Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_490.001 p1b_490.014 p1b_490.016 Trauerlied über das Absterben Herrn Adams von Bibran p1b_490.024 O die selig' edle Seele, p1b_490.027 p1b_490.038Die sich in die wahre Ruh p1b_490.028 Nach dem hohen Himmel zu p1b_490.029 Aus des Leibes finstern Höhle p1b_490.030 Freudig hat hinauf gemacht; p1b_490.031 Da sie dann, wie bei der Nacht p1b_490.032 Vor den andern kleinen Sternen p1b_490.033 Phöbe selber, glänzt von fernen, p1b_490.034 Da sich Gott ihr um und an p1b_490.035 Zeigt zu sehn und zu geniessen, p1b_490.036 Da sie mit nicht=Menschen=füßen p1b_490.037 Das Gestirne treten kann. Antistr. I. p1b_490.039Wie die Ulmen durch die Reben p1b_490.040
Mehr als sonsten lieblich sein; p1b_490.041 Wie der Lorbeerbaum den Schein p1b_490.042 Seinen Wäldern pflegt zu geben, p1b_490.043 Also war auch deine Zier. p1b_490.044 Pallas weinet für und für, p1b_490.001 p1b_490.014 p1b_490.016 Trauerlied über das Absterben Herrn Adams von Bibran p1b_490.024 O die selig' edle Seele, p1b_490.027 p1b_490.038Die sich in die wahre Ruh p1b_490.028 Nach dem hohen Himmel zu p1b_490.029 Aus des Leibes finstern Höhle p1b_490.030 Freudig hat hinauf gemacht; p1b_490.031 Da sie dann, wie bei der Nacht p1b_490.032 Vor den andern kleinen Sternen p1b_490.033 Phöbe selber, glänzt von fernen, p1b_490.034 Da sich Gott ihr um und an p1b_490.035 Zeigt zu sehn und zu geniessen, p1b_490.036 Da sie mit nicht=Menschen=füßen p1b_490.037 Das Gestirne treten kann. Antistr. I. p1b_490.039Wie die Ulmen durch die Reben p1b_490.040
Mehr als sonsten lieblich sein; p1b_490.041 Wie der Lorbeerbaum den Schein p1b_490.042 Seinen Wäldern pflegt zu geben, p1b_490.043 Also war auch deine Zier. p1b_490.044 Pallas weinet für und für, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0524" n="490"/><lb n="p1b_490.001"/> Strophe in feierlich abgemessenen Schritten zur Hälfte nach rechts, zur Hälfte <lb n="p1b_490.002"/> nach links um, ähnlich wie es z. B. im <hi rendition="#aq">Menuet français</hi> Tanzfiguren giebt; <lb n="p1b_490.003"/> daher der Name <foreign xml:lang="grc">στροφή</foreign> == Wendung. ─ Ursprünglich nannte man alle <lb n="p1b_490.004"/> Chorgesänge auf dem Theater Strophen. Sie zerfielen gleich dem Chore selbst <lb n="p1b_490.005"/> in 2 Abteilungen. Die eine derselben (die eigentliche Strophe) wurde von <lb n="p1b_490.006"/> jenen Choreuten abgesungen, welche sich von der Rechten nach der Linken <lb n="p1b_490.007"/> bewegten, während die andere (die Antistrophe) von den Choreuten gesungen <lb n="p1b_490.008"/> wurde, welche von der Linken zur Rechten schritten. Die Anti= oder <lb n="p1b_490.009"/> Gegenstrophe mußte der Strophe im Zeitmaß, im Metrum und im Rhythmus <lb n="p1b_490.010"/> genau entsprechen. An beide Strophenteile schloß sich häufig ein dritter <lb n="p1b_490.011"/> meist ungleicher Teil, Epodos (<foreign xml:lang="grc">ἐπῳδός</foreign>), der zumeist das Lied wie ein Refrain <lb n="p1b_490.012"/> oder Abgesang <hi rendition="#g">abschloß.</hi> War dies nicht der Fall, so begannen Strophen, <lb n="p1b_490.013"/> Gegenstrophen und Epoden von neuem.</p> <p><lb n="p1b_490.014"/> Die Benennungen Strophe, Antistrophe, Epode erhielten sich und wurden <lb n="p1b_490.015"/> später auch auf Lieder und Einzelgesänge übertragen.</p> <p><lb n="p1b_490.016"/> Opitz sagt in seiner Poeterei S. 49 ff.: Jn den Pindarschen Oden ist <lb n="p1b_490.017"/> die <foreign xml:lang="grc">στροφή</foreign> frei, und mag ich also soviel Verse und Reime dazu nehmen, als <lb n="p1b_490.018"/> ich will, sie auch nach Belieben einteilen und umschränken. Die Antistrophe <lb n="p1b_490.019"/> (<foreign xml:lang="grc">ἀντιστροφή</foreign>) aber muß auf die Strophe sehen und keine andere Ordnung <lb n="p1b_490.020"/> der Reime machen. Die Epode (<foreign xml:lang="grc">ἐπῳδός</foreign>) ist wieder ungebunden. Wenn wir <lb n="p1b_490.021"/> dann mehr Strophen dichten wollen, müssen wir den ersten in allem nachfolgen. <lb n="p1b_490.022"/> Er giebt folgendes Beispiel:</p> <lb n="p1b_490.023"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Trauerlied über das Absterben Herrn Adams von Bibran <lb n="p1b_490.024"/> auf Profen und Damsdorf. <lb n="p1b_490.025"/> Strophe</hi><hi rendition="#aq">I</hi>.