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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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geben zum Belege einige Verse aus dem 28. Kap. des 1. Buches der S. 43 p1b_222.002
d. B. erwähnten Evangelienharmonie: Krist von Otfried mit der neuhochdeutschen p1b_222.003
Übersetzung Johann Kelles. Der Leser wird bezüglich des Accents p1b_222.004
ersehen, wie jede Langzeile 8 Hebungen hat, wie ferner jede Langzeile aus zwei p1b_222.005
Kurzzeilen besteht, deren letzte Hebungen einen stumpfen Reim bilden, wie jede p1b_222.006
Kurzzeile vier Hebungen enthält, wovon 2 den Hochton, 2 den Tiefton tragen, p1b_222.007
wie sich die Senkungen einreihen, wie mehrfach ein Auftakt vorausgeht, wie p1b_222.008
der Hochton oder Hauptaccent in der Regel an der Stammsilbe haftet und der p1b_222.009
Nebenton (Tiefton) meistens den Bildungssilben zufällt und wie je 2 Langzeilen p1b_222.010
eine einfache epische Strophe bilden:

p1b_222.011
[Beginn Spaltensatz]
Mit allen unsen kreftin p1b_222.012
Mit aller Kraft, die in uns wohnt
p1b_222.013
er unsih uns zi leide p1b_222.014
Daß er zu unserm Jammer nicht
p1b_222.015
Thaz wir fon then bliden p1b_222.016
Daß aus der Schar der Fröhlichen
p1b_222.017
Wir unsih in then riwon p1b_222.018
Und nimmer in Verzweiflungsqual
p1b_222.019
Thaz si uns thiu wintworfa p1b_222.020
Daß uns die Schwinge, die er führt,
p1b_222.021
iz unsih mit giwelti p1b_222.022
Und nimmer sie mit Sturmgewalt
p1b_222.023
Joh in fiure after thiu p1b_222.024
Daß nimmer wir im Feuer dann
p1b_222.025
wir mit ginadon sinen p1b_222.026
Laßt bitten uns, daß wir entgehn
p1b_222.027
Thaz hirta sine uns warten, p1b_222.028
Daß warten seine Hirten uns
p1b_222.029
ioh unsih ouh nirwannon p1b_222.030
Und niemals aus dem Gottes Korn
p1b_222.031
Wir unsih muazin samanon p1b_222.032
Laß bitten uns, daß wir dereinst
p1b_222.033
mit werkon filu riche p1b_222.034
Gesellen uns zur heilgen Zahl
p1b_222.035
In hoho guallichi; p1b_222.036
Zu übergroßer Herrlichkeit;
p1b_222.037
bimiden theso grunni p1b_222.038
Wenn wir befreit sind dieser Qual,
p1b_222.039
Joh muazin mit then druton p1b_222.040
Und dürfen mit den Heiligen dann
p1b_222.041
then spihiri iamer suazan p1b_222.042
Und nützen voller Seligkeit
[Spaltenumbruch] p1b_222.101
bittemes nu druhtin, p1b_222.102
Laßt uns nun flehen zu dem Herrn,
p1b_222.103
fon then guaten ni gisceide; p1b_222.104
Uns scheide aus der Guten Zahl;
p1b_222.105
mit leidu ni gisceiden, p1b_222.106
Wir nimmer scheiden uns zum Leid,
p1b_222.107
ni muazin io biscowon; p1b_222.108
Wir schauen uns in Ewigkeit.
p1b_222.109
in themo urdeile elfa, p1b_222.110
Einst gnädig sei bei dem Gericht,
p1b_222.111
ni firwae unz in enti, p1b_222.112
Verwehe und vernichte uns.
p1b_222.113
thar ni brinnen io so spriu; p1b_222.114
Verbrennen so wie taube Spreu.
p1b_222.115
then wewon bimiden; p1b_222.116
Dem Unglück durch die Gnade sein,
p1b_222.117
inti unsih io gihalten, p1b_222.118
Und immer uns erhalten wohl,
p1b_222.119
uzar then gotes kornon; p1b_222.120
Uns schwingen wegen unsrer Schuld.
