Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_251.001 p1b_251.003 Die Poesie in allen ihren Zungen p1b_251.005 p1b_251.008Jst dem Geweihten Eine Sprache nur, p1b_251.006 Die Sprache, die im Paradies verklungen, p1b_251.007 Eh' sie verwildert auf der wilden Flur. (Rückert in "Hamasa".) p1b_251.009 p1b_251.013 Glünhende | Sonnen des | Himmels, mich | euerem | Auge zu | bergen. p1b_251.018 Mog' es | Jedem | so ge | lingen p1b_251.020 Wie dem | Herrn Trom | peter | Werner p1b_251.021 An dem | Rheine | zu Säk | kingen. (Scheffel.) p1b_251.022 p1b_251.030 Wer dem Geheimnis frei sich unterordnet p1b_251.032 Und mit den Bründern freudig vorwärts dringt p1b_251.033 Und wer mit ihnen gern sich unterredet &c. p1b_251.034 p1b_251.038 p1b_251.001 p1b_251.003 Die Poesie in allen ihren Zungen p1b_251.005 p1b_251.008Jst dem Geweihten Eine Sprache nur, p1b_251.006 Die Sprache, die im Paradies verklungen, p1b_251.007 Eh' sie verwildert auf der wilden Flur. (Rückert in „Hamasa“.) p1b_251.009 p1b_251.013 Glǖhende │ Sōnnen des │ Hīmmels, mich │ eūerem │ Aūge zu │ bērgen. p1b_251.018 Mȫg' es │ Jēdem │ sō ge │ līngen p1b_251.020 Wīe dem │ Hērrn Trom │ pēter │ Wērner p1b_251.021 Ān dem │ Rhēine │ zū Säk │ kīngen. (Scheffel.) p1b_251.022 p1b_251.030 Wer dēm Geheīmnis frēi sich ūnterōrdnet p1b_251.032 Und mīt den Brǖdern freūdig vōrwärts drīngt p1b_251.033 Und wēr mit īhnen gērn sich ūnterrēdet &c. p1b_251.034 p1b_251.038 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0285" n="251"/><lb n="p1b_251.001"/> durch die Zahlwörter <hi rendition="#g">drei, sechs, neun,</hi> dann durch die Substantiva <lb n="p1b_251.002"/> <hi rendition="#g">Thaler</hi> und <hi rendition="#g">Dukaten.</hi></p> <p><lb n="p1b_251.003"/> Jm folgenden Beispiel betont der Satzaccent die Worte: <hi rendition="#g">allen, Eine</hi> und <hi rendition="#g">die.</hi></p> <lb n="p1b_251.004"/> <lg> <l>Die Poesie in <hi rendition="#g">allen</hi> ihren Zungen</l> <lb n="p1b_251.005"/> <l>Jst dem Geweihten <hi rendition="#g">Eine</hi> Sprache nur,</l> <lb n="p1b_251.006"/> <l><hi rendition="#g">Die</hi> Sprache, die im Paradies verklungen,</l> <lb n="p1b_251.007"/> <l>Eh' sie ver<hi rendition="#g">wildert</hi> auf der wilden Flur.</l> </lg> <lb n="p1b_251.008"/> <p> <hi rendition="#right">(Rückert in „Hamasa“.)</hi> </p> </div> <div n="4"> <p><lb n="p1b_251.009"/><hi rendition="#aq">c</hi>. <hi rendition="#g">Versaccent.</hi> Jm Verse entsteht durch die regelmäßige Abwechslung <lb n="p1b_251.010"/> der Arsen und Thesen eine bestimmte wellenförmige Bewegung, die man den <lb n="p1b_251.011"/> Versrhythmus nennt. Die lateinische Benennung für Versaccent oder rhythmischen <lb n="p1b_251.012"/> Accent ist seit Quintilian „<hi rendition="#aq">ictus</hi>“.</p> <p><lb n="p1b_251.013"/> Jm nachfolgenden Beispiele stimmen alle Accente, welche das gebildete <lb n="p1b_251.014"/> Gefühl den Wörtern verleiht, mit den Hebungen des Verses, d. h. also mit <lb n="p1b_251.015"/> dem <hi rendition="#g">Versaccent</hi> zusammen, was einen selbst dem ungeübten Ohre wohlthuenden <lb n="p1b_251.016"/> Rhythmus verleiht:</p> <lb n="p1b_251.017"/> <lg> <l>Glǖhende │ Sōnnen des │ Hīmmels, mich │ eūerem │ Aūge zu │ bērgen.</l> </lg> <p> <lb n="p1b_251.018"/> <hi rendition="#g">Weiteres Beispiel:</hi> </p> <lb n="p1b_251.019"/> <lg> <l>Mȫg' es │ <hi rendition="#g">Jēdem</hi> │ sō ge │ līngen</l> <lb n="p1b_251.020"/> <l>Wīe dem │ Hērrn Trom │ pēter │ Wērner</l> <lb n="p1b_251.021"/> <l>Ān dem │ <hi rendition="#g">Rhēine</hi> │ zū <hi rendition="#g">Säk</hi> │ kīngen.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Scheffel.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_251.022"/> Jn diesem Beispiele haben wir den von Takt zu Takt wiederkehrenden, <lb n="p1b_251.023"/> auf der ersten Silbe jedes Taktes ruhenden Versaccent (─) bezeichnet. Der <lb n="p1b_251.024"/> Silben- und Wortaccent fällt hier mit dem Versaccent zusammen bis zum <lb n="p1b_251.025"/> vorletzten Takt. Hier fordert unser Gehör die Vernachlässigung des Versaccents <lb n="p1b_251.026"/> zu Gunsten des Satzaccents, indem die Stammsilbe in Sǟkkingen den Ton <lb n="p1b_251.027"/> erhält, während die arsischen Silben <hi rendition="#g">zu</hi> und <hi rendition="#g">king</hi> leichtere Betonung erhalten. <lb n="p1b_251.028"/> Der Satzaccent fordert sonst nur Betonung der Wörter Jēdem, Rhēine und <lb n="p1b_251.029"/> Sǟkkingen.