Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_316.001 p1b_316.015 Das Jch | im Jch, | Jndif || ferenz der Differenzen p1b_316.019 p1b_316.020Läßt einen völlig un || bekannten Schmack empfinden. (Weish. d. Br. 353 und 365.) p1b_316.021Macht, daß es nun die all || gemeine Wirkung thut. p1b_316.022(Ebenda 663.) p1b_316.023 p1b_316.024 Aus Herzbedarf für Herz || bedarf war es gesprochen. p1b_316.027 p1b_316.029Die Furcht vor Sonn- und Mond || verfinstrung ist geschwunden p1b_316.028 Seit bessere Natur || erkenntnis sich gefunden. (Ebenda 215.) p1b_316.030 a. Er hilft der Wissenschaft, | weil, wenn er die beschützt, p1b_316.032 p1b_316.035Er auch der Wahrheit hilft | und auch der Tugend nützt, p1b_316.033 Und ihrem größten Feind, | der Gott und sie entehrt, p1b_316.034 Dem Sohn der Finsternis, | dem Aberglauben wehrt. (Gellert.) p1b_316.036b. Das junge arge Volk | wird alle Tage schlimmer; (hyperkat.) p1b_316.037 p1b_316.038Das greift nur nach dem Schein | und freut sich nur am Schimmer. (hyperkat.) p1b_316.039Die Männer wälzen sich | gemächlich durch die Welt, (akat.) p1b_316.040 p1b_316.041Wer am bequemsten liegt, | der ist der größte Held. (akat.) (Körner, Gouvernante.) p1b_316.042c. Du glaubst, | was ich nicht glaub, || und glaubst nicht, | was ich glaube, p1b_316.043 p1b_316.044Erlaub mein Glauben mir, || wie ich dir dein's erlaube. (Rückert, Weish. d. Br. 380.) p1b_316.045 p1b_316.001 p1b_316.015 Das Jch │ im Jch, │ Jndif ‖ ferenz der Differenzen p1b_316.019 p1b_316.020Läßt einen völlig un ‖ bekannten Schmack empfinden. (Weish. d. 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Du glaubst, │ was ich nicht glaub, ‖ und glaubst nicht, │ was ich glaube, p1b_316.043 p1b_316.044Erlaub mein Glauben mir, ‖ wie ich dir dein's erlaube. (Rückert, Weish. d. Br. 380.) p1b_316.045 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0350" n="316"/> <p><lb n="p1b_316.001"/> Ein Alexandriner, der eine so schöne Abwechslung in der weiblichen und <lb n="p1b_316.002"/> männlichen Endung wie in den Cäsuren und den rhythmischen Reihen hat, <lb n="p1b_316.003"/> kann nicht klappern wie der herkömmliche, vererbte, undeutsche Alexandriner; <lb n="p1b_316.004"/> er verdient daher auch nicht mehr den Namen „Hackbrett“, den ihm der musikalische <lb n="p1b_316.005"/> Herder gegeben hatte. Freiligrath hat sich in der Behandlung dieses <lb n="p1b_316.006"/> Verses alle von Rückert errungenen Vorteile angeeignet und (wie mir scheint <lb n="p1b_316.007"/> nach Heinrich Brockes Vorgang; vgl. Brockes Hauptwerk: Jrdisches Vergnügen <lb n="p1b_316.008"/> in Gott. Hamburg 1721─48. 9 Bände) eine gewisse Abwechslung durch <lb n="p1b_316.009"/> Einstreuung kürzerer Verszeilen zu erzielen gesucht. Mit Recht hat er den <lb n="p1b_316.010"/> früheren Alexandriner einer lahmen Schindmähre, den durch Rückert veredelten <lb n="p1b_316.011"/> aber einem feurigen, in die Zügel knirschenden Araberhengste verglichen. Es <lb n="p1b_316.012"/> mochte ihm namentlich die Behandlung der gleich nach der 3. Hebung fallenden <lb n="p1b_316.013"/> Diärese und die verständnisvolle Accentuierung des Rückertschen Alexandriners <lb n="p1b_316.014"/> aufgefallen sein. Geibel wurde Nachfolger Rückerts und Freiligraths.</p> <p><lb n="p1b_316.015"/> Nur wenige Beispiele aus der ersten Zeit der Alexandriner-Bildungen <lb n="p1b_316.016"/> Rückerts finden sich, in welchen das Gesetz, die ständige Diärese an's Ende <lb n="p1b_316.017"/> des 3. Verstaktes zu stellen, verletzt ist. Z. B.:</p> <lb n="p1b_316.018"/> <lg> <l>Das Jch │ im Jch, │ Jndif ‖ ferenz der Differenzen</l> <lb n="p1b_316.019"/> <l>Läßt einen völlig un ‖ bekannten Schmack empfinden.</l> </lg> <lb n="p1b_316.020"/> <p> <hi rendition="#right">(Weish. d. Br. 353 und 365.)</hi> </p> <lb n="p1b_316.021"/> <lg> <l>Macht, daß es nun die all ‖ gemeine Wirkung thut.</l> </lg> <lb n="p1b_316.022"/> <p> <hi rendition="#right">(Ebenda 663.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_316.023"/> Der Einschnitt am Ende des 3. 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Ein Alexandriner, der eine so schöne Abwechslung in der weiblichen und p1b_316.002
