildlichen Ausdrucks. Daher muß sie der Dichter beachten, lernen, p1b_161.017
üben!
[Annotation]

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3. Einteilung der Metaphern.

p1b_161.019
Es giebt vier Gruppen von Metaphern, die wir unter A, B, C, D p1b_161.020
benennen und vorführen wollen, um sodann die Unterarten der Metapher p1b_161.021
in § 37 abzuhandeln.

[Annotation]
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A. Vergeistigende Metapher.

p1b_161.023
Dies ist diejenige Metapher, welche das Sinnliche vergeistigt, p1b_161.024
indem sie ihm menschliche Gedanken, Empfindungen, Eigenschaften, p1b_161.025
Thätigkeiten beilegt.

[Annotation]

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Eine vergeistigende Metapher ist es, wenn man den See lächeln läßt; p1b_161.027
wenn man das tötliche Geschoß unbarmherzig nennt; [Annotation]

wenn es heißt: Wie p1b_161.028
lauscht die strohgedeckte Hütte (Annette von Droste-Hülshoff); [Annotation] oder: Es zürnt p1b_161.029
der umhüllenden Fessel die Knospe (Platen). [Annotation]

p1b_161.030
Weitere Beispiele:

p1b_161.031

a.

Die goldenen Sterne grüßen p1b_161.032
So klein vom Himmelszelt, p1b_161.033
Es geht ein Wehn und Küssen p1b_161.034
Heimlich durch alle Welt. p1b_161.035
Die Blumen selber neigen p1b_161.036
Sehnsüchtig einander sich zu ...
p1b_161.037

(Geibel.)

[Annotation] p1b_161.038

b.

Der Frühlingswind geht klingend durch die Luft p1b_161.039
Und sprengt im Flug des Schlummers letzte Hülle.
p1b_161.040

(Th. Storm.)

[Annotation] p1b_161.041

c. Die Krone wandelte von Haupt zu Haupt.

[Annotation] p1b_161.042

d.

Vom Gebirg aus der Schlucht p1b_161.043
Stürmt des Nordwinds Wüten.
[Annotation]

p1b_161.001
ganz anders angeregt
wird, wenn das Bild zuerst als Metapher angeschlagen p1b_161.002
und dann weiter ausgemalt wird, als wenn es sofort in seiner p1b_161.003
Jntegrität ohne Beimischung des eigentlichen Gedankens erscheint und so fortgesponnen p1b_161.004
wird“ (Brinkmann). [Annotation]

Wie nahe sich Metapher und Allegorie berühren, p1b_161.005
beweist der eben Genannte an dem Beispiel Goethes: „Mir ist deutlich, p1b_161.006
daß Shakespeare habe schildern wollen: eine große That auf eine Seele p1b_161.007
gelegt, die der That nicht gewachsen ist.
Und in diesem Sinne finde ich p1b_161.008
das Stück durchgängig gearbeitet. Hier wird ein Eichbaum in köstliches p1b_161.009
Gefäß gepflanzt, das nur liebliche Blumen in seinen Schoß hätte aufnehmen p1b_161.010
sollen; die Wurzeln dehnen sich aus, das Gefäß wird zernichtet.“ [Annotation]

p1b_161.011
Wenn das Wort „hier“ fehlte, so würde der letzte Satz eine Allegorie p1b_161.012
sein. Dieses „hier“ bricht die Reinheit des Bildes, denn es bedeutet: „in p1b_161.013
diesem Stück“. Vergißt man im Verlauf das „hier“, so hat man eine p1b_161.014
Allegorie, außerdem nur eine ausgesponnene Metapher. [Annotation]

p1b_161.015
Diese ausgesponnene, mehrere Glieder umfassende Metapher ist die höchste p1b_161.016
Blüte des bildlichen Ausdrucks. Daher muß sie der Dichter beachten, lernen, p1b_161.017
üben!
[Annotation]

p1b_161.018

3. Einteilung der Metaphern.

p1b_161.019
Es giebt vier Gruppen von Metaphern, die wir unter A, B, C, D p1b_161.020
benennen und vorführen wollen, um sodann die Unterarten der Metapher p1b_161.021
in § 37 abzuhandeln.

[Annotation]
p1b_161.022
A. Vergeistigende Metapher.

p1b_161.023
Dies ist diejenige Metapher, welche das Sinnliche vergeistigt, p1b_161.024
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Thätigkeiten beilegt.

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p1b_161.026
Eine vergeistigende Metapher ist es, wenn man den See lächeln läßt; p1b_161.027
wenn man das tötliche Geschoß unbarmherzig nennt; [Annotation]

wenn es heißt: Wie p1b_161.028
lauscht die strohgedeckte Hütte (Annette von Droste-Hülshoff); [Annotation] oder: Es zürnt p1b_161.029
der umhüllenden Fessel die Knospe (Platen). [Annotation]

p1b_161.030
Weitere Beispiele:

p1b_161.031

a.

