Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

p1b_019.001
oitolinos von o oitos Geschick, Unglück; beide überall nur den Trauergesang p1b_019.002
bezeichnend, während linos z. B. bei Euripides allgemein nur Lied bedeutete) p1b_019.003
fand sich in dem Lityerses (Lituerses) der Phrygier, sowie dem Manerosgesange p1b_019.004
der Ägypter und dem Bormos der Mariandyner. (Die Mariandyner, p1b_019.005
östliche Nachbarn der Phrygier, klagten um den schönen, in der Jugendblüte p1b_019.006
vom Tod entrafften Knaben Bormos, der den Schnittern Wasser bringen sollte, p1b_019.007
aber von den Nymphen des Baches in die Flut gerissen wurde.) Da die Ägypter p1b_019.008
und verschiedene arische Volksstämme die gleiche Art Trauergesang haben, so kann p1b_019.009
man wohl glauben, daß der Linosgesang aus Asien stamme - vielleicht aus p1b_019.010
Jndien.

p1b_019.011
Von dem ältesten Gesange der Ägypter berichtet Herodot (II. 79): p1b_019.012
"Die Ägypter haben unter andern merkwürdigen Stücken einen Gesang, p1b_019.013
welcher in Phönizien, Cypern und anderwärts gesungen, aber bei jedem Volke p1b_019.014
anders genannt wird. Er hat viele Ähnlichkeit (sumpheretai) mit dem, p1b_019.015
welchen die Griechen unter dem Namen Linos singen. Wie ich mich über Vieles p1b_019.016
in Ägypten wundere, so wundere ich mich auch darüber, woher sie nur den p1b_019.017
Linosgesang haben mögen; denn es scheint mir, daß er von jeher bei ihnen p1b_019.018
gebräuchlich war. Linos wird auf ägyptisch Maneros (Maneros) genannt und p1b_019.019
war, wie sie erzählen, der einzige Sohn des ersten ägyptischen Königs, und p1b_019.020
es wurde sein früher Tod in Trauergesängen beklagt." Das soll ihr erster p1b_019.021
und einziger Gesang gewesen sein. Dieser Linos- oder Manerosgesang, die p1b_019.022
süßtönende Klage über das rasche Hingehen der blühenden Jugend, über das p1b_019.023
rasche Verblühen des Lenzes, zieht sich, wie bereits angedeutet, durch das p1b_019.024
ganze Altertum als Totenklage um Adonis, Linos, Lityerses, Attis, Maneros, p1b_019.025
die in der Schönheit ihrer Jugendblüte gewaltsam hingerafft wurden. Die p1b_019.026
Lieder, von denen Herodot hier spricht, sind augenscheinlich Volkslieder.

p1b_019.027
Die alten Araber hatten schon lange vor Muhamed ihre sieben großen p1b_019.028
Dichter, deren Dichtungen im Tempel zu Mekka aufgehängt wurden. Die p1b_019.029
Araber nennen Adam den ersten Dichter (s. Latifi's Nachrichten von türkischen p1b_019.030
Dichtern, v. Th. Chabert v. 6). Beim Tode Abels sang er, vom Schmerz p1b_019.031
der Sterblichkeit und Vergänglichkeit erfaßt u. s. w.

p1b_019.032
Wen Wang, der Lehensfürst des kleinen Staates Tscheu im 12. Jahrhundert p1b_019.033
v. Chr., fing an, kleine Volksgedichte zu sammeln. Auch seine Nachfolger p1b_019.034
pflegten die Poesie, und die Statthalter mußten jährlich die Volkslieder p1b_019.035
in die Archive einsenden. Confucius, welcher während der Dynastie Tscheu p1b_019.036
(550 v. Chr.) lebte, sammelte in sechs Büchern diese eingeschickten Lieder, p1b_019.037
deren drittes, Schi-King, von Fr. Rückert deutsch umgedichtet wurde. Diese p1b_019.038
alte chinesische Poesie hat einen pedantischen Zug, wie die chinesischen Gartenanlagen p1b_019.039
und romantischen Scenen, die an Jean Pauls Lilar (im Titan) mit p1b_019.040
seinem Elysium und Tartarus erinnern; ihre Schauerscenen sind freilich oft sinnreicher p1b_019.041
angelegt als die kleinlichen Tartarusschrecken Lilars. Dabei zeigt sich in der p1b_019.042
Poesie der Chinesen viel öfter das Absonderliche und Fratzenhafte, als das Anmutige.