p1b_222.121
zen gotes druttheganon, p1b_222.122
Mit guten Werken wohl geziert
p1b_222.123
zi themo hohen himilriche p1b_222.124
Dort oben in dem Himmelreich
p1b_222.125
theist awr thaz himilrichi; p1b_222.126
Das wieder ist das Himmelreich,
p1b_222.127
thuruh thio ewinigon wunni, p1b_222.128
Erfreuen ewger Wonne uns,
p1b_222.129
thes himilriches nioton, p1b_222.130
Genießen stets das Himmelreich,
p1b_222.131
mit salidon niazan, p1b_222.132
Des Speichers stete Süßigkeit,
[Ende Spaltensatz]

p1b_222.001
geben zum Belege einige Verse aus dem 28. Kap. des 1. Buches der S. 43 p1b_222.002
d. B. erwähnten Evangelienharmonie: Krist von Otfried mit der neuhochdeutschen p1b_222.003
Übersetzung Johann Kelles. Der Leser wird bezüglich des Accents p1b_222.004
ersehen, wie jede Langzeile 8 Hebungen hat, wie ferner jede Langzeile aus zwei p1b_222.005
Kurzzeilen besteht, deren letzte Hebungen einen stumpfen Reim bilden, wie jede p1b_222.006
Kurzzeile vier Hebungen enthält, wovon 2 den Hochton, 2 den Tiefton tragen, p1b_222.007
wie sich die Senkungen einreihen, wie mehrfach ein Auftakt vorausgeht, wie p1b_222.008
der Hochton oder Hauptaccent in der Regel an der Stammsilbe haftet und der p1b_222.009
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eine einfache epische Strophe bilden:

p1b_222.011
[Beginn Spaltensatz]
Mit állen unsen kréftin p1b_222.012
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Thaz sí uns thiu wíntworfa p1b_222.020
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Und niemals aus dem Gottes Korn
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Wir únsih muazin sámanon p1b_222.032
Laß bitten uns, daß wir dereinst
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p1b_222.035
In hoho gúallichi; p1b_222.036
Zu übergroßer Herrlichkeit;
p1b_222.037
bimíden theso grúnni p1b_222.038
Wenn wir befreit sind dieser Qual,
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              <lb n="p1b_222.120"/>
              <l> Uns schwingen wegen unsrer Schuld. </l>
            </lg>
            <lg>
              <lb n="p1b_222.121"/>
              <l><hi rendition="#aq">zen gotes drútthéganon</hi>,</l>
              <lb n="p1b_222.122"/>
              <l>Mit guten Werken wohl geziert </l>
            </lg>
            <lg>
              <lb n="p1b_222.123"/>
              <l> <hi rendition="#aq">zi themo hohen hímilriche</hi> </l>
              <lb n="p1b_222.124"/>
              <l> Dort oben in dem Himmelreich </l>
            </lg>
            <lg>
              <lb n="p1b_222.125"/>
              <l><hi rendition="#aq">theist awr thaz hímilrichi</hi>;</l>
              <lb n="p1b_222.126"/>
              <l>Das wieder ist das Himmelreich, </l>
            </lg>
            <lg>
              <lb n="p1b_222.127"/>
              <l><hi rendition="#aq">thuruh thio éwinigon wunni</hi>,</l>
              <lb n="p1b_222.128"/>
              <l> Erfreuen ewger Wonne uns, </l>
            </lg>
            <lg>
              <lb n="p1b_222.129"/>
              <l><hi rendition="#aq">thes hímilriches níoton</hi>,</l>
              <lb n="p1b_222.130"/>
              <l>Genießen stets das Himmelreich, </l>
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            <lg>
              <lb n="p1b_222.131"/>
              <l><hi rendition="#aq">mit sálidon níazan</hi>,</l>
              <lb n="p1b_222.132"/>
              <l> Des Speichers stete Süßigkeit,</l>
