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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Silben tüm und er in ihrer Betonung wesentlich von einander verschieden. Ferner p1b_241.002
übt es auf die Betonung Einfluß, wenn die Nebensilbe einen langen Vokal hat, p1b_241.003
z. B. Hei5mma3t und hei5mli2ch oder anhe5ime1ln. Die Silbe at ist hier mitteltonig.

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3. Verhältnis zur Umgebung. Je nach ihrer Beziehung können p1b_241.005
mitteltonige Silben tieftonig, schwachtonige Silben mitteltonig werden und p1b_241.006
umgekehrt &c.

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Wie mitteltonige Silben zu tieftonigen werden können, mögen p1b_241.008
Beispiele zeigen. Es macht z. B. die enge Verbindung mit dem Stamm in p1b_241.009
"lieblich" die Silbe lich zur mitteltonigen Thesis. Die Trennung vom Stamm p1b_241.010
durch die unbetonte Silbe er macht die Silbe lich zur 4gradigen Arsis in p1b_241.011
Wörtern wie wu5nde1rli4ch, verä5nde1rli4ch. Hießen die Worte wundlich und p1b_241.012
veränndlich, so würde die Nachsilbe nur eine mitteltonige Thesis sein. Man p1b_241.013
vgl. noch tü5cki3sch und wä5hle1ri4sch; Fre5undi3n und E5nke1li4nne1n; Lu5dwi3g und p1b_241.014
Lu5de1wi4g; Spä5tli3ng und Si5lbe1rli4nge1; Ä5nd'ru3ng und Ä5nde1ru4nge1n; Fe5uru3ng p1b_241.015
und Fe5ue1ru4nge1n; Fä5ulni3s und Fi5nste1rni4sse1.

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Hochtonige Silben können mitteltonig werden, wenn sie Silben p1b_241.017
anhängen, z. B. Gro5ßva4te1r und gro3ßvä5terli2ch; A5bsche4u und a3bsche5uli2ch; A5llma4cht p1b_241.018
und a3llmä5chti2g; he5rzlo4s und he3rzlo5se1r; ju5ge1ndfri4sch und ju4ge1ndfri5sche1r; p1b_241.019
vo5reingenommen und u5nvo3reingenommen.

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Mitteltonige Silben, welche durch Anhängung an Formsilben tieftonig p1b_241.021
wurden (z. B. zwa5nzi3gfa4ch, Ki5nde1le4in), werden wieder mitteltonig, wenn p1b_241.022
hochtonige Silben folgen (z. B. zwa5nzi3gfa3ch lo5hne1n, oder Ki5nde1le3in li5ebe1n). p1b_241.023
Hochtonige Silben können leicht werden bei Anfügung mehrerer Silben, z. B. p1b_241.024
Ba5by2lo4n und babylonische Gänrten; Acheron und acheronisches bitteres Wasser. p1b_241.025
Der forteilende Fluß des anapästischen Rhythmus (Breve Breve -) veranlaßt hier die p1b_241.026
Tonverschiebung.

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Gewisse Komparationsformen (die wir übrigens nicht für die Versbildung p1b_241.028
empfehlen wollen, da sie nur in dem Accentverse Verwertung finden dürfen) p1b_241.029
erheben im Verse zuweilen eine fast unbetonte Silbe zur mitteltonigen, z. B. p1b_241.030
kli5nge1nde3re1, e5ile1nde3re1. Mittelmäßige Dichter brauchen solche mitteltonige Silben p1b_241.031
mit Unrecht für tieftonige. Zwei oder drei oder gar vier der schweren Silbe p1b_241.032
folgende Thesen sind unserer Zunge unbequem. Sie will zur Abwechslung p1b_241.033
betonte Silben und strebt zu elidieren. Darin liegt eine Eigentümlichkeit des p1b_241.034
deutschen Rhythmus, der ebensowenig mehrere leichte Silben als schwere eng p1b_241.035
hintereinander vertragen mag. Wir haben außer Hansnarr und Hansdampf p1b_241.036
ebenso wenig Spondeen (- -) als Molosse (- - -), ein Vorzug, den die

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Silben tüm und er in ihrer Betonung wesentlich von einander verschieden. Ferner p1b_241.002
übt es auf die Betonung Einfluß, wenn die Nebensilbe einen langen Vokal hat, p1b_241.003
z. B. Heī5m̄a3t und hei5mli2ch oder anhe5ime1ln. Die Silbe at ist hier mitteltonig.

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3. Verhältnis zur Umgebung. Je nach ihrer Beziehung können p1b_241.005
mitteltonige Silben tieftonig, schwachtonige Silben mitteltonig werden und p1b_241.006
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Wie mitteltonige Silben zu tieftonigen werden können, mögen p1b_241.008
Beispiele zeigen. Es macht z. B. die enge Verbindung mit dem Stamm in p1b_241.009
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durch die unbetonte Silbe er macht die Silbe lich zur 4gradigen Arsis in p1b_241.011
Wörtern wie wu5nde1rli4ch, verä5nde1rli4ch. Hießen die Worte wūndlĭch und p1b_241.012
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Hochtonige Silben können mitteltonig werden, wenn sie Silben p1b_241.017
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Mitteltonige Silben, welche durch Anhängung an Formsilben tieftonig p1b_241.021
wurden (z. B. zwa5nzi3gfa4ch, Ki5nde1le4in), werden wieder mitteltonig, wenn p1b_241.022
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Tonverschiebung.

