p1b_291.001 (- Breve) zu einem Fuße (Breve - Breve -, und: - Breve - Breve) hießen sie eine jambische p1b_291.002 oder trochäische Dipodie oder Metrum. Je nachdem bei ihnen ein Vers 1, 2, p1b_291.003 3, 4 solcher Doppel-Verstakte umfaßte, wie man sie in der Musik Allabreve= p1b_291.004 Takte nennt, bezeichnete man ihn als Monometer (Eintakter), Dimeterp1b_291.005 (Zweitakter), Trimeter (Dreitakter), Tetrameter (Viertakter) &c.
p1b_291.006 Es hieß also beispielsweise der sechstaktige Jambus
p1b_291.007
Breve - | Breve - | Breve - | Breve - | Breve - | Breve - |
p1b_291.008 bei den Griechen nicht Hexameter, sondern Trimeter, weil sie ihn aus drei p1b_291.009 Dijamben (Breve - Breve -) zusammensetzten. Der achttaktige Jambus wie der achttaktige p1b_291.010 Trochäus hieß bei ihnen aus demselben Grunde Tetrameter u. s. w.
p1b_291.011 Um noch ein Beispiel zu geben, so teilten sie diese Verse aus Sophokles' p1b_291.012 Antigone so ein:
p1b_291.013
So komm' ich lieb | dem Vater, auch | willkommen dir |p1b_291.014 O Mutter, dir | auch komm' ich lieb, | o Bruderhaupt. |
p1b_291.015 Es waren nach ihrer Bezeichnung jambische Trimeter (lat. Senare), p1b_291.016 während wir sie als sechstaktige Jamben auffassen. (Der Trimeter war p1b_291.017 in den Gesprächspartien des altklassischen Drama der gebräuchlichste Vers. p1b_291.018 Durch die griechische Messung ist der obige Vers mehr geschlossen, als durch p1b_291.019 die deutsche.)
p1b_291.020 Bei den dreisilbigen daktylischen Versen wandten auch die Griechen monopodische p1b_291.021 Messung an. Ein daktylischer Trimeter hat also nur drei Daktylen p1b_291.022 (- Breve Breve | - Breve Breve | - Breve Breve |), ein trochäischer dagegen zählte sechs Trochäen p1b_291.023 (- Breve | - Breve | - Breve | - Breve | - Breve | - Breve |). Auffallend ist es, daß die Griechen p1b_291.024 nicht auch bei den dreiteiligen anapästischen Versen (Breve Breve -) monopodische Messung p1b_291.025 anwandten. Es hat dies vielleicht seinen Grund darin, daß durch die zweisilbige p1b_291.026 Anfangsthesis dieses Fußes ein zu starker Anlauf gemacht wird, so daß p1b_291.027 man über die Arsis hinüberschießt und erst im folgenden Verstakt Ruhe erreicht p1b_291.028 (Breve Breve - Breve Breve -): also im rascheren Tempo des Anapästs, den besonders der p1b_291.029 Rhythmus der Marschlieder gebieterisch verlangte.
p1b_291.030 § 99. Skandieren, Skansion.
p1b_291.031 Die Beurteilung und Untersuchung der Verse in Hinsicht auf p1b_291.032 Metren oder Verstakte wie in Hinsicht auf rhythmische Bewegung p1b_291.033 heißt man Skansion (von scando == steigen, vgl. Schillers Distichon: p1b_291.034 Jm Hexameter steigt &c. Versum scandere == skandieren).
p1b_291.035 Skandieren heißt auch, die Verse so lesen, daß die einzelnen betonten p1b_291.036 Glieder taktartig genau herausgehoben werden, so daß einzelne Laute hervortreten, p1b_291.037 andere zurückgedrängt werden. Es heißt, die musikalische Bewegung p1b_291.038 des Verses - den Vers-Rhythmus - erkennen und lesend zum Ausdruck p1b_291.039 bringen. Jn der Musik besorgt der Dirigent die Skansion durch Taktschläge. p1b_291.040 Dies kann auch beim Lesen eines Gedichts geschehen. Jn diesem Falle nennt
p1b_291.001 (– ⏑) zu einem Fuße (⏑ – ⏑ –, und: – ⏑ – ⏑) hießen sie eine jambische p1b_291.002 oder trochäische Dipodie oder Metrum. Je nachdem bei ihnen ein Vers 1, 2, p1b_291.003 3, 4 solcher Doppel-Verstakte umfaßte, wie man sie in der Musik Allabreve= p1b_291.004 Takte nennt, bezeichnete man ihn als Monometer (Eintakter), Dimeterp1b_291.005 (Zweitakter), Trimeter (Dreitakter), Tetrameter (Viertakter) &c.
p1b_291.006 Es hieß also beispielsweise der sechstaktige Jambus
p1b_291.007
⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │
p1b_291.008 bei den Griechen nicht Hexameter, sondern Trimeter, weil sie ihn aus drei p1b_291.009 Dijamben (⏑ – ⏑ –) zusammensetzten. Der achttaktige Jambus wie der achttaktige p1b_291.010 Trochäus hieß bei ihnen aus demselben Grunde Tetrameter u. s. w.
p1b_291.011 Um noch ein Beispiel zu geben, so teilten sie diese Verse aus Sophokles' p1b_291.012 Antigone so ein:
p1b_291.013
So komm' ich lieb │ dem Vater, auch │ willkommen dir │p1b_291.014 O Mutter, dir │ auch komm' ich lieb, │ o Bruderhaupt. │
p1b_291.015 Es waren nach ihrer Bezeichnung jambische Trimeter (lat. Senare), p1b_291.016 während wir sie als sechstaktige Jamben auffassen. (Der Trimeter war p1b_291.017 in den Gesprächspartien des altklassischen Drama der gebräuchlichste Vers. p1b_291.018 Durch die griechische Messung ist der obige Vers mehr geschlossen, als durch p1b_291.019 die deutsche.)
