p1b_274.003 a. Dreisilbige Takte wechseln mit zweisilbigen. Der Grund p1b_274.004 dieses Wechsels ist meist das Bedürfnis, dreisilbige Eigennamen unterzubringen, p1b_274.005 z. B. Asien | riß sie | von Eu | ropen. (Schiller, Hero und Leander.)
p1b_274.006 b. Dreisilbige Takte bestehen ohne Unterbrechung. Dies p1b_274.007 ist eine Nachahmung der Alten. (Beispiele sind unsere Hexameter &c.)
p1b_274.008 c. Dreisilbige Takte nach bestimmter Vorschrift gemischt.p1b_274.009 Für Gewinnung eines gemischten Metrums werden nach bestimmter Regel zweiteilige p1b_274.010 Takte eingemischt. Die Griechen nannten diese gemischten Formen p1b_274.011 logaödische Metren und unterschieden daktylische und anapästische Logaöden. p1b_274.012 (Der Name bedeutet Mischung des prosaischen [logos, Breve -, - Breve] und des p1b_274.013 poetischen [aoide, Breve Breve -, Breve Breve -] Rhythmus. Beispiele dieser Form geben p1b_274.014 wir genügend in der Verslehre.)
p1b_274.015 Wir könnten auch die daktylischen Kompositionen einteilen in:
p1b_274.016 a. Dreitaktige, z. B. Glühend trifft mich der Sonne | Pfeil, still p1b_274.017 liegen die Weste.
p1b_274.018 b. Viertaktige, z. B. Ehret die Frauen! sie flechten und weben | p1b_274.019 himmlische Rosen in's irdische Leben. (Schiller.)
p1b_274.020 c. Zweitaktige, z. B. Tage der Wonne | kommt ihr so bald? (Goethe) p1b_274.021 u. s. w.
p1b_274.022 2. Anapästische Kompositionen.
p1b_274.023 Sie sind meist mit Jamben vermischt, wie z. B. Schillers Reiterlied:
p1b_274.024
Wohl auf, Kameraden, auf's Pferd, auf's Pferd &c.,p1b_274.025 Oder: Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
p1b_274.026
(Goethes Erlkönig.)
p1b_274.027 Oder der brachykatalektische Viertakter:
p1b_274.028
Mit wem ich mich traute, das sag' ich euch nicht. (akat.).p1b_274.029 Mein Schatz ist lieb und gut, (brachykatal. Nachsatz.)p1b_274.030 Trägt er eine goldene Kett' am Hals, (akat.)p1b_274.031 Trägt er einen strohernen Hut. (brachykat.)
p1b_274.032
(Goethe, Vor Gericht.)
p1b_274.033
Oder: Es war ein König in Thulep1b_274.034 Gar treu bis an das Grab u. s. w.
(Goethe.)
p1b_274.035 Zum Beweis, daß unsere Sprache reicher an Kompositionen rhythmischer p1b_274.036 Reihen sei, als andere Sprachen, könnten wir mehrfache Aussprüche p1b_274.037 von Gelehrten anführen, welche die verschiedenen Litteraturen gründlich durchgearbeitet p1b_274.038 haben und die belebende Vielgestaltigkeit durch Anwendung der p1b_274.039 "Katalexis, Prokatalexis, Dikatalexis und den verschiedenen Arten p1b_274.040 der Hyperkatalexis" (namentlich bei unserem Goethe) anerkennen konnten. p1b_274.041 Der citierte Westphal meint a. a. O. bezüglich Goethes, "daß derselbe weder p1b_274.042 von Aristophanes noch von Äschylus erreicht worden sei. Die spezifisch p1b_274.043 Äschyleische Weise, katalektische Tetrapodien mit katalektischen Dipodien und
p1b_274.001 B. Dreisilbige Metren.
p1b_274.002 1. Daktylische Kompositionen.
p1b_274.003 a. Dreisilbige Takte wechseln mit zweisilbigen. Der Grund p1b_274.004 dieses Wechsels ist meist das Bedürfnis, dreisilbige Eigennamen unterzubringen, p1b_274.005 z. B. Āsĭĕn │ rīß sĭe │ vōn Eŭ │ rōpĕn. (Schiller, Hero und Leander.)
p1b_274.006 b. Dreisilbige Takte bestehen ohne Unterbrechung. Dies p1b_274.007 ist eine Nachahmung der Alten. (Beispiele sind unsere Hexameter &c.)
p1b_274.008 c. Dreisilbige Takte nach bestimmter Vorschrift gemischt.p1b_274.009 Für Gewinnung eines gemischten Metrums werden nach bestimmter Regel zweiteilige p1b_274.010 Takte eingemischt. Die Griechen nannten diese gemischten Formen p1b_274.011 logaödische Metren und unterschieden daktylische und anapästische Logaöden. p1b_274.012 (Der Name bedeutet Mischung des prosaischen [λόγος, ⏑ –, – ⏑] und des p1b_274.013 poetischen [ἀοιδή, ⏑ ⏑ –, ⏑ ⏑ –] Rhythmus. Beispiele dieser Form geben p1b_274.014 wir genügend in der Verslehre.)
