Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_456.001 p1b_456.002 p1b_456.007 p1b_456.008 a. Wie der Gesang p1b_456.010 p1b_456.012Zum Herzen klang, p1b_456.011 Vergeß ich nimmer mein Lebenlang.(Reinick.) b. O Freund, mein Schirm, mein Schutz! p1b_456.013 O Freund, mein Schmuck, mein Putz! p1b_456.014 Mein Stolz, mein Trost, mein Trutz! p1b_456.015 Mein Bollwerk, o mein Schild! p1b_456.016 Wo's einen Kampf mir gilt, p1b_456.017 Flücht' ich zu deinem Bild. p1b_456.018 Wenn mich in Jammerschlucht p1b_456.019 Die Welt zu drängen sucht, p1b_456.020 Nehm' ich zu dir die Flucht u. s. w. (Rückert.) p1b_456.021 a. Da konnten nicht mehr säumen p1b_456.023 p1b_456.026Die Blüten an den Bäumen, p1b_456.024 Die Vöglein auch nicht träumen; p1b_456.025 Lust floß der Welt, mir sollte Trauer schäumen.(Rückert.) b. Rein, der verstorbne Herr, das war ein andrer Mann, p1b_456.027 Der hatte recht auf seinen Text studieret p1b_456.028 Und Gottes Wort, wie sich's gebühret, p1b_456.029 Bald griechisch, bald hebräisch angeführet, p1b_456.030 Die Kirchenväter oft citieret, p1b_456.031 Die Ketzer stattlich ausschandieret, p1b_456.032 Und stets so fein schematisieret, p1b_456.033 Daß er der Bauern Herz gerühret. (Gellert.) p1b_456.034 [Beginn Spaltensatz] Jch weiß nicht, was dich anficht, p1b_456.036 Daß alles so dich ansticht, p1b_456.037 Und widerwärtig anspricht: p1b_456.038 Die Mücke, die dich ansummt, p1b_456.039 Die Bremse, die dich anbrummt, p1b_456.040 Die Hummel, die dich anhummt; p1b_456.041 [Spaltenumbruch]
p1b_456.101Der Kater, der dich anschnurrt, p1b_456.042 Der Köter, der dich anknurrt, p1b_456.043 Der Puter, der dich anpurrt: Die Henne, die dich angluckt, p1b_456.102 Die Taube, die dich anruckt, p1b_456.103 Der Sperling, der dich anguckt; p1b_456.104 Der Hofhahn, der dich ankräht, p1b_456.105 Das Hauslamm, das dich anmä't, p1b_456.106 Der Luftzug, der dich anweht; p1b_456.107 [Ende Spaltensatz]
p1b_456.110Die Sonne, die dich anblickt, p1b_456.108 Die Blume, die dich annickt, p1b_456.109 Die Ranke, die dich anstrickt; Die Liebste, die dich anspricht: p1b_456.111
Jch weiß nicht, was dich anficht, p1b_456.112 Daß alles so dich ansticht! p1b_456.001 p1b_456.002 p1b_456.007 p1b_456.008 a. Wie der Gesang p1b_456.010 p1b_456.012Zum Herzen klang, p1b_456.011 Vergeß ich nimmer mein Lebenlang.(Reinick.) b. O Freund, mein Schirm, mein Schutz! p1b_456.013 O Freund, mein Schmuck, mein Putz! p1b_456.014 Mein Stolz, mein Trost, mein Trutz! p1b_456.015 Mein Bollwerk, o mein Schild! p1b_456.016 Wo's einen Kampf mir gilt, p1b_456.017 Flücht' ich zu deinem Bild. p1b_456.018 Wenn mich in Jammerschlucht p1b_456.019 Die Welt zu drängen sucht, p1b_456.020 Nehm' ich zu dir die Flucht u. s. w. (Rückert.) p1b_456.021 a. Da konnten nicht mehr säumen p1b_456.023 p1b_456.026Die Blüten an den Bäumen, p1b_456.024 Die Vöglein auch nicht träumen; p1b_456.025 Lust floß der Welt, mir sollte Trauer schäumen.(Rückert.) b. Rein, der verstorbne Herr, das war ein andrer Mann, p1b_456.027 Der hatte recht auf seinen Text studieret p1b_456.028 Und Gottes Wort, wie sich's gebühret, p1b_456.029 Bald griechisch, bald hebräisch angeführet, p1b_456.030 Die Kirchenväter oft citieret, p1b_456.031 Die Ketzer stattlich ausschandieret, p1b_456.032 Und stets so fein schematisieret, p1b_456.033 Daß er der Bauern Herz gerühret. (Gellert.) p1b_456.034 [Beginn Spaltensatz] Jch weiß nicht, was dich ānfīcht, p1b_456.036 Daß alles so dich ansticht, p1b_456.037 Und widerwärtig anspricht: p1b_456.038 Die Mücke, die dich ansummt, p1b_456.039 Die Bremse, die dich anbrummt, p1b_456.040 Die Hummel, die dich anhummt; p1b_456.041 [Spaltenumbruch]