Die goldenen Sterne grüßen p1b_161.032
So klein vom Himmelszelt, p1b_161.033
Es geht ein Wehn und Küssen p1b_161.034
Heimlich durch alle Welt. p1b_161.035
Die Blumen selber neigen p1b_161.036
Sehnsüchtig einander sich zu ...
p1b_161.037

(Geibel.)

[Annotation] p1b_161.038

b.

Der Frühlingswind geht klingend durch die Luft p1b_161.039
Und sprengt im Flug des Schlummers letzte Hülle.
p1b_161.040

(Th. Storm.)

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c. Die Krone wandelte von Haupt zu Haupt.

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[161/0195] p1b_161.001 ganz anders angeregt wird, wenn das Bild zuerst als Metapher angeschlagen p1b_161.002 und dann weiter ausgemalt wird, als wenn es sofort in seiner p1b_161.003 Jntegrität ohne Beimischung des eigentlichen Gedankens erscheint und so fortgesponnen p1b_161.004 wird“ (Brinkmann). Unterkat. Mehrere Hauptsätze + Abgr. Allegorie. Quelle: Friedrich Brinkmann: Die Metaphern https://archive.org/stream/diemetaphernstu00bringoog/diemetaphernstu00bringoog_djvu.txt Wie nahe sich Metapher und Allegorie berühren, p1b_161.005 beweist der eben Genannte an dem Beispiel Goethes: „Mir ist deutlich, p1b_161.006 daß Shakespeare habe schildern wollen: eine große That auf eine Seele p1b_161.007 gelegt, die der That nicht gewachsen ist. Und in diesem Sinne finde ich p1b_161.008 das Stück durchgängig gearbeitet. Hier wird ein Eichbaum in köstliches p1b_161.009 Gefäß gepflanzt, das nur liebliche Blumen in seinen Schoß hätte aufnehmen p1b_161.010 sollen; die Wurzeln dehnen sich aus, das Gefäß wird zernichtet.“ Shakespeare (impl. Werk: Hamlet) paraphrasiert von Goethe zitiert nach Brinkmann p1b_161.011 Wenn das Wort „hier“ fehlte, so würde der letzte Satz eine Allegorie p1b_161.012 sein. Dieses „hier“ bricht die Reinheit des Bildes, denn es bedeutet: „in p1b_161.013 diesem Stück“. Vergißt man im Verlauf das „hier“, so hat man eine p1b_161.014 Allegorie, außerdem nur eine ausgesponnene Metapher. p1b_161.015 Diese ausgesponnene, mehrere Glieder umfassende Metapher ist die höchste p1b_161.016 Blüte des bildlichen Ausdrucks. Daher muß sie der Dichter beachten, lernen, p1b_161.017 üben! p1b_161.018 3. Einteilung der Metaphern. p1b_161.019 Es giebt vier Gruppen von Metaphern, die wir unter A, B, C, D p1b_161.020 benennen und vorführen wollen, um sodann die Unterarten der Metapher p1b_161.021 in § 37 abzuhandeln. p1b_161.022 A. Vergeistigende Metapher. p1b_161.023 Dies ist diejenige Metapher, welche das Sinnliche vergeistigt, p1b_161.024 indem sie ihm menschliche Gedanken, Empfindungen, Eigenschaften, p1b_161.025 Thätigkeiten beilegt. Unterkat.: Vergeistigende Metapher p1b_161.026 Eine vergeistigende Metapher ist es, wenn man den See lächeln läßt; p1b_161.027 wenn man das tötliche Geschoß unbarmherzig nennt; wenn es heißt: Wie p1b_161.028 lauscht die strohgedeckte Hütte (Annette von Droste-Hülshoff); Anette von Droste-Hülshoff: Das Haus in der Heide https://textgridrep.org/browse/-/browse/mk3c_0 oder: Es zürnt p1b_161.029 der umhüllenden Fessel die Knospe (Platen). Quelle: August von Platen, Werk? p1b_161.030 Weitere Beispiele: p1b_161.031 a. Die goldenen Sterne grüßen p1b_161.032 So klein vom Himmelszelt, p1b_161.033 Es geht ein Wehn und Küssen p1b_161.034 Heimlich durch alle Welt. p1b_161.035 Die Blumen selber neigen p1b_161.036 Sehnsüchtig einander sich zu ... p1b_161.037 (Geibel.) Emanuel Geibel: O stille dieses Verlangen! https://textgridrep.org/browse/-/browse/n62g_0#tg30.3.29 p1b_161.038 b. Der Frühlingswind geht klingend durch die Luft p1b_161.039 Und sprengt im Flug des Schlummers letzte Hülle. p1b_161.040 (Th. Storm.) Theodor Storm: Ostern https://textgridrep.org/browse/-/browse/vtg4_0 p1b_161.041 c. Die Krone wandelte von Haupt zu Haupt. p1b_161.042 d. Vom Gebirg aus der Schlucht p1b_161.043 Stürmt des Nordwinds Wüten.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/195>, abgerufen am 23.11.2024.