Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_348.001 Ein goldener Becher giebt lieblichen Schein, p1b_348.003 Doch süßeres Labsal gewähret der Wein. p1b_348.004 Ach, bliebe der labende Wein mein Gewinn, p1b_348.005 So gäb' ich den goldnen Becher wohl hin.(Bürger.) p1b_348.006 Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? p1b_348.007 Es ist der Vater mit seinem Kind.(Goethe, Erlkönig.) p1b_348.008 Es war ein König in Thule p1b_348.009 Gar treu bis an das Grab.(Goethe, König in Thule.) p1b_348.010 O selige Rast, wie verlang ich dein! p1b_348.011 O herrliche Nacht, wie säumst du so lang, p1b_348.012 Da ich schaue der Sterne lichteren Schein p1b_348.013 Und hore volleren Klang.(Uhland.) p1b_348.014 p1b_348.019Jetzt ist er hinaus in die weite Welt, p1b_348.015 Hat keinen Abschied genommen, p1b_348.016 Du frischer Spielmann in Wald und Feld, p1b_348.017 Du Sonne, die meinen Tag erhellt, p1b_348.018 Wann wirst du mir wieder kommen? (Scheffel im Trompeter.) p1b_348.020 p1b_348.021 p1b_348.025 Der Frost hat mir bereifet des Hauses Dach; p1b_348.027 Doch warm ist mir's geblieben im Wohngemach. p1b_348.028 Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt; p1b_348.029 Doch fließt das Blut, das rote, durch's Herzgemach. p1b_348.030 Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sind p1b_348.031 Gegangen, all gegangen einander nach, p1b_348.032 Wo sind sie hingegangen? in's Herz hinab: p1b_348.033 Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.(Rückert.) p1b_348.034 Gesundheit, die du bis zu dem letzten Hauch p1b_348.035 Mir treu zu sein verhießest; o wandelst du u. s. w. (Herder.) p1b_348.036 § 115. Mit Spondeen gemischte Verse. p1b_348.037 p1b_348.038 p1b_348.001 Ĕin gōldener Becher giebt lieblichen Schein, p1b_348.003 Doch süßeres Labsal gewähret der Wein. p1b_348.004 Ach, bliebe der labende Wein mein Gewinn, p1b_348.005 Sŏ gäb' ich den goldnen Becher wohl hin.(Bürger.) p1b_348.006 Wer reitet so spät dŭrch Nācht ŭnd Wīnd? p1b_348.007 Es ist dĕr Vāter mit sēinĕm Kīnd.(Goethe, Erlkönig.) p1b_348.008 Es war ein König in Thule p1b_348.009 Gar treu bis an das Grab.(Goethe, König in Thule.) p1b_348.010 O selige Rast, wie verlang ich dein! p1b_348.011 O herrliche Nacht, wie säumst du so lang, p1b_348.012 Da ich schaue der Sterne lichteren Schein p1b_348.013 Ŭnd hȫrĕ vōlleren Klang.(Uhland.) p1b_348.014 p1b_348.019Jetzt ist er hinaus in die weite Welt, p1b_348.015 Hat keinen Abschied genommen, p1b_348.016 Du frischer Spielmann in Wald und Feld, p1b_348.017 Du Sonne, die meinen Tag erhellt, p1b_348.018 Wann wirst du mir wieder kommen? 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Chr.) herrührende sog. alcäische Vers, der aus <lb n="p1b_348.023"/> fünf Takten besteht, von denen die drei ersten und der fünfte jambisch <lb n="p1b_348.024"/> sind, während nur der vierte anapästisch ist (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ ⏑ – ⏑ –).</p> <p> <lb n="p1b_348.025"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_348.026"/> <lg> <l>Der Frost hat mir bereifĕt dĕs Hāuses Dach;</l> <lb n="p1b_348.027"/> <l>Doch warm ist mir's geblieben im Wohngemach.</l> <lb n="p1b_348.028"/> <l>Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt;</l> <lb n="p1b_348.029"/> <l>Doch fließt das Blut, das rote, durch's Herzgemach.</l> <lb n="p1b_348.030"/> <l>Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sind</l> <lb n="p1b_348.031"/> <l>Gegangen, all gegangen einander nach,</l> <lb n="p1b_348.032"/> <l>Wo sind sie hingegangen? in's Herz hinab:</l> <lb n="p1b_348.033"/> <l>Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.<hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_348.034"/> <l>Gesundheit, die du bis zŭ dĕm lētzten Hauch</l> <lb n="p1b_348.035"/> <l>Mir treu zu sein verhießest; o wandelst du u. s. w.</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Herder.)</hi> </p> </div> </div> <div n="3"> <lb n="p1b_348.036"/> <head> <hi rendition="#c">§ 115. 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Vgl. noch Schiller: Die Worte des Wahns; Die vier Weltalter &c.
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Ĕin gōldener Becher giebt lieblichen Schein, p1b_348.003
Doch süßeres Labsal gewähret der Wein. p1b_348.004
Ach, bliebe der labende Wein mein Gewinn, p1b_348.005
Sŏ gäb' ich den goldnen Becher wohl hin.(Bürger.)
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Wer reitet so spät dŭrch Nācht ŭnd Wīnd? p1b_348.007
Es ist dĕr Vāter mit sēinĕm Kīnd.(Goethe, Erlkönig.)
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Es war ein König in Thule p1b_348.009
Gar treu bis an das Grab.(Goethe, König in Thule.)
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O selige Rast, wie verlang ich dein! p1b_348.011
O herrliche Nacht, wie säumst du so lang, p1b_348.012
Da ich schaue der Sterne lichteren Schein p1b_348.013
Ŭnd hȫrĕ vōlleren Klang.(Uhland.)
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Jetzt ist er hinaus in die weite Welt, p1b_348.015
Hat keinen Abschied genommen, p1b_348.016
Du frischer Spielmann in Wald und Feld, p1b_348.017
Du Sonne, die meinen Tag erhellt, p1b_348.018
Wann wirst du mir wieder kommen?
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(Scheffel im Trompeter.)
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B. Der alcäische Vers.
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Zu den jambisch=anapästischen Versen zählt besonders der von p1b_348.022
Alkäos (um 610 v. Chr.) herrührende sog. alcäische Vers, der aus p1b_348.023
fünf Takten besteht, von denen die drei ersten und der fünfte jambisch p1b_348.024
sind, während nur der vierte anapästisch ist (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ ⏑ – ⏑ –).
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Beispiele:
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Der Frost hat mir bereifĕt dĕs Hāuses Dach; p1b_348.027
Doch warm ist mir's geblieben im Wohngemach. p1b_348.028
Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt; p1b_348.029
Doch fließt das Blut, das rote, durch's Herzgemach. p1b_348.030
Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sind p1b_348.031
Gegangen, all gegangen einander nach, p1b_348.032
Wo sind sie hingegangen? in's Herz hinab: p1b_348.033
Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.(Rückert.)
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Gesundheit, die du bis zŭ dĕm lētzten Hauch p1b_348.035
Mir treu zu sein verhießest; o wandelst du u. s. w.
(Herder.)
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§ 115. Mit Spondeen gemischte Verse. p1b_348.037
A. Der Hexameter (Sechstakter).
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1. Der Hexameter oder das Hexametron (ἑξάμετρος) ist ein aus p1b_348.039
sechs Metren bestehender Vers. Er stammt von den Griechen und wird
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