p1b_019.043
Auch an den Kamihöfen in Japan liebte man es in der ältesten Zeit, p1b_019.044
sich mit Musik und Gesang zu ergötzen, mit Versemachen u. s. w. (Vgl. Ambros

p1b_019.001
οἰτόλινος von ὁ οἶτος Geschick, Unglück; beide überall nur den Trauergesang p1b_019.002
bezeichnend, während λίνος z. B. bei Euripides allgemein nur Lied bedeutete) p1b_019.003
fand sich in dem Lityerses (Λιτυέρσης) der Phrygier, sowie dem Manerosgesange p1b_019.004
der Ägypter und dem Bormos der Mariandyner. (Die Mariandyner, p1b_019.005
östliche Nachbarn der Phrygier, klagten um den schönen, in der Jugendblüte p1b_019.006
vom Tod entrafften Knaben Bormos, der den Schnittern Wasser bringen sollte, p1b_019.007
aber von den Nymphen des Baches in die Flut gerissen wurde.) Da die Ägypter p1b_019.008
und verschiedene arische Volksstämme die gleiche Art Trauergesang haben, so kann p1b_019.009
man wohl glauben, daß der Linosgesang aus Asien stamme ─ vielleicht aus p1b_019.010
Jndien.

p1b_019.011
Von dem ältesten Gesange der Ägypter berichtet Herodot (II. 79): p1b_019.012
„Die Ägypter haben unter andern merkwürdigen Stücken einen Gesang, p1b_019.013
welcher in Phönizien, Cypern und anderwärts gesungen, aber bei jedem Volke p1b_019.014
anders genannt wird. Er hat viele Ähnlichkeit (συμφέρεται) mit dem, p1b_019.015
welchen die Griechen unter dem Namen Linos singen. Wie ich mich über Vieles p1b_019.016
in Ägypten wundere, so wundere ich mich auch darüber, woher sie nur den p1b_019.017
Linosgesang haben mögen; denn es scheint mir, daß er von jeher bei ihnen p1b_019.018
gebräuchlich war. Linos wird auf ägyptisch Maneros (Μανέρως) genannt und p1b_019.019
war, wie sie erzählen, der einzige Sohn des ersten ägyptischen Königs, und p1b_019.020
es wurde sein früher Tod in Trauergesängen beklagt.“ Das soll ihr erster p1b_019.021
und einziger Gesang gewesen sein. Dieser Linos- oder Manerosgesang, die p1b_019.022
süßtönende Klage über das rasche Hingehen der blühenden Jugend, über das p1b_019.023
rasche Verblühen des Lenzes, zieht sich, wie bereits angedeutet, durch das p1b_019.024
ganze Altertum als Totenklage um Adonis, Linos, Lityerses, Attis, Maneros, p1b_019.025
die in der Schönheit ihrer Jugendblüte gewaltsam hingerafft wurden. Die p1b_019.026
Lieder, von denen Herodot hier spricht, sind augenscheinlich Volkslieder.

p1b_019.027
Die alten Araber hatten schon lange vor Muhamed ihre sieben großen p1b_019.028
Dichter, deren Dichtungen im Tempel zu Mekka aufgehängt wurden. Die p1b_019.029
Araber nennen Adam den ersten Dichter (s. Latifi's Nachrichten von türkischen p1b_019.030
Dichtern, v. Th. Chabert v. 6). Beim Tode Abels sang er, vom Schmerz p1b_019.031
der Sterblichkeit und Vergänglichkeit erfaßt u. s. w.

