Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_640.001 Formen der vierzeiligen Strophe. p1b_640.002 p1b_640.003 Mannichem Herzen thät der kalte Winter Leide, p1b_640.005 p1b_640.008Das hat überwunden Wald und auch die Heide p1b_640.006 Mit ihrem grünen farb'gen Kleide, p1b_640.007 Winter, mit dir all mein Gram von hinnen scheide. (Heinrich von Veldeke. Aus Tieck XX. 51. Vgl. v. d. Hagens p1b_640.009 Liebe sei vor allen Dingen p1b_640.011 p1b_640.014Unser Thema, wenn wir singen; p1b_640.012 Kann sie gar das Lied durchdringen, p1b_640.013 Wird's um desto besser klingen. (Goethe, Westöstl. Divan in "Elemente" Str. 2.) p1b_640.015 p1b_640.016 p1b_640.019 Wankende Schatten am Stromesrande, p1b_640.021 Freundesgespräch und Liebesbande, p1b_640.022 Schenken, wohl zu kredenzen im Stande, p1b_640.023 Wein und Gesänge lieblich. p1b_640.024 Höre den Rat, benütze die Zeiten, p1b_640.025 Siehe die Wellen vorübergleiten, p1b_640.026 Eile, willst du ein Fest dir bereiten, p1b_640.027 Frühlingstage sind lieblich u. s. w. (Rückert.) p1b_640.028 p1b_640.030 p1b_640.031 p1b_640.035 p1b_640.001 Formen der vierzeiligen Strophe. p1b_640.002 p1b_640.003 Mannichem Herzen thät der kalte Winter Leide, p1b_640.005 p1b_640.008Das hat überwunden Wald und auch die Heide p1b_640.006 Mit ihrem grünen farb'gen Kleide, p1b_640.007 Winter, mit dir all mein Gram von hinnen scheide. (Heinrich von Veldeke. Aus Tieck XX. 51. Vgl. v. d. Hagens p1b_640.009 Liebe sei vor allen Dingen p1b_640.011 p1b_640.014Unser Thema, wenn wir singen; p1b_640.012 Kann sie gar das Lied durchdringen, p1b_640.013 Wird's um desto besser klingen. (Goethe, Westöstl. Divan in „Elemente“ Str. 2.) p1b_640.015 p1b_640.016 p1b_640.019 Wankende Schatten am Stromesrande, p1b_640.021 Freundesgespräch und Liebesbande, p1b_640.022 Schenken, wohl zu kredenzen im Stande, p1b_640.023 Wein und Gesänge lieblich. p1b_640.024 Höre den Rat, benütze die Zeiten, p1b_640.025 Siehe die Wellen vorübergleiten, p1b_640.026 Eile, willst du ein Fest dir bereiten, p1b_640.027 Frühlingstage sind lieblich u. s. w. 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(<hi rendition="#g">Neue Nibelungenstrophe</hi>.)</p> <p><lb n="p1b_640.031"/> Dieses Schema hat die mittelhochdeutsche Nibelungenstrophe, die Kürenbergerstrophe, <lb n="p1b_640.032"/> die Gudrunstrophe, die Hildebrandstrophe und die <hi rendition="#g">neue Nibelungenstrophe.</hi> <lb n="p1b_640.033"/> Beispiele s. §§ 190, 191, 192, 193, sowie 107, 6. <lb n="p1b_640.034"/> S. 317.</p> <p><lb n="p1b_640.035"/> Die neue Nibelungenstrophe besteht aus 4 neuen Nibelungenversen (vgl. § 107 <lb n="p1b_640.036"/> S. 317 d. B.). Die gesetzliche Aufstellung dieses Verses, von dem wir am Schluß <lb n="p1b_640.037"/> des § 191. S. 606 behaupteten, daß er zum jambischen Sechstakter eingetrocknet <lb n="p1b_640.038"/> sei, nannte man fälschlich „Herstellung der Reinheit des Versmaßes“. Fast <lb n="p1b_640.039"/> das ganze Dichterheer hat sich sklavisch an dieses jambische, monotone Schema <lb n="p1b_640.040"/> (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –) gehalten. Jch erwähne außer den in § 107, <lb n="p1b_640.041"/> 6, <hi rendition="#aq">B</hi> genannten Dichtern nur noch Spee (Trutznachtigall), Simon Dach (Lied <lb n="p1b_640.042"/> der Freundschaft), Schenkendorf (Die deutschen Städte), Arnim (Trost im <lb n="p1b_640.043"/> Gebet), Fouqu<hi rendition="#aq">é</hi> (Gottes Zucht), Novalis (Treue), Albert Knapp (Morgenstern) <lb n="p1b_640.044"/> u. s. w. Einige Dichter haben durch Abwechselung des Reimgeschlechts der </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [640/0674]
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Formen der vierzeiligen Strophe.
