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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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diese halbrichtige antike Metrik nicht unmittelbar auf uns gekommen. Sie p1b_221.002
durchlief den Weg der römischen Dilettanten und Nachahmer. Diese waren die p1b_221.003
Muster des Mittelalters und gaben jener trostlosesten Epoche, welche Homer p1b_221.004
weit unter Virgil stellte, ihre Bildung. Jordan ruft aus: Wir haben uns p1b_221.005
allmählich an die Ungeheuerlichkeit der Wortstellung der römischen Dichter gewöhnt; p1b_221.006
man hat es uns so lange eingetrichtert, sie sei schön, bis wir daran p1b_221.007
glaubten. - Wir fügen hinzu: Wie sich der weiter gebildete ästhetische Sinn p1b_221.008
über die Gewöhnung an's Hergebrachte, und über die Autorität emporschwingt, p1b_221.009
so wird er sich endlich auch von den Abstraktionen der antiken Metriken emancipieren, p1b_221.010
- ja, er hat sich bereits davon losgerungen!

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Wenn es wahr ist, was ein gewiegter Sprachforscher behauptet, daß es p1b_221.012
im Anfang unserer Sprache nur die drei einfachen Vokale i, a, u neben p1b_221.013
nur einfachen Konsonanten gegeben habe
und Doppelkonsonanten p1b_221.014
wie Doppelvokale &c. erst später durch Silbenzusammenziehung entstanden seien, p1b_221.015
so ist schon dadurch bewiesen, daß ursprünglich von Quantität keine Rede sein p1b_221.016
konnte, dieselbe vielmehr erst später als etwas Künstliches aufkam. Jedenfalls p1b_221.017
entwickelten sich zuerst die allgemein musikalischen Gesetze: die phonetischen, p1b_221.018
melodischen, rhythmischen.

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§ 68. Accent und Quantität im Althochdeutschen.

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1. Jm Althochdeutschen wurde neben dem Accente auch noch der p1b_221.021
Quantität eine gewisse Rücksichtnahme gewidmet.

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2. Schon die Allitteration und die Assonanz beweisen das accentuierende p1b_221.023
Princip. Dasselbe erhielt gesteigerte Pflege durch Einführung p1b_221.024
des Reims und die damit verbundene Berücksichtigung der durch den p1b_221.025
Reim ausgezeichneten Silben.

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1. Wenn im Althochdeutschen die hochtonige Silbe infolge ihres Vokals p1b_221.027
oder infolge der Position lang war, so kam wegen dieser Länge der nächste p1b_221.028
schwere Accent schon auf die nächstfolgende Silbe (z. B. ni giskeide; oder p1b_221.029
skalkon und werkon); wenn sie kurz war, so kam der Accent auf die zweitfolgende p1b_221.030
Silbe (z. B. sagene und klagene in den Nibelungen). Solche Wörter p1b_221.031
mochten geklungen haben wie die künstlichen Längen in den humoristischen p1b_221.032
Dichtungen Eichrodts, der z. B. im Hortus deliciarum reimt:

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Also stehts im Buche Genesis, p1b_221.034
Das wir lesen, weil so schön es is, p1b_221.035
Wenn auch drin Kapitel stehn p1b_221.036
Mehr für die Erwachsenen.

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Bei den Versen im Althochdeutschen, die oft mit einem Auftakt (Anakrusis) p1b_221.038
begannen, wurde nur nach Hebungen skandiert und konnten daher - wie obige p1b_221.039
Beispiele ersehen lassen - die Senkungen sogar einmal ganz fehlen. Wir

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diese halbrichtige antike Metrik nicht unmittelbar auf uns gekommen. Sie p1b_221.002
durchlief den Weg der römischen Dilettanten und Nachahmer. Diese waren die p1b_221.003
Muster des Mittelalters und gaben jener trostlosesten Epoche, welche Homer p1b_221.004
weit unter Virgil stellte, ihre Bildung. Jordan ruft aus: Wir haben uns p1b_221.005
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─ ja, er hat sich bereits davon losgerungen!

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Wenn es wahr ist, was ein gewiegter Sprachforscher behauptet, daß es p1b_221.012
im Anfang unserer Sprache nur die drei einfachen Vokale i, a, u neben p1b_221.013
nur einfachen Konsonanten gegeben habe
und Doppelkonsonanten p1b_221.014
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konnte, dieselbe vielmehr erst später als etwas Künstliches aufkam. Jedenfalls p1b_221.017
entwickelten sich zuerst die allgemein musikalischen Gesetze: die phonetischen, p1b_221.018
melodischen, rhythmischen.

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§ 68. Accent und Quantität im Althochdeutschen.

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1. Jm Althochdeutschen wurde neben dem Accente auch noch der p1b_221.021
Quantität eine gewisse Rücksichtnahme gewidmet.

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2. Schon die Allitteration und die Assonanz beweisen das accentuierende p1b_221.023
Princip. Dasselbe erhielt gesteigerte Pflege durch Einführung p1b_221.024
des Reims und die damit verbundene Berücksichtigung der durch den p1b_221.025
Reim ausgezeichneten Silben.

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1. Wenn im Althochdeutschen die hochtonige Silbe infolge ihres Vokals p1b_221.027
oder infolge der Position lang war, so kam wegen dieser Länge der nächste p1b_221.028
schwere Accent schon auf die nächstfolgende Silbe (z. B. ní gískeíde; oder p1b_221.029
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Silbe (z. B. ságené und klágené in den Nibelungen). Solche Wörter p1b_221.031
mochten geklungen haben wie die künstlichen Längen in den humoristischen p1b_221.032
Dichtungen Eichrodts, der z. B. im Hortus deliciarum reimt:

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Also stehts im Buche Genesīs, p1b_221.034
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Wenn auch drin Kapitel stēhn p1b_221.036
Mehr für die Erwāchsenēn.

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Bei den Versen im Althochdeutschen, die oft mit einem Auftakt (Anakrusis) p1b_221.038
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/255>, abgerufen am 21.11.2024.