p1b_456.101Der Kater, der dich anschnurrt, p1b_456.042 Der Köter, der dich anknurrt, p1b_456.043 Der Puter, der dich anpurrt: Die Henne, die dich angluckt, p1b_456.102 Die Taube, die dich anruckt, p1b_456.103 Der Sperling, der dich anguckt; p1b_456.104 Der Hofhahn, der dich ankräht, p1b_456.105 Das Hauslamm, das dich anmä't, p1b_456.106 Der Luftzug, der dich anweht; p1b_456.107 [Ende Spaltensatz]
p1b_456.110Die Sonne, die dich anblickt, p1b_456.108 Die Blume, die dich annickt, p1b_456.109 Die Ranke, die dich anstrickt; Die Liebste, die dich anspricht: p1b_456.111
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2. Schlagreim.
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So nennt man denjenigen gepaarten Reim, bei welchem mehr als p1b_456.003
zwei Verse fortlaufend mit dem gleichen Reime endigen. Die gleichen p1b_456.004
Reime folgen einander so zu sagen „Schlag auf Schlag“. Sie können p1b_456.005
männliche, weibliche, gleitende, schwebende Endung haben. Schema: p1b_456.006
a a a oder a a a a oder a a a a a &c.
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Beispiele:
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A. Mit männlichem Schluß:
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a.
Wie der Gesang p1b_456.010
Zum Herzen klang, p1b_456.011
Vergeß ich nimmer mein Lebenlang.(Reinick.)
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b.
O Freund, mein Schirm, mein Schutz! p1b_456.013
O Freund, mein Schmuck, mein Putz! p1b_456.014
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B. Mit weiblichem Schluß:
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a.
Da konnten nicht mehr säumen p1b_456.023
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Lust floß der Welt, mir sollte Trauer schäumen.(Rückert.)
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Rein, der verstorbne Herr, das war ein andrer Mann, p1b_456.027
Der hatte recht auf seinen Text studieret p1b_456.028
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Bald griechisch, bald hebräisch angeführet, p1b_456.030
Die Kirchenväter oft citieret, p1b_456.031
Die Ketzer stattlich ausschandieret, p1b_456.032
Und stets so fein schematisieret, p1b_456.033
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(Gellert.)
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C. Mit schwebendem Schluß:
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Jch weiß nicht, was dich ānfīcht, p1b_456.036
Daß alles so dich ansticht, p1b_456.037
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Der Kater, der dich anschnurrt, p1b_456.042
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Der Luftzug, der dich anweht;
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Die Ranke, die dich anstrickt;
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Die Liebste, die dich anspricht: p1b_456.111
Jch weiß nicht, was dich anficht, p1b_456.112
Daß alles so dich ansticht!
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/490>, abgerufen am 18.06.2024. |