p1b_019.032
Wen Wang, der Lehensfürst des kleinen Staates Tscheu im 12. Jahrhundert p1b_019.033
v. Chr., fing an, kleine Volksgedichte zu sammeln. Auch seine Nachfolger p1b_019.034
pflegten die Poesie, und die Statthalter mußten jährlich die Volkslieder p1b_019.035
in die Archive einsenden. Confucius, welcher während der Dynastie Tscheu p1b_019.036
(550 v. Chr.) lebte, sammelte in sechs Büchern diese eingeschickten Lieder, p1b_019.037
deren drittes, Schi-King, von Fr. Rückert deutsch umgedichtet wurde. Diese p1b_019.038
alte chinesische Poesie hat einen pedantischen Zug, wie die chinesischen Gartenanlagen p1b_019.039
und romantischen Scenen, die an Jean Pauls Lilar (im Titan) mit p1b_019.040
seinem Elysium und Tartarus erinnern; ihre Schauerscenen sind freilich oft sinnreicher p1b_019.041
angelegt als die kleinlichen Tartarusschrecken Lilars. Dabei zeigt sich in der p1b_019.042
Poesie der Chinesen viel öfter das Absonderliche und Fratzenhafte, als das Anmutige.

p1b_019.043
Auch an den Kamihöfen in Japan liebte man es in der ältesten Zeit, p1b_019.044
sich mit Musik und Gesang zu ergötzen, mit Versemachen u. s. w. (Vgl. Ambros