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1. a a a a.
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Beispiele:
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Mannichem Herzen thät der kalte Winter Leide, p1b_640.005
Das hat überwunden Wald und auch die Heide p1b_640.006
Mit ihrem grünen farb'gen Kleide, p1b_640.007
Winter, mit dir all mein Gram von hinnen scheide.
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(Heinrich von Veldeke. Aus Tieck XX. 51. Vgl. v. d. Hagens p1b_640.009
Minnesinger I. 40.)
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Liebe sei vor allen Dingen p1b_640.011
Unser Thema, wenn wir singen; p1b_640.012
Kann sie gar das Lied durchdringen, p1b_640.013
Wird's um desto besser klingen.
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(Goethe, Westöstl. Divan in „Elemente“ Str. 2.)
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2. a a a b.
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Jn dieser Strophe hat sich Rückert bewährt, indem er die reimlose p1b_640.017
Zeile b durch ihre Wiederkehr am Ende jeder Strophe zu einem refrainartigen p1b_640.018
Reimbande gestaltete.
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Beispiel:
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Wankende Schatten am Stromesrande, p1b_640.021
Freundesgespräch und Liebesbande, p1b_640.022
Schenken, wohl zu kredenzen im Stande, p1b_640.023
Wein und Gesänge lieblich.
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Höre den Rat, benütze die Zeiten, p1b_640.025
Siehe die Wellen vorübergleiten, p1b_640.026
Eile, willst du ein Fest dir bereiten, p1b_640.027
Frühlingstage sind lieblich u. s. w.
(Rückert.)
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Ähnliches Schema hat das schottische Volkslied Schön Mary in Arentsschildts p1b_640.029
Völkerstimmen S. 167.
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3. a a b b. (Neue Nibelungenstrophe.)
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Dieses Schema hat die mittelhochdeutsche Nibelungenstrophe, die Kürenbergerstrophe, p1b_640.032
die Gudrunstrophe, die Hildebrandstrophe und die neue Nibelungenstrophe. p1b_640.033
Beispiele s. §§ 190, 191, 192, 193, sowie 107, 6. p1b_640.034
S. 317.
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Die neue Nibelungenstrophe besteht aus 4 neuen Nibelungenversen (vgl. § 107 p1b_640.036
S. 317 d. B.). Die gesetzliche Aufstellung dieses Verses, von dem wir am Schluß p1b_640.037
des § 191. S. 606 behaupteten, daß er zum jambischen Sechstakter eingetrocknet p1b_640.038
sei, nannte man fälschlich „Herstellung der Reinheit des Versmaßes“. Fast p1b_640.039
das ganze Dichterheer hat sich sklavisch an dieses jambische, monotone Schema p1b_640.040
(⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –) gehalten. Jch erwähne außer den in § 107, p1b_640.041
6, B genannten Dichtern nur noch Spee (Trutznachtigall), Simon Dach (Lied p1b_640.042
der Freundschaft), Schenkendorf (Die deutschen Städte), Arnim (Trost im p1b_640.043
Gebet), Fouqué (Gottes Zucht), Novalis (Treue), Albert Knapp (Morgenstern) p1b_640.044
u. s. w. Einige Dichter haben durch Abwechselung des Reimgeschlechts der
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