p1b_274.015 Wir könnten auch die daktylischen Kompositionen einteilen in:
p1b_274.016 a. Dreitaktige, z. B. Glühend trifft mich der Sonne │ Pfeil, still p1b_274.017 liegen die Weste.
p1b_274.018 b. Viertaktige, z. B. Ehret die Frauen! sie flechten und weben │ p1b_274.019 himmlische Rosen in's irdische Leben. (Schiller.)
p1b_274.020 c. Zweitaktige, z. B. Tage der Wonne │ kommt ihr so bald? (Goethe) p1b_274.021 u. s. w.
p1b_274.022 2. Anapästische Kompositionen.
p1b_274.023 Sie sind meist mit Jamben vermischt, wie z. B. Schillers Reiterlied:
p1b_274.024
Wohl auf, Kameraden, auf's Pferd, auf's Pferd &c.,p1b_274.025 Oder: Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
p1b_274.026
(Goethes Erlkönig.)
p1b_274.027 Oder der brachykatalektische Viertakter:
p1b_274.028
Mit wem ich mich traute, das sag' ich euch nicht. (akat.).p1b_274.029 Mein Schatz ist lieb und gut, (brachykatal. Nachsatz.)p1b_274.030 Trägt er eine goldene Kett' am Hals, (akat.)p1b_274.031 Trägt er einen strohernen Hut. (brachykat.)
p1b_274.032
(Goethe, Vor Gericht.)
p1b_274.033
Oder: Es war ein König in Thulep1b_274.034 Gar treu bis an das Grab u. s. w.
(Goethe.)
p1b_274.035 Zum Beweis, daß unsere Sprache reicher an Kompositionen rhythmischer p1b_274.036 Reihen sei, als andere Sprachen, könnten wir mehrfache Aussprüche p1b_274.037 von Gelehrten anführen, welche die verschiedenen Litteraturen gründlich durchgearbeitet p1b_274.038 haben und die belebende Vielgestaltigkeit durch Anwendung der p1b_274.039 „Katalexis, Prokatalexis, Dikatalexis und den verschiedenen Arten p1b_274.040 der Hyperkatalexis“ (namentlich bei unserem Goethe) anerkennen konnten. p1b_274.041 Der citierte Westphal meint a. a. O. bezüglich Goethes, „daß derselbe weder p1b_274.042 von Aristophanes noch von Äschylus erreicht worden sei. Die spezifisch p1b_274.043 Äschyleische Weise, katalektische Tetrapodien mit katalektischen Dipodien und
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B. Dreisilbige Metren.
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1. Daktylische Kompositionen. p1b_274.003
a. Dreisilbige Takte wechseln mit zweisilbigen. Der Grund p1b_274.004
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b. Dreisilbige Takte bestehen ohne Unterbrechung. Dies p1b_274.007
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wir genügend in der Verslehre.)
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Wir könnten auch die daktylischen Kompositionen einteilen in:
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a. Dreitaktige, z. B. Glühend trifft mich der Sonne │ Pfeil, still p1b_274.017
liegen die Weste.
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b. Viertaktige, z. B. Ehret die Frauen! sie flechten und weben │ p1b_274.019
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c. Zweitaktige, z. B. Tage der Wonne │ kommt ihr so bald? (Goethe) p1b_274.021
u. s. w.
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2. Anapästische Kompositionen. p1b_274.023
Sie sind meist mit Jamben vermischt, wie z. B. Schillers Reiterlied:
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(Goethes Erlkönig.)
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Trägt er eine goldene Kett' am Hals, (akat.) p1b_274.031
Trägt er einen strohernen Hut. (brachykat.)
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(Goethe, Vor Gericht.)
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Gar treu bis an das Grab u. s. w.
(Goethe.)
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Zum Beweis, daß unsere Sprache reicher an Kompositionen rhythmischer p1b_274.036
Reihen sei, als andere Sprachen, könnten wir mehrfache Aussprüche p1b_274.037
von Gelehrten anführen, welche die verschiedenen Litteraturen gründlich durchgearbeitet p1b_274.038
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„Katalexis, Prokatalexis, Dikatalexis und den verschiedenen Arten p1b_274.040
der Hyperkatalexis“ (namentlich bei unserem Goethe) anerkennen konnten. p1b_274.041
Der citierte Westphal meint a. a. O. bezüglich Goethes, „daß derselbe weder p1b_274.042
von Aristophanes noch von Äschylus erreicht worden sei. Die spezifisch p1b_274.043
Äschyleische Weise, katalektische Tetrapodien mit katalektischen Dipodien und
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/308>, abgerufen am 22.11.2024.
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