</p> <p> <lb n="p1b_251.030"/> <hi rendition="#g">Ferneres Beispiel:</hi> </p> <lb n="p1b_251.031"/> <lg> <l><hi rendition="#g">Wer</hi> dēm Geheīmnis <hi rendition="#g">frēi</hi> sich ūnterōrdnet</l> <lb n="p1b_251.032"/> <l>Und mīt den Brǖdern <hi rendition="#g">freūdig</hi> vōrwärts drīngt</l> <lb n="p1b_251.033"/> <l>Und wēr mit īhnen <hi rendition="#g">gērn</hi> sich ūnter<hi rendition="#g">rēdet</hi> &c.</l> </lg> <p><lb n="p1b_251.034"/> Hier fällt der Wort- und Satzaccent nicht an allen Stellen mit dem <lb n="p1b_251.035"/> Versaccent zusammen. Gleich am Anfang wird z. B. das Wort „<hi rendition="#g">wer</hi>“ beim <lb n="p1b_251.036"/> logischen Lesen höheren Ton erhalten müssen, als die Versarsis „<hi rendition="#g">dem</hi>“. Der <lb n="p1b_251.037"/> Satzaccent fordert Hervorhebung der Wörter frēi, freūdig, gērn, rēdet.</p> <p><lb n="p1b_251.038"/> 2. Mit der Bezeichnung <hi rendition="#g">Sinnton</hi> für Silben=, Wort- und Satzton kommen <lb n="p1b_251.039"/> wir in der Verslehre vollständig aus. Er bedeutet das inhaltliche Moment, <lb n="p1b_251.040"/> während der Verston mehr auf das Formelle des Versgerüstes Einfluß übt.</p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [251/0285]
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durch die Zahlwörter drei, sechs, neun, dann durch die Substantiva p1b_251.002
Thaler und Dukaten.
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Jm folgenden Beispiel betont der Satzaccent die Worte: allen, Eine und die.
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Die Poesie in allen ihren Zungen p1b_251.005
Jst dem Geweihten Eine Sprache nur, p1b_251.006
Die Sprache, die im Paradies verklungen, p1b_251.007
Eh' sie verwildert auf der wilden Flur.
p1b_251.008
(Rückert in „Hamasa“.)
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c. Versaccent. Jm Verse entsteht durch die regelmäßige Abwechslung p1b_251.010
der Arsen und Thesen eine bestimmte wellenförmige Bewegung, die man den p1b_251.011
Versrhythmus nennt. Die lateinische Benennung für Versaccent oder rhythmischen p1b_251.012
Accent ist seit Quintilian „ictus“.
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Jm nachfolgenden Beispiele stimmen alle Accente, welche das gebildete p1b_251.014
Gefühl den Wörtern verleiht, mit den Hebungen des Verses, d. h. also mit p1b_251.015
dem Versaccent zusammen, was einen selbst dem ungeübten Ohre wohlthuenden p1b_251.016
Rhythmus verleiht:
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Glǖhende │ Sōnnen des │ Hīmmels, mich │ eūerem │ Aūge zu │ bērgen.
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Weiteres Beispiel:
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Mȫg' es │ Jēdem │ sō ge │ līngen p1b_251.020
Wīe dem │ Hērrn Trom │ pēter │ Wērner p1b_251.021
Ān dem │ Rhēine │ zū Säk │ kīngen.
(Scheffel.)
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Jn diesem Beispiele haben wir den von Takt zu Takt wiederkehrenden, p1b_251.023
auf der ersten Silbe jedes Taktes ruhenden Versaccent (─) bezeichnet. Der p1b_251.024
Silben- und Wortaccent fällt hier mit dem Versaccent zusammen bis zum p1b_251.025
vorletzten Takt. Hier fordert unser Gehör die Vernachlässigung des Versaccents p1b_251.026
zu Gunsten des Satzaccents, indem die Stammsilbe in Sǟkkingen den Ton p1b_251.027
erhält, während die arsischen Silben zu und king leichtere Betonung erhalten. p1b_251.028
Der Satzaccent fordert sonst nur Betonung der Wörter Jēdem, Rhēine und p1b_251.029
Sǟkkingen.
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Ferneres Beispiel:
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Wer dēm Geheīmnis frēi sich ūnterōrdnet p1b_251.032
Und mīt den Brǖdern freūdig vōrwärts drīngt p1b_251.033
Und wēr mit īhnen gērn sich ūnterrēdet &c.
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Hier fällt der Wort- und Satzaccent nicht an allen Stellen mit dem p1b_251.035
Versaccent zusammen. Gleich am Anfang wird z. B. das Wort „wer“ beim p1b_251.036
logischen Lesen höheren Ton erhalten müssen, als die Versarsis „dem“. Der p1b_251.037
Satzaccent fordert Hervorhebung der Wörter frēi, freūdig, gērn, rēdet.
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2. Mit der Bezeichnung Sinnton für Silben=, Wort- und Satzton kommen p1b_251.039
wir in der Verslehre vollständig aus. Er bedeutet das inhaltliche Moment, p1b_251.040
während der Verston mehr auf das Formelle des Versgerüstes Einfluß übt.
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