Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_552.001 Vers 1.Nehmt dies mein Blumenopfer, heil'ge Manen! p1b_552.003 p1b_552.010Wie Göttern biet' ich euch die eignen Gaben. p1b_552.004 Mit euch zu leben und den deutschen Ahnen, p1b_552.005 Jst, was mir einzig das Gemüt kann laben, p1b_552.006 Halb Römer, stammt ihr dennoch von Germanen: p1b_552.007 So laßt mit deutscher Red' euch denn begaben p1b_552.008 Und heim euch führen an des Wohllauts Banden p1b_552.009 Zu nördlichen aus südlich schönen Landen. Vers 2.Eins war Europa in den großen Zeiten, p1b_552.011 p1b_552.018Ein Vaterland, des Boden hehr entsprossen, p1b_552.012 Was Edle kann in Tod und Leben leiten: p1b_552.013 Ein Rittertum schuf Kämpfer zu Genossen, p1b_552.014 Für Einen Glauben wollten alle streiten, p1b_552.015 Die Herzen waren Einer Lieb erschlossen; p1b_552.016 Da war auch Eine Poesie erklungen, p1b_552.017 Jn Einem Sinn, nur in verschiednen Zungen. (A. W. Schlegel.) p1b_552.019 Vers 3.Die Poesie in allen ihren Zungen p1b_552.023 p1b_552.030Jst dem Geweihten Eine Sprache nur, p1b_552.024 Die Sprache, die im Paradies erklungen, p1b_552.025 Eh' sie verwildert auf der wilden Flur. p1b_552.026 Doch wo sie nun auch sei hervorgedrungen, p1b_552.027 Von ihrem Ursprung trägt sie noch die Spur; p1b_552.028 Und ob sie dumpf im Wüstenglutwind stöhne, p1b_552.029 Es sind auch hier des Paradieses Töne. &c. Vers 4.Jndes ergoß mit festlichem Gepränge p1b_552.031 p1b_552.038Die helle Schar in dicht geschloss'nen Reihn, p1b_552.032 Jm süßen Duft der kühlen Laubengänge, p1b_552.033 Auf weichem Pfad sich wogend durch den Hain. p1b_552.034 Stets näher kam das Wehn der holden Klänge, p1b_552.035 Stets höher stieg der Sonne später Schein: p1b_552.036 Da zeigte sich das Ziel der irren Wege, p1b_552.037 Ein grün Gefild mit waldigem Gehege. (Ernst Schulze, Die bezauberte Rose.) p1b_552.039 p1b_552.040 p1b_552.041 p1b_552.001 Vers 1.Nehmt dies mein Blumenopfer, heil'ge Manen! p1b_552.003 p1b_552.010Wie Göttern biet' ich euch die eignen Gaben. p1b_552.004 Mit euch zu leben und den deutschen Ahnen, p1b_552.005 Jst, was mir einzig das Gemüt kann laben, p1b_552.006 Halb Römer, stammt ihr dennoch von Germanen: p1b_552.007 So laßt mit deutscher Red' euch denn begaben p1b_552.008 Und heim euch führen an des Wohllauts Banden p1b_552.009 Zu nördlichen aus südlich schönen Landen. 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Wielandsche Oktaven.</p> <p><lb n="p1b_552.041"/> Wieland hat die Oktavenform in seinem Oberon gewählt, wobei <lb n="p1b_552.042"/> er sich besondere Freiheiten in der Anzahl der Verstakte, in der Reimwiederholung <lb n="p1b_552.043"/> und Reimstellung und im Reimgeschlecht gestattet. Sogar <lb n="p1b_552.044"/> den gepaarten Reim am Schluß vernachlässigt er. Zuweilen fügt er <lb n="p1b_552.045"/> Anapäste ein.</p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [552/0586]
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Beispiele:
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Halb Römer, stammt ihr dennoch von Germanen: p1b_552.007
So laßt mit deutscher Red' euch denn begaben p1b_552.008
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Zu nördlichen aus südlich schönen Landen.
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(A. W. Schlegel.)
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Oktaven angelehnt zu haben:
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Es sind auch hier des Paradieses Töne. &c.
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Die helle Schar in dicht geschloss'nen Reihn, p1b_552.032
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Verschiedenartig gebaute Oktaven.
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Wieland hat die Oktavenform in seinem Oberon gewählt, wobei p1b_552.042
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und Reimstellung und im Reimgeschlecht gestattet. Sogar p1b_552.044
den gepaarten Reim am Schluß vernachlässigt er. Zuweilen fügt er p1b_552.045
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