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[222/0256] p1b_222.001 geben zum Belege einige Verse aus dem 28. Kap. des 1. Buches der S. 43 p1b_222.002 d. B. erwähnten Evangelienharmonie: Krist von Otfried mit der neuhochdeutschen p1b_222.003 Übersetzung Johann Kelles. Der Leser wird bezüglich des Accents p1b_222.004 ersehen, wie jede Langzeile 8 Hebungen hat, wie ferner jede Langzeile aus zwei p1b_222.005 Kurzzeilen besteht, deren letzte Hebungen einen stumpfen Reim bilden, wie jede p1b_222.006 Kurzzeile vier Hebungen enthält, wovon 2 den Hochton, 2 den Tiefton tragen, p1b_222.007 wie sich die Senkungen einreihen, wie mehrfach ein Auftakt vorausgeht, wie p1b_222.008 der Hochton oder Hauptaccent in der Regel an der Stammsilbe haftet und der p1b_222.009 Nebenton (Tiefton) meistens den Bildungssilben zufällt und wie je 2 Langzeilen p1b_222.010 eine einfache epische Strophe bilden: p1b_222.011 Mit állen unsen kréftin p1b_222.012 Mit aller Kraft, die in uns wohnt p1b_222.013 er únsih uns zi léide p1b_222.014 Daß er zu unserm Jammer nicht p1b_222.015 Tház wir fon then blíden p1b_222.016 Daß aus der Schar der Fröhlichen p1b_222.017 Wir únsih in then ríwon p1b_222.018 Und nimmer in Verzweiflungsqual p1b_222.019 Thaz sí uns thiu wíntworfa p1b_222.020 Daß uns die Schwinge, die er führt, p1b_222.021 iz únsih mit giwélti p1b_222.022 Und nimmer sie mit Sturmgewalt p1b_222.023 Joh in fíure after thíu p1b_222.024 Daß nimmer wir im Feuer dann p1b_222.025 wir mit ginádon sinen p1b_222.026 Laßt bitten uns, daß wir entgehn p1b_222.027 Thaz hírta sine uns wárten, p1b_222.028 Daß warten seine Hirten uns p1b_222.029 ioh únsih ouh nirwánnon p1b_222.030 Und niemals aus dem Gottes Korn p1b_222.031 Wir únsih muazin sámanon p1b_222.032 Laß bitten uns, daß wir dereinst p1b_222.033 mit wérkon filu riche p1b_222.034 Gesellen uns zur heilgen Zahl p1b_222.035 In hoho gúallichi; p1b_222.036 Zu übergroßer Herrlichkeit; p1b_222.037 bimíden theso grúnni p1b_222.038 Wenn wir befreit sind dieser Qual, p1b_222.039 Joh múazin mit then drúton p1b_222.040 Und dürfen mit den Heiligen dann p1b_222.041 then spíhiri íámer súazan p1b_222.042 Und nützen voller Seligkeit p1b_222.101 bíttemes nu drúhtin, p1b_222.102 Laßt uns nun flehen zu dem Herrn, p1b_222.103 fon then gúaten ni giscéide; p1b_222.104 Uns scheide aus der Guten Zahl; p1b_222.105 mit léidu ni giscéiden, p1b_222.106 Wir nimmer scheiden uns zum Leid, p1b_222.107 ni múazin íó biscówon; p1b_222.108 Wir schauen uns in Ewigkeit. p1b_222.109 in themo úrdeile élfa, p1b_222.110 Einst gnädig sei bei dem Gericht, p1b_222.111 ni firwáe unz in énti, p1b_222.112 Verwehe und vernichte uns. p1b_222.113 thar ni brínnen io so spríu; p1b_222.114 Verbrennen so wie taube Spreu. p1b_222.115 then wéwon bimíden; p1b_222.116 Dem Unglück durch die Gnade sein, p1b_222.117 inti únsih íó gihálten, p1b_222.118 Und immer uns erhalten wohl, p1b_222.119 uzar then gótes kornon; p1b_222.120 Uns schwingen wegen unsrer Schuld. p1b_222.121 zen gotes drútthéganon, p1b_222.122 Mit guten Werken wohl geziert p1b_222.123 zi themo hohen hímilriche p1b_222.124 Dort oben in dem Himmelreich p1b_222.125 theist awr thaz hímilrichi; p1b_222.126 Das wieder ist das Himmelreich, p1b_222.127 thuruh thio éwinigon wunni, p1b_222.128 Erfreuen ewger Wonne uns, p1b_222.129 thes hímilriches níoton, p1b_222.130 Genießen stets das Himmelreich, p1b_222.131 mit sálidon níazan, p1b_222.132 Des Speichers stete Süßigkeit,

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/256>, abgerufen am 21.11.2024.