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0053" n="19"/><lb n="p1b_019.001"/><foreign xml:lang="grc">&#x03BF;&#x1F30;&#x03C4;&#x03CC;&#x03BB;&#x03B9;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> von <foreign xml:lang="grc">&#x1F41; &#x03BF;&#x1F36;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> Geschick, Unglück; beide überall nur den Trauergesang <lb n="p1b_019.002"/>
bezeichnend, während <foreign xml:lang="grc">&#x03BB;&#x03AF;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;</foreign> z. B. bei Euripides allgemein nur <hi rendition="#g">Lied</hi> bedeutete) <lb n="p1b_019.003"/>
fand sich in dem Lityerses (<foreign xml:lang="grc">&#x039B;&#x03B9;&#x03C4;&#x03C5;&#x03AD;&#x03C1;&#x03C3;&#x03B7;&#x03C2;</foreign>) der Phrygier, sowie dem Manerosgesange <lb n="p1b_019.004"/>
der Ägypter und dem Bormos der Mariandyner. (Die Mariandyner, <lb n="p1b_019.005"/>
östliche Nachbarn der Phrygier, klagten um den schönen, in der Jugendblüte <lb n="p1b_019.006"/>
vom Tod entrafften Knaben Bormos, der den Schnittern Wasser bringen sollte, <lb n="p1b_019.007"/>
aber von den Nymphen des Baches in die Flut gerissen wurde.) Da die Ägypter <lb n="p1b_019.008"/>
und verschiedene arische Volksstämme die gleiche Art Trauergesang haben, so kann <lb n="p1b_019.009"/>
man wohl glauben, daß der Linosgesang aus Asien stamme &#x2500; vielleicht aus <lb n="p1b_019.010"/>
Jndien.</p>
          <p><lb n="p1b_019.011"/>
Von dem ältesten Gesange der Ägypter berichtet Herodot (<hi rendition="#aq">II</hi>. 79): <lb n="p1b_019.012"/>
&#x201E;Die Ägypter haben unter andern merkwürdigen Stücken einen Gesang, <lb n="p1b_019.013"/>
welcher in Phönizien, Cypern und anderwärts gesungen, aber bei jedem Volke <lb n="p1b_019.014"/>
anders genannt wird. Er hat viele Ähnlichkeit (<foreign xml:lang="grc">&#x03C3;&#x03C5;&#x03BC;&#x03C6;&#x03AD;&#x03C1;&#x03B5;&#x03C4;&#x03B1;&#x03B9;</foreign>) mit <hi rendition="#g">dem,</hi> <lb n="p1b_019.015"/>
welchen die Griechen unter dem Namen Linos singen. Wie ich mich über Vieles <lb n="p1b_019.016"/>
in Ägypten wundere, so wundere ich mich auch darüber, woher sie nur den <lb n="p1b_019.017"/>
Linosgesang haben mögen; denn es scheint mir, daß er von jeher bei ihnen <lb n="p1b_019.018"/>
gebräuchlich war. Linos wird auf ägyptisch Maneros (<foreign xml:lang="grc">&#x039C;&#x03B1;&#x03BD;&#x03AD;&#x03C1;&#x03C9;&#x03C2;</foreign>) genannt und <lb n="p1b_019.019"/>
war, wie sie erzählen, der einzige Sohn des ersten ägyptischen Königs, und <lb n="p1b_019.020"/>
es wurde sein früher Tod in Trauergesängen beklagt.&#x201C; Das soll ihr erster <lb n="p1b_019.021"/>
und einziger Gesang gewesen sein. Dieser Linos- oder Manerosgesang, die <lb n="p1b_019.022"/>
süßtönende Klage über das rasche Hingehen der blühenden Jugend, über das <lb n="p1b_019.023"/>
rasche Verblühen des Lenzes, zieht sich, wie bereits angedeutet, durch das <lb n="p1b_019.024"/>
ganze Altertum als Totenklage um Adonis, Linos, Lityerses, Attis, Maneros, <lb n="p1b_019.025"/>
die in der Schönheit ihrer Jugendblüte gewaltsam hingerafft wurden. Die <lb n="p1b_019.026"/>
Lieder, von denen Herodot hier spricht, sind augenscheinlich <hi rendition="#g">Volkslieder.</hi></p>
          <p><lb n="p1b_019.027"/>
Die alten Araber hatten schon lange vor Muhamed ihre sieben großen <lb n="p1b_019.028"/>
Dichter, deren Dichtungen im Tempel zu <hi rendition="#g">Mekka</hi> aufgehängt wurden. Die <lb n="p1b_019.029"/>
Araber nennen Adam den ersten Dichter (s. Latifi's Nachrichten von türkischen <lb n="p1b_019.030"/>
Dichtern, v. Th. Chabert v. 6). Beim Tode Abels sang er, vom Schmerz <lb n="p1b_019.031"/>
der Sterblichkeit und Vergänglichkeit erfaßt u. s. w.</p>
          <p><lb n="p1b_019.032"/><hi rendition="#g">Wen Wang,</hi> der Lehensfürst des kleinen Staates Tscheu im 12. Jahrhundert <lb n="p1b_019.033"/>
v. Chr., fing an, kleine Volksgedichte zu sammeln. Auch seine Nachfolger <lb n="p1b_019.034"/>
pflegten die Poesie, und die Statthalter mußten jährlich die Volkslieder <lb n="p1b_019.035"/>
in die Archive einsenden. <hi rendition="#g">Confucius,</hi> welcher während der Dynastie <hi rendition="#g">Tscheu</hi> <lb n="p1b_019.036"/>
(550 v. Chr.) lebte, sammelte in sechs Büchern diese eingeschickten Lieder, <lb n="p1b_019.037"/>
deren drittes, <hi rendition="#g">Schi-King,</hi> von Fr. Rückert deutsch umgedichtet wurde. Diese <lb n="p1b_019.038"/>
alte chinesische Poesie hat einen pedantischen Zug, wie die chinesischen Gartenanlagen <lb n="p1b_019.039"/>
