p1b_009.001 haben, vielmehr lediglich die Darstellung des Schönen (vgl. 2. Hauptstück) p1b_009.002 durch menschliche Thätigkeit erstreben.
p1b_009.003 Das Wort Kunst (griechisch tekhne von tekein) ist von können abzuleiten, p1b_009.004 wie Gunst von gönnen, Brunst von brennen. Die Resultate der p1b_009.005 niederen Künste nennt man Kunststücke, Produktionen, Aufführungen, p1b_009.006 Darstellungen, Leistungen, die der schönen Künste Kunstwerke, Kunstschöpfungen.
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p1b_009.008 Die schöne Kunst der Poesie kann nur mit ihresgleichen in Verhältnis p1b_009.009 gebracht werden. Betrachten wir das Verhältnis der schönen Künste, so entspricht p1b_009.010 die Baukunst oder Architektur (welche Schlegel gefrorene Musik nennt) p1b_009.011 der Musik in ihrem entwickelnden Werden. Der Bildhauerei (Skulptur) p1b_009.012 mit ihren ideenreichen, den menschlichen Körper darstellenden Formen entspricht p1b_009.013 die bewegliche Plastik der Mimik. Der im Material so leichten, in den Jdeen p1b_009.014 so reichen Malerei entspricht nur die Poesie im Ganzen wie in den Teilen, p1b_009.015 nämlich der Historienmalerei das Drama, der stimmungsvollen Landschaft p1b_009.016 die stimmungsreiche Lyrik, dem deskriptiven Genre das Epos.p1b_009.017 Den Mangel an natürlichem Leben in den Kunstschöpfungen verdeckt der p1b_009.018 künstlerische Schein, d. h. ein Hindurchschimmern der Jdee durch die p1b_009.019 Form (§§. 19 und 20), welche nach Hegel das Wesen der Kunst bildet. p1b_009.020 Das poetische Kunstwerk, wie auch das musikalische und das mimische wird p1b_009.021 erst durch Aufführung und Recitation wirklich. Hierzu ist eine sekundäre p1b_009.022 Reihe von Künsten nötig, die wir reproduktive Künste nennen. Der p1b_009.023 Komponist bedarf des praktischen Musikers, der Dichter des Deklamators und p1b_009.024 des Schauspielers. - Bei den räumlichen Künsten bedeutet reproduktiv die p1b_009.025 Übertragung eines Originalwerks in eine andere Technik, z. B. eines Ölgemäldes p1b_009.026 in Holzschnitt- oder Kupferstichnachbildung. Eine Kopie als Nachbildung p1b_009.027 im gleichen Material ist nicht unter den Begriff des Reproduktiven p1b_009.028 zu subsumieren. - Den Zusammenhang der Kunst mit der Kulturentwicklung p1b_009.029 eines Volks hat die Kunstgeschichte nachzuweisen, die somit bestimmte Kunstepochen p1b_009.030 verzeichnet. Die Philosophie der Kunst als Abteilung der Ästhetik erforscht p1b_009.031 das Wesen der Kunst in ihrer Beziehung zum geistigen Organismus p1b_009.032 des Menschen und stellt den gedanklichen Jnhalt ihres auf die Verwirklichung p1b_009.033 des Schönen gerichteten Umfangs systematisch dar.
p1b_009.034 § 6. Freie Künste in gleicher Beziehung.
p1b_009.035 Freie Künste im eigentlichen Sinne sind: 1. Bildhauer-Kunstp1b_009.036 oder Plastik (aus dem griech. plastike sc. tekhne von plasso bilden, p1b_009.037 formen, gestalten, lat. ars statuaria, franz. sculpture). 2. Malereip1b_009.038 (griech. zographike Zeichenkunst). 3. Musik und 4. Poesie.
p1b_009.039 Jnsofern die Baukunst den praktischen Jnteressen der Bequemlichkeit, der p1b_009.040 Sicherheit und der Annehmlichkeit dient, wird sie abhängig und verwirkt - freilich p1b_009.041 nur in dieser Beziehung - die Ausnahmestellung einer freien Kunst gleich der
p1b_009.001 haben, vielmehr lediglich die Darstellung des Schönen (vgl. 2. Hauptstück) p1b_009.002 durch menschliche Thätigkeit erstreben.
p1b_009.003 Das Wort Kunst (griechisch τέχνη von τεκεῖν) ist von können abzuleiten, p1b_009.004 wie Gunst von gönnen, Brunst von brennen. Die Resultate der p1b_009.005 niederen Künste nennt man Kunststücke, Produktionen, Aufführungen, p1b_009.006 Darstellungen, Leistungen, die der schönen Künste Kunstwerke, Kunstschöpfungen.
