Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_457.001 p1b_457.002 Verflucht der Heuchler mit dem doppelten Gesicht, p1b_457.004 p1b_457.010Dem kalten Herzen und dem Lächeln, das besticht. p1b_457.005 Er ziert sich wie ein Liebchen, und wer liebt es nicht? p1b_457.006 Und wie Verliebte schmachtet er, der Bösewicht. p1b_457.007 Er stammt vom Abgrund, aus den Finsternissen dicht, p1b_457.008 Doch überstrahlt sein falscher Schein der Sonne Licht; p1b_457.009 Die Wahrheit dringt nicht durch das Trugnetz, das er flicht u. s. w. (Makamen S. 16.) p1b_457.011 p1b_457.012 Jn einem Thal bei armen Hirten (a) p1b_457.014 Erschien mit jedem jungen Jahr, (b) p1b_457.015 Sobald die ersten Lerchen schwirrten, (a) p1b_457.016 Ein Mädchen schön und wunderbar. (b)(Schiller.) p1b_457.017 Jch hab in mich gesogen (a) p1b_457.018 Den Frühling treu und lieb, (b) p1b_457.019 Daß er, der Welt entflogen, (a) p1b_457.020 Hier in der Brust mir blieb. (b) p1b_457.021 Hier sind die blauen Lüfte, (c) p1b_457.022 Hier sind die grünen Au'n, (d) p1b_457.023 Die Blumen hier, die Düfte, (c) p1b_457.024 Der blühnde Rosenzaun &c. (d) (Rückert.) p1b_457.025 p1b_457.026 Tröstlich ist es, an verehrten Weisen, p1b_457.028 Angestaunten Helden, zu entdecken p1b_457.029 Zwischen ihrem Götterglanz die Flecken, p1b_457.030 Die uns ihre Menschlichkeit beweisen. (Rückert, Vierzeilen.) p1b_457.031 p1b_457.034 p1b_457.035 a. Der Kanarienvogel büßt (a) p1b_457.037 Am unschuldigen Leibe mit (b) p1b_457.038 Die Familientrauer. (c) p1b_457.039 Nicht ein Bröckelchen Zucker süßt (a) p1b_457.040 Jhm den Schnabel, kein Apfelschnitt (b) p1b_457.041 Labt ihn, süß oder sauer. (c) p1b_457.042 p1b_457.045"Ach, das Tröglein von Hanf ist wüst", (a) p1b_457.043 Tönt sein Piepen, "ich bitt', ich bitt', (b) p1b_457.044 Und das Wasser ist lauer u. s. w." (c) (Rückerts Kindertotenl. S. 266.) p1b_457.001 p1b_457.002 Verflucht der Heuchler mit dem doppelten Gesicht, p1b_457.004 p1b_457.010Dem kalten Herzen und dem Lächeln, das besticht. p1b_457.005 Er ziert sich wie ein Liebchen, und wer liebt es nicht? p1b_457.006 Und wie Verliebte schmachtet er, der Bösewicht. p1b_457.007 Er stammt vom Abgrund, aus den Finsternissen dicht, p1b_457.008 Doch überstrahlt sein falscher Schein der Sonne Licht; p1b_457.009 Die Wahrheit dringt nicht durch das Trugnetz, das er flicht u. s. w. (Makamen S. 16.) p1b_457.011 p1b_457.012 Jn einem Thal bei armen Hirten (a) p1b_457.014 Erschien mit jedem jungen Jahr, (b) p1b_457.015 Sobald die ersten Lerchen schwirrten, (a) p1b_457.016 Ein Mädchen schön und wunderbar. (b)(Schiller.) p1b_457.017 Jch hab in mich gesogen (a) p1b_457.018 Den Frühling treu und lieb, (b) p1b_457.019 Daß er, der Welt entflogen, (a) p1b_457.020 Hier in der Brust mir blieb. (b) p1b_457.021 Hier sind die blauen Lüfte, (c) p1b_457.022 Hier sind die grünen Au'n, (d) p1b_457.023 Die Blumen hier, die Düfte, (c) p1b_457.024 Der blühnde Rosenzaun &c. (d) (Rückert.) p1b_457.025 p1b_457.026 Tröstlich ist es, an verehrten Weisen, p1b_457.028 Angestaunten Helden, zu entdecken p1b_457.029 Zwischen ihrem Götterglanz die Flecken, p1b_457.030 Die uns ihre Menschlichkeit beweisen. (Rückert, Vierzeilen.) p1b_457.031 p1b_457.034 p1b_457.035 a. Der Kanarienvogel büßt (a) p1b_457.037 Am unschuldigen Leibe mit (b) p1b_457.038 Die Familientrauer. (c) p1b_457.039 Nicht ein Bröckelchen Zucker süßt (a) p1b_457.040 Jhm den Schnabel, kein Apfelschnitt (b) p1b_457.041 Labt ihn, süß oder sauer. (c) p1b_457.042 p1b_457.045„Ach, das Tröglein von Hanf ist wüst“, (a) p1b_457.043 Tönt sein Piepen, „ich bitt', ich bitt', (b) p1b_457.044 Und das Wasser ist lauer u. s. w.“ (c) (Rückerts Kindertotenl. 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Häufig wendet Rückert den Schlagreim in den Makamen an.
