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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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Der Minnesinger Kanzler liebte es, je zwei gebrochen geschriebene Hildebrandstrophen p1b_614.002
zu einer Strophe zu vereinigen, z. B.:

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Verschamten schanden türsten p1b_614.004
verschamt ist iuwer muot, p1b_614.005
ir stritet unde vehtet p1b_614.006
niht wan in iuwern sak. p1b_614.007
Wie pfleget ir der vürsten, p1b_614.008
war kumt der herren guot? p1b_614.009
unschuldik wilt ir ehtet, p1b_614.010
gitig ist iuwer hak. p1b_614.011
Buoze unde bezzerunge p1b_614.012
vil maniger vor iu tuot; p1b_614.013
swer helwen gar uz swunge, p1b_614.014
der same wurde guot; p1b_614.015
doch wäre hufe kleine, p1b_614.016
der helwen ist ze vil: p1b_614.017
uz ruhem swarzem beine p1b_614.018
wart nie guot würfelspil.

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(v. d. Hagens Minnesinger II, 388.)

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l. Bernerton.

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So herter tag erluhte in nie: p1b_614.022
s'waz sie da vor gestriten ie, p1b_614.023
des wart do gar vergessen. p1b_614.024
Ir maht was in entwichen gar, p1b_614.025
sie leitens mit den swerten dar: p1b_614.026
uf Ecken wart gemessen p1b_614.027
Ein also ungefüger slag, p1b_614.028
daz er kam von den sinnen p1b_614.029
und vor im auf der erden lag. p1b_614.030
Doch moht ern niht gewinnen, p1b_614.031
unz er ein neue maht gewan; p1b_614.032
do sprang Eck von der Erde p1b_614.033
und lief in wider an.

(Aus dem Eckenlied.)

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§ 194. Das Gesetz der Dreiteiligkeit im mittelhochdeutschen p1b_614.035
Strophenbau als Vorrecht deutscher Gründlichkeit.

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Wie schon die Beispiele b-l im § 193 S. 610 ff. ersehen lassen, p1b_614.037
waren die Strophen der Minnesinger dreiteilig. Die beiden ersten, im p1b_614.038
Bau sich entsprechenden Teile nannten die Meistersänger die Stollen p1b_614.039
(von stollo == Stütze, Gestell, Gerüst, Gezimmer); diese beiden Teile p1b_614.040
bildeten den Aufgesang. Der letzte alleinstehende, ungleiche Teil, der p1b_614.041
oft mehr Zeilen hatte als die beiden Aufgesangsstollen zusammengenommen, p1b_614.042
hieß Abgesang. (Das Bild des Gezimmers oder Gerüsts p1b_614.043
gebraucht zuerst Wolfr. von Eschenbach, indem er im Wartburgkrieg p1b_614.044
von der meisterlichen Decke des fremden Zimmers spricht. Vgl. Hagens p1b_614.045
Minnes. II. S. 10. Strophe 35 und 36.)

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Der Minnesinger Kanzler liebte es, je zwei gebrochen geschriebene Hildebrandstrophen p1b_614.002
zu einer Strophe zu vereinigen, z. B.:

p1b_614.003

Verschamten schanden türsten p1b_614.004
verschamt ist iuwer muot, p1b_614.005
ir stritet unde vehtet p1b_614.006
niht wan in iuwern sak. p1b_614.007
Wie pfleget ir der vürsten, p1b_614.008
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(v. d. Hagens Minnesinger II, 388.)

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l. Bernerton.

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So herter tag erluhte in nie: p1b_614.022
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des wart do gar vergessen. p1b_614.024
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(Aus dem Eckenlied.)

p1b_614.034
§ 194. Das Gesetz der Dreiteiligkeit im mittelhochdeutschen p1b_614.035
Strophenbau als Vorrecht deutscher Gründlichkeit.

p1b_614.036
Wie schon die Beispiele b─l im § 193 S. 610 ff. ersehen lassen, p1b_614.037
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/648>, abgerufen am 22.11.2024.