männlichen Endung wie in den Cäsuren und den rhythmischen Reihen hat, p1b_316.003
kann nicht klappern wie der herkömmliche, vererbte, undeutsche Alexandriner; p1b_316.004
er verdient daher auch nicht mehr den Namen „Hackbrett“, den ihm der musikalische p1b_316.005
Herder gegeben hatte. Freiligrath hat sich in der Behandlung dieses p1b_316.006
Verses alle von Rückert errungenen Vorteile angeeignet und (wie mir scheint p1b_316.007
nach Heinrich Brockes Vorgang; vgl. Brockes Hauptwerk: Jrdisches Vergnügen p1b_316.008
in Gott. Hamburg 1721─48. 9 Bände) eine gewisse Abwechslung durch p1b_316.009
Einstreuung kürzerer Verszeilen zu erzielen gesucht. Mit Recht hat er den p1b_316.010
früheren Alexandriner einer lahmen Schindmähre, den durch Rückert veredelten p1b_316.011
aber einem feurigen, in die Zügel knirschenden Araberhengste verglichen. Es p1b_316.012
mochte ihm namentlich die Behandlung der gleich nach der 3. Hebung fallenden p1b_316.013
Diärese und die verständnisvolle Accentuierung des Rückertschen Alexandriners p1b_316.014
aufgefallen sein. Geibel wurde Nachfolger Rückerts und Freiligraths.
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Nur wenige Beispiele aus der ersten Zeit der Alexandriner-Bildungen p1b_316.016
Rückerts finden sich, in welchen das Gesetz, die ständige Diärese an's Ende p1b_316.017
des 3. Verstaktes zu stellen, verletzt ist. Z. B.:
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Das Jch │ im Jch, │ Jndif ‖ ferenz der Differenzen p1b_316.019
Läßt einen völlig un ‖ bekannten Schmack empfinden.
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(Weish. d. Br. 353 und 365.)
p1b_316.021
Macht, daß es nun die all ‖ gemeine Wirkung thut.
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(Ebenda 663.)
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Der Einschnitt am Ende des 3. Taktes ist hier ganz übersehen.
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Durch zusammengesetzte Substantive in den folgenden Beispielen ist der p1b_316.025
Fehler wenigstens in etwas gemildert.
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Aus Herzbedarf für Herz ‖ bedarf war es gesprochen. p1b_316.027
Die Furcht vor Sonn- und Mond ‖ verfinstrung ist geschwunden p1b_316.028
Seit bessere Natur ‖ erkenntnis sich gefunden.
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(Ebenda 215.)
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Weitere Beispiele gut gebauter Alexandriner:
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a.
Er hilft der Wissenschaft, │ weil, wenn er die beschützt, p1b_316.032
Er auch der Wahrheit hilft │ und auch der Tugend nützt, p1b_316.033
Und ihrem größten Feind, │ der Gott und sie entehrt, p1b_316.034
Dem Sohn der Finsternis, │ dem Aberglauben wehrt.
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(Gellert.)
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b.
Das junge arge Volk │ wird alle Tage schlimmer; (hyperkat.) p1b_316.037
Das greift nur nach dem Schein │ und freut sich nur am Schimmer.
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(hyperkat.)
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Die Männer wälzen sich │ gemächlich durch die Welt, (akat.) p1b_316.040
Wer am bequemsten liegt, │ der ist der größte Held. (akat.)
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(Körner, Gouvernante.)
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c.
Du glaubst, │ was ich nicht glaub, ‖ und glaubst nicht, │ was ich glaube, p1b_316.043
Erlaub mein Glauben mir, ‖ wie ich dir dein's erlaube.
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(Rückert, Weish. d. Br. 380.)
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(Wir verweisen auf die Alexandrinerstrophe § 182.)
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