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p1b_009.008 Die schöne Kunst der Poesie kann nur mit ihresgleichen in Verhältnis p1b_009.009 gebracht werden. Betrachten wir das Verhältnis der schönen Künste, so entspricht p1b_009.010 die Baukunst oder Architektur (welche Schlegel gefrorene Musik nennt) p1b_009.011 der Musik in ihrem entwickelnden Werden. Der Bildhauerei (Skulptur) p1b_009.012 mit ihren ideenreichen, den menschlichen Körper darstellenden Formen entspricht p1b_009.013 die bewegliche Plastik der Mimik. Der im Material so leichten, in den Jdeen p1b_009.014 so reichen Malerei entspricht nur die Poesie im Ganzen wie in den Teilen, p1b_009.015 nämlich der Historienmalerei das Drama, der stimmungsvollen Landschaft p1b_009.016 die stimmungsreiche Lyrik, dem deskriptiven Genre das Epos.p1b_009.017 Den Mangel an natürlichem Leben in den Kunstschöpfungen verdeckt der p1b_009.018 künstlerische Schein, d. h. ein Hindurchschimmern der Jdee durch die p1b_009.019 Form (§§. 19 und 20), welche nach Hegel das Wesen der Kunst bildet. p1b_009.020 Das poetische Kunstwerk, wie auch das musikalische und das mimische wird p1b_009.021 erst durch Aufführung und Recitation wirklich. Hierzu ist eine sekundäre p1b_009.022 Reihe von Künsten nötig, die wir reproduktive Künste nennen. Der p1b_009.023 Komponist bedarf des praktischen Musikers, der Dichter des Deklamators und p1b_009.024 des Schauspielers. ─ Bei den räumlichen Künsten bedeutet reproduktiv die p1b_009.025 Übertragung eines Originalwerks in eine andere Technik, z. B. eines Ölgemäldes p1b_009.026 in Holzschnitt- oder Kupferstichnachbildung. Eine Kopie als Nachbildung p1b_009.027 im gleichen Material ist nicht unter den Begriff des Reproduktiven p1b_009.028 zu subsumieren. ─ Den Zusammenhang der Kunst mit der Kulturentwicklung p1b_009.029 eines Volks hat die Kunstgeschichte nachzuweisen, die somit bestimmte Kunstepochen p1b_009.030 verzeichnet. Die Philosophie der Kunst als Abteilung der Ästhetik erforscht p1b_009.031 das Wesen der Kunst in ihrer Beziehung zum geistigen Organismus p1b_009.032 des Menschen und stellt den gedanklichen Jnhalt ihres auf die Verwirklichung p1b_009.033 des Schönen gerichteten Umfangs systematisch dar.
p1b_009.034 § 6. Freie Künste in gleicher Beziehung.
p1b_009.035 Freie Künste im eigentlichen Sinne sind: 1. Bildhauer-Kunstp1b_009.036 oder Plastik (aus dem griech. πλαστική sc. τέχνη von πλάσσω bilden, p1b_009.037 formen, gestalten, lat. ars statuaria, franz. sculpture). 2. Malereip1b_009.038 (griech. ζωγραφική Zeichenkunst). 3. Musik und 4. Poesie.
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haben, vielmehr lediglich die Darstellung des Schönen (vgl. 2. Hauptstück) p1b_009.002
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Das Wort Kunst (griechisch τέχνη von τεκεῖν) ist von können abzuleiten, p1b_009.004
wie Gunst von gönnen, Brunst von brennen. Die Resultate der p1b_009.005
niederen Künste nennt man Kunststücke, Produktionen, Aufführungen, p1b_009.006
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Die schöne Kunst der Poesie kann nur mit ihresgleichen in Verhältnis p1b_009.009
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die Baukunst oder Architektur (welche Schlegel gefrorene Musik nennt) p1b_009.011
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das Wesen der Kunst in ihrer Beziehung zum geistigen Organismus p1b_009.032
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des Schönen gerichteten Umfangs systematisch dar.
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§ 6. Freie Künste in gleicher Beziehung. p1b_009.035
Freie Künste im eigentlichen Sinne sind: 1. Bildhauer-Kunst p1b_009.036
oder Plastik (aus dem griech. πλαστική sc. τέχνη von πλάσσω bilden, p1b_009.037
formen, gestalten, lat. ars statuaria, franz. sculpture). 2. Malerei p1b_009.038
(griech. ζωγραφική Zeichenkunst). 3. Musik und 4. Poesie.
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Jnsofern die Baukunst den praktischen Jnteressen der Bequemlichkeit, der p1b_009.040
Sicherheit und der Annehmlichkeit dient, wird sie abhängig und verwirkt ─ freilich p1b_009.041
nur in dieser Beziehung ─ die Ausnahmestellung einer freien Kunst gleich der
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/43>, abgerufen am 03.12.2024.
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