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Gewisse Komparationsformen (die wir übrigens nicht für die Versbildung p1b_241.028
empfehlen wollen, da sie nur in dem Accentverse Verwertung finden dürfen) p1b_241.029
erheben im Verse zuweilen eine fast unbetonte Silbe zur mitteltonigen, z. B. p1b_241.030
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mit Unrecht für tieftonige. Zwei oder drei oder gar vier der schweren Silbe p1b_241.032
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betonte Silben und strebt zu elidieren. Darin liegt eine Eigentümlichkeit des p1b_241.034
deutschen Rhythmus, der ebensowenig mehrere leichte Silben als schwere eng p1b_241.035
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[241/0275] p1b_241.001 Silben tüm und er in ihrer Betonung wesentlich von einander verschieden. Ferner p1b_241.002 übt es auf die Betonung Einfluß, wenn die Nebensilbe einen langen Vokal hat, p1b_241.003 z. B. Heī5m̄a3t und hei5mli2ch oder anhe5ime1ln. Die Silbe at ist hier mitteltonig. p1b_241.004 3. Verhältnis zur Umgebung. Je nach ihrer Beziehung können p1b_241.005 mitteltonige Silben tieftonig, schwachtonige Silben mitteltonig werden und p1b_241.006 umgekehrt &c. p1b_241.007 Wie mitteltonige Silben zu tieftonigen werden können, mögen p1b_241.008 Beispiele zeigen. Es macht z. B. die enge Verbindung mit dem Stamm in p1b_241.009 „lieblich“ die Silbe lich zur mitteltonigen Thesis. Die Trennung vom Stamm p1b_241.010 durch die unbetonte Silbe er macht die Silbe lich zur 4gradigen Arsis in p1b_241.011 Wörtern wie wu5nde1rli4ch, verä5nde1rli4ch. Hießen die Worte wūndlĭch und p1b_241.012 vĕrǟndlĭch, so würde die Nachsilbe nur eine mitteltonige Thesis sein. Man p1b_241.013 vgl. noch tü5cki3sch und wä5hle1ri4sch; Fre5undi3n und E5nke1li4nne1n; Lu5dwi3g und p1b_241.014 Lu5de1wi4g; Spä5tli3ng und Si5lbe1rli4nge1; Ä5nd’ru3ng und Ä5nde1ru4nge1n; Fe5uru3ng p1b_241.015 und Fe5ue1ru4nge1n; Fä5ulni3s und Fi5nste1rni4sse1. p1b_241.016 Hochtonige Silben können mitteltonig werden, wenn sie Silben p1b_241.017 anhängen, z. B. Gro5ßva4te1r und gro3ßvä5terli2ch; A5bsche4u und a3bsche5uli2ch; A5llma4cht p1b_241.018 und a3llmä5chti2g; he5rzlo4s und he3rzlo5se1r; ju5ge1ndfri4sch und ju4ge1ndfri5sche1r; p1b_241.019 vo5reingenommen und u5nvo3reingenommen. p1b_241.020 Mitteltonige Silben, welche durch Anhängung an Formsilben tieftonig p1b_241.021 wurden (z. B. zwa5nzi3gfa4ch, Ki5nde1le4in), werden wieder mitteltonig, wenn p1b_241.022 hochtonige Silben folgen (z. B. zwā5nzĭ3gfă3ch lō5hnĕ1n, oder Kī5ndĕ1lĕ3in lī5ebĕ1n). p1b_241.023 Hochtonige Silben können leicht werden bei Anfügung mehrerer Silben, z. B. p1b_241.024 Bā5by2̆lō4n und băby̆lōnĭschĕ Gǟrten; Āchĕrōn und ăchĕrōnisches bītteres Wāsser. p1b_241.025 Der forteilende Fluß des anapästischen Rhythmus (⏑ ⏑ –) veranlaßt hier die p1b_241.026 Tonverschiebung. p1b_241.027 Gewisse Komparationsformen (die wir übrigens nicht für die Versbildung p1b_241.028 empfehlen wollen, da sie nur in dem Accentverse Verwertung finden dürfen) p1b_241.029 erheben im Verse zuweilen eine fast unbetonte Silbe zur mitteltonigen, z. B. p1b_241.030 kli5nge1nde3re1, e5ile1nde3re1. Mittelmäßige Dichter brauchen solche mitteltonige Silben p1b_241.031 mit Unrecht für tieftonige. Zwei oder drei oder gar vier der schweren Silbe p1b_241.032 folgende Thesen sind unserer Zunge unbequem. Sie will zur Abwechslung p1b_241.033 betonte Silben und strebt zu elidieren. Darin liegt eine Eigentümlichkeit des p1b_241.034 deutschen Rhythmus, der ebensowenig mehrere leichte Silben als schwere eng p1b_241.035 hintereinander vertragen mag. Wir haben außer Hānsnārr und Hānsdāmpf p1b_241.036 ebenso wenig Spondeen (– –) als Molosse (– – –), ein Vorzug, den die

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

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Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/275>, abgerufen am 22.11.2024.