und romantischen Scenen, die an Jean Pauls Lilar (im Titan) mit <lb n="p1b_019.040"/>
seinem Elysium und Tartarus erinnern; ihre Schauerscenen sind freilich oft sinnreicher <lb n="p1b_019.041"/>
angelegt als die kleinlichen Tartarusschrecken Lilars. Dabei zeigt sich in der <lb n="p1b_019.042"/>
Poesie der Chinesen viel öfter das Absonderliche und Fratzenhafte, als das Anmutige.</p>
          <p><lb n="p1b_019.043"/>
Auch an den Kamihöfen in Japan liebte man es in der ältesten Zeit, <lb n="p1b_019.044"/>
sich mit Musik und Gesang zu ergötzen, mit Versemachen u. s. w. (Vgl. Ambros
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0053] p1b_019.001 οἰτόλινος von ὁ οἶτος Geschick, Unglück; beide überall nur den Trauergesang p1b_019.002 bezeichnend, während λίνος z. B. bei Euripides allgemein nur Lied bedeutete) p1b_019.003 fand sich in dem Lityerses (Λιτυέρσης) der Phrygier, sowie dem Manerosgesange p1b_019.004 der Ägypter und dem Bormos der Mariandyner. (Die Mariandyner, p1b_019.005 östliche Nachbarn der Phrygier, klagten um den schönen, in der Jugendblüte p1b_019.006 vom Tod entrafften Knaben Bormos, der den Schnittern Wasser bringen sollte, p1b_019.007 aber von den Nymphen des Baches in die Flut gerissen wurde.) Da die Ägypter p1b_019.008 und verschiedene arische Volksstämme die gleiche Art Trauergesang haben, so kann p1b_019.009 man wohl glauben, daß der Linosgesang aus Asien stamme ─ vielleicht aus p1b_019.010 Jndien. p1b_019.011 Von dem ältesten Gesange der Ägypter berichtet Herodot (II. 79): p1b_019.012 „Die Ägypter haben unter andern merkwürdigen Stücken einen Gesang, p1b_019.013 welcher in Phönizien, Cypern und anderwärts gesungen, aber bei jedem Volke p1b_019.014 anders genannt wird. Er hat viele Ähnlichkeit (συμφέρεται) mit dem, p1b_019.015 welchen die Griechen unter dem Namen Linos singen. Wie ich mich über Vieles p1b_019.016 in Ägypten wundere, so wundere ich mich auch darüber, woher sie nur den p1b_019.017 Linosgesang haben mögen; denn es scheint mir, daß er von jeher bei ihnen p1b_019.018 gebräuchlich war. Linos wird auf ägyptisch Maneros (Μανέρως) genannt und p1b_019.019 war, wie sie erzählen, der einzige Sohn des ersten ägyptischen Königs, und p1b_019.020 es wurde sein früher Tod in Trauergesängen beklagt.“ Das soll ihr erster p1b_019.021 und einziger Gesang gewesen sein. Dieser Linos- oder Manerosgesang, die p1b_019.022 süßtönende Klage über das rasche Hingehen der blühenden Jugend, über das p1b_019.023 rasche Verblühen des Lenzes, zieht sich, wie bereits angedeutet, durch das p1b_019.024 ganze Altertum als Totenklage um Adonis, Linos, Lityerses, Attis, Maneros, p1b_019.025 die in der Schönheit ihrer Jugendblüte gewaltsam hingerafft wurden. Die p1b_019.026 Lieder, von denen Herodot hier spricht, sind augenscheinlich Volkslieder. p1b_019.027 Die alten Araber hatten schon lange vor Muhamed ihre sieben großen p1b_019.028 Dichter, deren Dichtungen im Tempel zu Mekka aufgehängt wurden. Die p1b_019.029 Araber nennen Adam den ersten Dichter (s. Latifi's Nachrichten von türkischen p1b_019.030 Dichtern, v. Th. Chabert v. 6). Beim Tode Abels sang er, vom Schmerz p1b_019.031 der Sterblichkeit und Vergänglichkeit erfaßt u. s. w. p1b_019.032 Wen Wang, der Lehensfürst des kleinen Staates Tscheu im 12. Jahrhundert p1b_019.033 v. Chr., fing an, kleine Volksgedichte zu sammeln. Auch seine Nachfolger p1b_019.034 pflegten die Poesie, und die Statthalter mußten jährlich die Volkslieder p1b_019.035 in die Archive einsenden. Confucius, welcher während der Dynastie Tscheu p1b_019.036 (550 v. Chr.) lebte, sammelte in sechs Büchern diese eingeschickten Lieder, p1b_019.037 deren drittes, Schi-King, von Fr. Rückert deutsch umgedichtet wurde. Diese p1b_019.038 alte chinesische Poesie hat einen pedantischen Zug, wie die chinesischen Gartenanlagen p1b_019.039 und romantischen Scenen, die an Jean Pauls Lilar (im Titan) mit p1b_019.040 seinem Elysium und Tartarus erinnern; ihre Schauerscenen sind freilich oft sinnreicher p1b_019.041 angelegt als die kleinlichen Tartarusschrecken Lilars. Dabei zeigt sich in der p1b_019.042 Poesie der Chinesen viel öfter das Absonderliche und Fratzenhafte, als das Anmutige. p1b_019.043 Auch an den Kamihöfen in Japan liebte man es in der ältesten Zeit, p1b_019.044 sich mit Musik und Gesang zu ergötzen, mit Versemachen u. s. w. (Vgl. Ambros

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/53
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/53>, abgerufen am 23.11.2024.