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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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drei letzten Silben betonungsfähig ist. Der Accent läßt sich auf diejenige p1b_218.002
Silbe nieder, durch deren Betonung Wohlklang erzeugt wird, er p1b_218.003
ist somit euphonischer Natur. Da er nie über die drittletzte p1b_218.004
Silbe zurückgeht, so trifft er in längeren Wörtern nicht die p1b_218.005
Wurzel oder den Stamm, sondern die Ableitungs- oder Flexions= p1b_218.006
Silben.

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Die Griechen wurden wahrscheinlich zu ihrem Maße nach Längen und p1b_218.008
Kürzen durch ihre vokalschweren, tönenden Endungen (z. B. der Deklination) p1b_218.009
bestimmt. Man hat sich gesagt, daß man mehr Zeit zum Aussprechen da p1b_218.010
brauche, wo Vokale zusammentreffen, wo Doppelkonsonanten durch Zusammenziehung p1b_218.011
entstehen, als da, wo einfache Vokale stehen oder ein Vokal mit dem p1b_218.012
einfachen Konsonanten verbunden ist. - Nach diesen und ähnlichen Rücksichten p1b_218.013
haben die Metriker ihre durch unzählige Ausnahmen und feine Distinktionen p1b_218.014
verwickelte Lehre über die Silbenquantität zusammengestellt, - eine Lehre, bei p1b_218.015
welcher also nicht wie in unserer neueren Metrik der Accent Sinn und Stellung p1b_218.016
des Wortes in der Rede unterscheidet, sondern die äußere Gestalt und die p1b_218.017
Zusammensetzung aus bestimmten Lauten und Lautkombinationen.

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Bei aller Vollendung hat die griechische Metrik doch noch ein recht p1b_218.019
weites Gewissen.
Man beachte beispielsweise nur, wie zuerst das Grundgesetz p1b_218.020
aufgestellt wird, daß zwei Kürzen eine Länge messen, und wie hinterher p1b_218.021
Über- und Unterlängen, irrationelle Trochäen, logaödische Verse, aufgelöste p1b_218.022
Dochmien &c. gelehrt werden, die doch kaum mehr als Prosa sind.

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Zweifelsohne hat unsere Prosodik vor der griechischen den Vorzug, daß sie p1b_218.024
nicht gestattet, innerhalb des Verses wesentlich anders zu betonen, als es der p1b_218.025
Sinn fordert. Auf diese Weise individualisiert sie und bringt so die Natürlichkeit p1b_218.026
und Wahrheit der Darstellung mit der Schönheit und der Energie des p1b_218.027
Rhythmus in Einklang.

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§ 66. Der deutsche Accent als Element unserer Prosodik.

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1. Der deutsche Accent als wichtigstes Element im metrischen Bau p1b_218.030
der dichterischen Rede hat die altklassische Quantität verwischt.

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2. Er wirkt im Gegensatz zur griechischen Betonung durch ein p1b_218.032
Forte der Aussprache.

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3. Er hat unsere Sprache zur accentuierenden entwickelt.

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1. Der deutsche Accent wird von der begrifflich bedeutsamsten Silbe angezogen p1b_218.035
und ist somit logischer Natur. Die logische Attraktion ist das p1b_218.036
Prinzip, auf welchem sämmtliche, in den späteren Paragraphen zu entwickelnden p1b_218.037
deutschen Accentgesetze beruhen. Das euphonische Prinzip läuft neben dem p1b_218.038
logischen her und fällt meist mit ihm zusammen, z. B. in Wörtern wie p1b_218.039
Vater, Hoffnung. Das logische Prinzip dominiert. So hat in Folge dieses p1b_218.040
Prinzips die besondere Hervorhebung der Stammsilben (der Silbentöne) die p1b_218.041
Endungen vernachlässigt, die Töne abgeschwächt, verschluckt, abgeschnitten. So p1b_218.042
hat der dem Sprachgebrauch folgende Accent im Deutschen (wie auch in allen

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drei letzten Silben betonungsfähig ist. Der Accent läßt sich auf diejenige p1b_218.002
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§ 66. Der deutsche Accent als Element unserer Prosodik.

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1. Der deutsche Accent als wichtigstes Element im metrischen Bau p1b_218.030
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2. Er wirkt im Gegensatz zur griechischen Betonung durch ein p1b_218.032
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/252>, abgerufen am 21.11.2024.