p1b_291.020 Bei den dreisilbigen daktylischen Versen wandten auch die Griechen monopodische p1b_291.021 Messung an. Ein daktylischer Trimeter hat also nur drei Daktylen p1b_291.022 (– ⏑ ⏑ │ – ⏑ ⏑ │ – ⏑ ⏑ │), ein trochäischer dagegen zählte sechs Trochäen p1b_291.023 (– ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │ – ⏑ │). Auffallend ist es, daß die Griechen p1b_291.024 nicht auch bei den dreiteiligen anapästischen Versen (⏑ ⏑ –) monopodische Messung p1b_291.025 anwandten. Es hat dies vielleicht seinen Grund darin, daß durch die zweisilbige p1b_291.026 Anfangsthesis dieses Fußes ein zu starker Anlauf gemacht wird, so daß p1b_291.027 man über die Arsis hinüberschießt und erst im folgenden Verstakt Ruhe erreicht p1b_291.028 (⏑ ⏑ – ⏑ ⏑ –): also im rascheren Tempo des Anapästs, den besonders der p1b_291.029 Rhythmus der Marschlieder gebieterisch verlangte.
p1b_291.030 § 99. Skandieren, Skansion.
p1b_291.031 Die Beurteilung und Untersuchung der Verse in Hinsicht auf p1b_291.032 Metren oder Verstakte wie in Hinsicht auf rhythmische Bewegung p1b_291.033 heißt man Skansion (von scando == steigen, vgl. Schillers Distichon: p1b_291.034 Jm Hexameter steigt &c. Versum scandere == skandieren).
p1b_291.035 Skandieren heißt auch, die Verse so lesen, daß die einzelnen betonten p1b_291.036 Glieder taktartig genau herausgehoben werden, so daß einzelne Laute hervortreten, p1b_291.037 andere zurückgedrängt werden. Es heißt, die musikalische Bewegung p1b_291.038 des Verses ─ den Vers-Rhythmus ─ erkennen und lesend zum Ausdruck p1b_291.039 bringen. Jn der Musik besorgt der Dirigent die Skansion durch Taktschläge. p1b_291.040 Dies kann auch beim Lesen eines Gedichts geschehen. Jn diesem Falle nennt
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oder trochäische Dipodie oder Metrum. Je nachdem bei ihnen ein Vers 1, 2, p1b_291.003
3, 4 solcher Doppel-Verstakte umfaßte, wie man sie in der Musik Allabreve= p1b_291.004
Takte nennt, bezeichnete man ihn als Monometer (Eintakter), Dimeter p1b_291.005
(Zweitakter), Trimeter (Dreitakter), Tetrameter (Viertakter) &c.
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Es hieß also beispielsweise der sechstaktige Jambus
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⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │ ⏑ – │
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bei den Griechen nicht Hexameter, sondern Trimeter, weil sie ihn aus drei p1b_291.009
Dijamben (⏑ – ⏑ –) zusammensetzten. Der achttaktige Jambus wie der achttaktige p1b_291.010
Trochäus hieß bei ihnen aus demselben Grunde Tetrameter u. s. w.
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Um noch ein Beispiel zu geben, so teilten sie diese Verse aus Sophokles' p1b_291.012
Antigone so ein:
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So komm' ich lieb │ dem Vater, auch │ willkommen dir │ p1b_291.014
O Mutter, dir │ auch komm' ich lieb, │ o Bruderhaupt. │
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Es waren nach ihrer Bezeichnung jambische Trimeter (lat. Senare), p1b_291.016
während wir sie als sechstaktige Jamben auffassen. (Der Trimeter war p1b_291.017
in den Gesprächspartien des altklassischen Drama der gebräuchlichste Vers. p1b_291.018
Durch die griechische Messung ist der obige Vers mehr geschlossen, als durch p1b_291.019
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(– ⏑ ⏑ │ – ⏑ ⏑ │ – ⏑ ⏑ │), ein trochäischer dagegen zählte sechs Trochäen p1b_291.023
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nicht auch bei den dreiteiligen anapästischen Versen (⏑ ⏑ –) monopodische Messung p1b_291.025
anwandten. Es hat dies vielleicht seinen Grund darin, daß durch die zweisilbige p1b_291.026
Anfangsthesis dieses Fußes ein zu starker Anlauf gemacht wird, so daß p1b_291.027
man über die Arsis hinüberschießt und erst im folgenden Verstakt Ruhe erreicht p1b_291.028
(⏑ ⏑ – ⏑ ⏑ –): also im rascheren Tempo des Anapästs, den besonders der p1b_291.029
Rhythmus der Marschlieder gebieterisch verlangte.
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§ 99. Skandieren, Skansion. p1b_291.031
Die Beurteilung und Untersuchung der Verse in Hinsicht auf p1b_291.032
Metren oder Verstakte wie in Hinsicht auf rhythmische Bewegung p1b_291.033
heißt man Skansion (von scando == steigen, vgl. Schillers Distichon: p1b_291.034
Jm Hexameter steigt &c. Versum scandere == skandieren).
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Skandieren heißt auch, die Verse so lesen, daß die einzelnen betonten p1b_291.036
Glieder taktartig genau herausgehoben werden, so daß einzelne Laute hervortreten, p1b_291.037
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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