p1b_388.001 Sechstes Hauptstück. p1b_388.002 Die Lehre vom Gleichklang. p1b_388.003 (Reim.)
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p1b_388.004 § 123. Grundbegriffe des Gleichklangs oder Reimes.
p1b_388.005 1. Ein wesentliches Moment im deutschen Versbau ist der Gleichklang p1b_388.006 zweier oder mehrerer Laute, Silben oder Wörter im Anfange p1b_388.007 oder am Ende einer oder mehrerer Verszeilen oder Versteile. Den p1b_388.008 Gleichklang am Anfange (d. h. im ersten Teile der Wörter) nennen wir p1b_388.009 Buchstabenreim (a. Anreim oder Allitteration; b. Vokalreim oder p1b_388.010 Assonanz), den Gleichklang am Ende der Wörter Silbenreim p1b_388.011 (Konsonanz), oder Reim im engeren Sinn. Man könnte den p1b_388.012 Gleichklang als Klang-Echo (enger: als Buchstaben-Echo und Silben= p1b_388.013 Echo oder als Tonlicht) bezeichnen.
p1b_388.014 2. Wie der Rhythmus Schönheit in der Bewegung der Verse p1b_388.015 verursacht, so ist der Gleichklang eine Schönheitsäußerung in Bezug p1b_388.016 auf Ähnlichkeit oder Gleichheit der Sprachklänge.
p1b_388.017 3. Der Gleichklang hat eine logische, eine metrische nnd eine p1b_388.018 ästhetische Aufgabe und Bedeutung. Dies garantiert ihm seine Zukunft.
p1b_388.019 1. Der Gleichklang oder Reim eignet sich ganz ausnehmend für unsere p1b_388.020 deutsche Sprache, die durch ihn infolge ihrer vielen vollen Vokalschlüsse melodiösen p1b_388.021 Klang erhält. Der Mangel vollständiger Flexion beim Nomen wie beim Verbum p1b_388.022 prädestiniert unsere Sprache für den Reim. Das Wort Reim (hrimum altdeutsch, p1b_388.023 rim im Mittelhochdeutschen, rima in den romanischen Sprachen, rimep1b_388.024 im Französischen &c.) kann vom alth. reiman (== zählen) abgeleitet werden. p1b_388.025 Jm Mittelhochdeutschen bedeutet rimen soviel als reimen. Ein rimaere war p1b_388.026 ursprünglich ein Verszähler oder Reimer.
p1b_388.027 Die älteste Form des Gleichklangs ist der Buchstabenreim (vgl. § 126).
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p1b_388.004 § 123. Grundbegriffe des Gleichklangs oder Reimes.
p1b_388.005 1. Ein wesentliches Moment im deutschen Versbau ist der Gleichklang p1b_388.006 zweier oder mehrerer Laute, Silben oder Wörter im Anfange p1b_388.007 oder am Ende einer oder mehrerer Verszeilen oder Versteile. Den p1b_388.008 Gleichklang am Anfange (d. h. im ersten Teile der Wörter) nennen wir p1b_388.009 Buchstabenreim (a. Anreim oder Allitteration; b. Vokalreim oder p1b_388.010 Assonanz), den Gleichklang am Ende der Wörter Silbenreim p1b_388.011 (Konsonanz), oder Reim im engeren Sinn. Man könnte den p1b_388.012 Gleichklang als Klang-Echo (enger: als Buchstaben-Echo und Silben= p1b_388.013 Echo oder als Tonlicht) bezeichnen.
p1b_388.014 2. Wie der Rhythmus Schönheit in der Bewegung der Verse p1b_388.015 verursacht, so ist der Gleichklang eine Schönheitsäußerung in Bezug p1b_388.016 auf Ähnlichkeit oder Gleichheit der Sprachklänge.
p1b_388.017 3. Der Gleichklang hat eine logische, eine metrische nnd eine p1b_388.018 ästhetische Aufgabe und Bedeutung. Dies garantiert ihm seine Zukunft.
p1b_388.019 1. Der Gleichklang oder Reim eignet sich ganz ausnehmend für unsere p1b_388.020 deutsche Sprache, die durch ihn infolge ihrer vielen vollen Vokalschlüsse melodiösen p1b_388.021 Klang erhält. Der Mangel vollständiger Flexion beim Nomen wie beim Verbum p1b_388.022 prädestiniert unsere Sprache für den Reim. Das Wort Reim (hrimum altdeutsch, p1b_388.023 rim im Mittelhochdeutschen, rima in den romanischen Sprachen, rimep1b_388.024 im Französischen &c.) kann vom alth. rîman (== zählen) abgeleitet werden. p1b_388.025 Jm Mittelhochdeutschen bedeutet rimen soviel als reimen. Ein rimaere war p1b_388.026 ursprünglich ein Verszähler oder Reimer.
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[E388/0422]
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3. Der Gleichklang hat eine logische, eine metrische nnd eine p1b_388.018
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1. Der Gleichklang oder Reim eignet sich ganz ausnehmend für unsere p1b_388.020
deutsche Sprache, die durch ihn infolge ihrer vielen vollen Vokalschlüsse melodiösen p1b_388.021
Klang erhält. Der Mangel vollständiger Flexion beim Nomen wie beim Verbum p1b_388.022
prädestiniert unsere Sprache für den Reim. Das Wort Reim (hrimum altdeutsch, p1b_388.023
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Jm Mittelhochdeutschen bedeutet rimen soviel als reimen. Ein rimaere war p1b_388.026
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Die älteste Form des Gleichklangs ist der Buchstabenreim (vgl. § 126).
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. E388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/422>, abgerufen am 22.11.2024.
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