</hi> </p> <lb n="p1b_490.026"/> <lg> <l>O die selig' edle Seele,</l> <lb n="p1b_490.027"/> <l>Die sich in die wahre Ruh</l> <lb n="p1b_490.028"/> <l>Nach dem hohen Himmel zu</l> <lb n="p1b_490.029"/> <l>Aus des Leibes finstern Höhle</l> <lb n="p1b_490.030"/> <l>Freudig hat hinauf gemacht;</l> <lb n="p1b_490.031"/> <l>Da sie dann, wie bei der Nacht</l> <lb n="p1b_490.032"/> <l>Vor den andern kleinen Sternen</l> <lb n="p1b_490.033"/> <l>Phöbe selber, glänzt von fernen,</l> <lb n="p1b_490.034"/> <l>Da sich Gott ihr um und an</l> <lb n="p1b_490.035"/> <l>Zeigt zu sehn und zu geniessen,</l> <lb n="p1b_490.036"/> <l>Da sie mit nicht=Menschen=füßen</l> <lb n="p1b_490.037"/> <l>Das Gestirne treten kann.</l> </lg> <lb n="p1b_490.038"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Antistr.</hi><hi rendition="#aq">I</hi>.</hi> </p> <lb n="p1b_490.039"/> <lg> <l>Wie die Ulmen durch die Reben</l> <lb n="p1b_490.040"/> <l>Mehr als sonsten lieblich sein;</l> <lb n="p1b_490.041"/> <l>Wie der Lorbeerbaum den Schein</l> <lb n="p1b_490.042"/> <l>Seinen Wäldern pflegt zu geben,</l> <lb n="p1b_490.043"/> <l>Also war auch deine Zier.</l> <lb n="p1b_490.044"/> <l>Pallas weinet für und für,</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [490/0524]
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Strophe in feierlich abgemessenen Schritten zur Hälfte nach rechts, zur Hälfte p1b_490.002
nach links um, ähnlich wie es z. B. im Menuet français Tanzfiguren giebt; p1b_490.003
daher der Name στροφή == Wendung. ─ Ursprünglich nannte man alle p1b_490.004
Chorgesänge auf dem Theater Strophen. Sie zerfielen gleich dem Chore selbst p1b_490.005
in 2 Abteilungen. Die eine derselben (die eigentliche Strophe) wurde von p1b_490.006
jenen Choreuten abgesungen, welche sich von der Rechten nach der Linken p1b_490.007
bewegten, während die andere (die Antistrophe) von den Choreuten gesungen p1b_490.008
wurde, welche von der Linken zur Rechten schritten. Die Anti= oder p1b_490.009
Gegenstrophe mußte der Strophe im Zeitmaß, im Metrum und im Rhythmus p1b_490.010
genau entsprechen. An beide Strophenteile schloß sich häufig ein dritter p1b_490.011
meist ungleicher Teil, Epodos (ἐπῳδός), der zumeist das Lied wie ein Refrain p1b_490.012
oder Abgesang abschloß. War dies nicht der Fall, so begannen Strophen, p1b_490.013
Gegenstrophen und Epoden von neuem.
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Die Benennungen Strophe, Antistrophe, Epode erhielten sich und wurden p1b_490.015
später auch auf Lieder und Einzelgesänge übertragen.
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Opitz sagt in seiner Poeterei S. 49 ff.: Jn den Pindarschen Oden ist p1b_490.017
die στροφή frei, und mag ich also soviel Verse und Reime dazu nehmen, als p1b_490.018
ich will, sie auch nach Belieben einteilen und umschränken. Die Antistrophe p1b_490.019
(ἀντιστροφή) aber muß auf die Strophe sehen und keine andere Ordnung p1b_490.020
der Reime machen. Die Epode (ἐπῳδός) ist wieder ungebunden. Wenn wir p1b_490.021
dann mehr Strophen dichten wollen, müssen wir den ersten in allem nachfolgen. p1b_490.022
Er giebt folgendes Beispiel:
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Trauerlied über das Absterben Herrn Adams von Bibran p1b_490.024
auf Profen und Damsdorf. p1b_490.025
Strophe I.
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O die selig' edle Seele, p1b_490.027
Die sich in die wahre Ruh p1b_490.028
Nach dem hohen Himmel zu p1b_490.029
Aus des Leibes finstern Höhle p1b_490.030
Freudig hat hinauf gemacht; p1b_490.031
Da sie dann, wie bei der Nacht p1b_490.032
Vor den andern kleinen Sternen p1b_490.033
Phöbe selber, glänzt von fernen, p1b_490.034
Da sich Gott ihr um und an p1b_490.035
Zeigt zu sehn und zu geniessen, p1b_490.036
Da sie mit nicht=Menschen=füßen p1b_490.037
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p1b_490.038
Antistr. I.
p1b_490.039
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Seinen Wäldern pflegt zu geben, p1b_490.043
Also war auch deine Zier. p1b_490.044
Pallas weinet für und für,
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