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Beispiel:
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Verflucht der Heuchler mit dem doppelten Gesicht, p1b_457.004
Dem kalten Herzen und dem Lächeln, das besticht. p1b_457.005
Er ziert sich wie ein Liebchen, und wer liebt es nicht? p1b_457.006
Und wie Verliebte schmachtet er, der Bösewicht. p1b_457.007
Er stammt vom Abgrund, aus den Finsternissen dicht, p1b_457.008
Doch überstrahlt sein falscher Schein der Sonne Licht; p1b_457.009
Die Wahrheit dringt nicht durch das Trugnetz, das er flicht u. s. w.
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(Makamen S. 16.)
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3. Gekreuzte Reime.
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Schema: a b a b c d c d &c. oder a b c d a b c d &c.
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Jn einem Thal bei armen Hirten (a) p1b_457.014
Erschien mit jedem jungen Jahr, (b) p1b_457.015
Sobald die ersten Lerchen schwirrten, (a) p1b_457.016
Ein Mädchen schön und wunderbar. (b)(Schiller.)
p1b_457.017
Jch hab in mich gesogen (a) p1b_457.018
Den Frühling treu und lieb, (b) p1b_457.019
Daß er, der Welt entflogen, (a) p1b_457.020
Hier in der Brust mir blieb. (b)
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Hier sind die blauen Lüfte, (c) p1b_457.022
Hier sind die grünen Au'n, (d) p1b_457.023
Die Blumen hier, die Düfte, (c) p1b_457.024
Der blühnde Rosenzaun &c. (d)
(Rückert.)
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4. Umarmende Reime.
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Schema: a b b a.
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Tröstlich ist es, an verehrten Weisen, p1b_457.028
Angestaunten Helden, zu entdecken p1b_457.029
Zwischen ihrem Götterglanz die Flecken, p1b_457.030
Die uns ihre Menschlichkeit beweisen.
(Rückert, Vierzeilen.)
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Da die beiden ersten Strophen der Sonette umarmende Reime haben, p1b_457.032
so verweisen wir für weitere Proben auf die Beispiele in § 165. Besonders p1b_457.033
ist § 291, 6 zu vergleichen.
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5. Verschränkte Reime.
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Schema: a b c a b c oder a b c d a b c d.
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a.
Der Kanarienvogel büßt (a) p1b_457.037
Am unschuldigen Leibe mit (b) p1b_457.038
Die Familientrauer. (c)
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Nicht ein Bröckelchen Zucker süßt (a) p1b_457.040
Jhm den Schnabel, kein Apfelschnitt (b) p1b_457.041
Labt ihn, süß oder sauer. (c)
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„Ach, das Tröglein von Hanf ist wüst“, (a) p1b_457.043
Tönt sein Piepen, „ich bitt', ich bitt', (b) p1b_457.044
Und das Wasser ist lauer u. s. w.“ (c)
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(Rückerts Kindertotenl. S. 266.)
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