Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_453.001 Möcht' mit dem Vogel singen, p1b_453.002 Und zu dem Rehlein gehn, p1b_453.003 Da drüben heimlich lauschend p1b_453.004 Durchs kleine Fenster sehn, p1b_453.005 Da drüben! p1b_453.006 Es wütet der Sturm mit entsetzlicher Macht, p1b_453.009 Die Windmühl' schwankt, das Gebälk erkracht, p1b_453.010 Hilf, Himmel, erbarme dich unser! p1b_453.011 Der Meister ist nicht, der alte, zur Hand, p1b_453.012 Er steht an der Felswand schwindlichem Rand, p1b_453.013 Hilf, Himmel, erbarme dich unser! p1b_453.014 Da steht er allein, mit dem Winde vertraut, p1b_453.015 Und spricht mit den Lüften vernehmlich und laut, p1b_453.016 Hilf, Himmel, erbarme dich unser! u. s. w. p1b_453.017 p1b_453.020 Heilräte nahen und walten p1b_453.025 Um deine Wiege, o Kind; p1b_453.026 Mög' sich dein Loos gestalten p1b_453.027 Wie es dein Name verdient: p1b_453.028 Jm Frieden ein zarter Knabe, p1b_453.029 Ein Röslein ohne Dorn, p1b_453.030 Jm Krieg ein harter Schwabe, p1b_453.031 Ganz hürnen und ganz Horn! p1b_453.032 Den Ersten, dem vor Zeiten p1b_453.033 Der Name Ganzhorn ward, p1b_453.034 Sah man in Hornhaut streiten p1b_453.035 Nach alter Recken Art. p1b_453.036 Schwerschuppig Herr und Schimmel, p1b_453.037 Scharfklirrend Schwert und Sporn p1b_453.038 Ritt er in's Schlachtgetümmel p1b_453.039 Ganz hürnen und ganz Horn! u. s. w. (5 Strophen.) p1b_453.040 p1b_453.041 Beispiel: An meines Vaters Hügel, p1b_453.044
Da steht ein schöner Baum: p1b_453.045 Gern singt das Waldgeflügel p1b_453.046 An meines Vaters Hügel, p1b_453.047 Und singt mir manchen Traum. p1b_453.001 Möcht' mit dem Vogel singen, p1b_453.002 Und zu dem Rehlein gehn, p1b_453.003 Da drüben heimlich lauschend p1b_453.004 Durchs kleine Fenster sehn, p1b_453.005 Da drüben! p1b_453.006 Es wütet der Sturm mit entsetzlicher Macht, p1b_453.009 Die Windmühl' schwankt, das Gebälk erkracht, p1b_453.010 Hilf, Himmel, erbarme dich unser! p1b_453.011 Der Meister ist nicht, der alte, zur Hand, p1b_453.012 Er steht an der Felswand schwindlichem Rand, p1b_453.013 Hilf, Himmel, erbarme dich unser! p1b_453.014 Da steht er allein, mit dem Winde vertraut, p1b_453.015 Und spricht mit den Lüften vernehmlich und laut, p1b_453.016 Hilf, Himmel, erbarme dich unser! u. s. w. p1b_453.017 p1b_453.020 Heilräte nahen und walten p1b_453.025 Um deine Wiege, o Kind; p1b_453.026 Mög' sich dein Loos gestalten p1b_453.027 Wie es dein Name verdient: p1b_453.028 Jm Frieden ein zarter Knabe, p1b_453.029 Ein Röslein ohne Dorn, p1b_453.030 Jm Krieg ein harter Schwabe, p1b_453.031 Ganz hürnen und ganz Horn! p1b_453.032 Den Ersten, dem vor Zeiten p1b_453.033 Der Name Ganzhorn ward, p1b_453.034 Sah man in Hornhaut streiten p1b_453.035 Nach alter Recken Art. p1b_453.036 Schwerschuppig Herr und Schimmel, p1b_453.037 Scharfklirrend Schwert und Sporn p1b_453.038 Ritt er in's Schlachtgetümmel p1b_453.039 Ganz hürnen und ganz Horn! u. s. w. (5 Strophen.) p1b_453.040 p1b_453.041 Beispiel: An meines Vaters Hügel, p1b_453.044
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Möcht' mit dem Vogel singen, p1b_453.002
Und zu dem Rehlein gehn, p1b_453.003
Da drüben heimlich lauschend p1b_453.004
Durchs kleine Fenster sehn, p1b_453.005
Da drüben!
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Jm folgenden Gedichte Chamisso's ist der Refrain eine reimlose Zeile, p1b_453.007
wie das meist in Strophen von ungleicher Verszahl der Fall ist.
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Es wütet der Sturm mit entsetzlicher Macht, p1b_453.009
Die Windmühl' schwankt, das Gebälk erkracht, p1b_453.010
Hilf, Himmel, erbarme dich unser!
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Der Meister ist nicht, der alte, zur Hand, p1b_453.012
Er steht an der Felswand schwindlichem Rand, p1b_453.013
Hilf, Himmel, erbarme dich unser!
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Hilf, Himmel, erbarme dich unser! u. s. w.
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Ähnlich verfuhr Chamisso in seinem Gedichte: Tragische Geschichte, wo p1b_453.018
immer nach der zweiten Zeile der Refrain kommt: „Der Zopf, der hängt p1b_453.019
ihm hinten.“
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Einen schönen epischen Refrain bildet Scheffel in einem dem Täufling p1b_453.021
Hermann Ganzhorn in Cannstatt geweihten Gelegenheitsgedicht, das auch p1b_453.022
wegen seiner Accentverse und seiner onomatopoetischen Allitterationen und Assonanzen p1b_453.023
beachtenswert ist:
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Heilräte nahen und walten p1b_453.025
Um deine Wiege, o Kind; p1b_453.026
Mög' sich dein Loos gestalten p1b_453.027
Wie es dein Name verdient: p1b_453.028
Jm Frieden ein zarter Knabe, p1b_453.029
Ein Röslein ohne Dorn, p1b_453.030
Jm Krieg ein harter Schwabe, p1b_453.031
Ganz hürnen und ganz Horn!
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Den Ersten, dem vor Zeiten p1b_453.033
Der Name Ganzhorn ward, p1b_453.034
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Scharfklirrend Schwert und Sporn p1b_453.038
Ritt er in's Schlachtgetümmel p1b_453.039
Ganz hürnen und ganz Horn! u. s. w. (5 Strophen.)
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i. Der Schaltvers.
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Vom Refrain unterscheidet sich der sogenannte Schaltvers dadurch, daß er p1b_453.042
eine Verszeile (Vers) an einer bestimmten Stelle der Strophe wiederholt.
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Beispiel:
An meines Vaters Hügel, p1b_453.044
Da steht ein schöner Baum: p1b_453.045
Gern singt das Waldgeflügel p1b_453.046
An meines Vaters Hügel, p1b_453.047
Und singt mir manchen Traum.
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