Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_641.001 p1b_641.005 p1b_641.008 a. O süße Wolkenbilderwelt, p1b_641.013 p1b_641.016Vom Licht geküßt, in Lust gesellt, p1b_641.014 Ein Duftgebäu, wie Menschenglück! p1b_641.015 Was läßt der Wind von dir zurück? (Karl Hartmann Mayer.) p1b_641.017b. Wär' ich die Luft, um die Flügel zu schlagen, p1b_641.018 Wolken zu jagen, p1b_641.019 Über die Gipfel der Berge zu streben, p1b_641.020 Das wär' ein Leben! (Rückert.) p1b_641.021 p1b_641.022 p1b_641.026 Die Nacht ist feucht und stürmisch, p1b_641.028 Der Himmel sternenleer; p1b_641.029 Jm Wald unter rauschenden Bäumen p1b_641.030 Wandle ich schweigend umher.(Heine.) p1b_641.031 Jch ging im Walde p1b_641.032 So für mich hin, p1b_641.033 Und nichts zu suchen, p1b_641.034 Das war mein Sinn.(Goethe, Gefunden.) p1b_641.035 p1b_641.039Die Königin blickt durch's Fenster, p1b_641.036 Ein Jüngling der stand da draus, p1b_641.037 Sie wirkt' ihm von dem Söller, p1b_641.038 Er sollte kommen in's Haus. (Albertus Magnus. Kretzschmers Volkslieder. II. S. 145.) p1b_641.040 p1b_641.042 p1b_641.043 p1b_641.001 p1b_641.005 p1b_641.008 a. O süße Wolkenbilderwelt, p1b_641.013 p1b_641.016Vom Licht geküßt, in Lust gesellt, p1b_641.014 Ein Duftgebäu, wie Menschenglück! p1b_641.015 Was läßt der Wind von dir zurück? (Karl Hartmann Mayer.) p1b_641.017b. Wär' ich die Luft, um die Flügel zu schlagen, p1b_641.018 Wolken zu jagen, p1b_641.019 Über die Gipfel der Berge zu streben, p1b_641.020 Das wär' ein Leben! (Rückert.) p1b_641.021 p1b_641.022 p1b_641.026 Die Nacht ist feucht und stürmisch, p1b_641.028 Der Himmel sternenleer; p1b_641.029 Jm Wald unter rauschenden Bäumen p1b_641.030 Wandle ich schweigend umher.(Heine.) p1b_641.031 Jch ging im Walde p1b_641.032 So für mich hin, p1b_641.033 Und nichts zu suchen, p1b_641.034 Das war mein Sinn.(Goethe, Gefunden.) p1b_641.035 p1b_641.039Die Königin blickt durch's Fenster, p1b_641.036 Ein Jüngling der stand da draus, p1b_641.037 Sie wirkt' ihm von dem Söller, p1b_641.038 Er sollte kommen in's Haus. (Albertus Magnus. Kretzschmers Volkslieder. II. S. 145.) p1b_641.040 p1b_641.042 p1b_641.043 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0675" n="641"/><lb n="p1b_641.001"/> Monotonie vorzubeugen gesucht, z. B. Dusch (Fall der ersten Menschen), Arndt <lb n="p1b_641.002"/> (Klage um drei junge Helden), Goethe (Der König in Thule) u. A. Wieder <lb n="p1b_641.003"/> Andere haben verständnisvoll Anapäste eingefügt. (Beispiele s. in § 107. <lb n="p1b_641.004"/> S. 319 d. B.)</p> <p><lb n="p1b_641.005"/> Die <hi rendition="#g">neue Nibelungenstrophe</hi> kam bei allen Dilettanten in Aufnahme, <lb n="p1b_641.006"/> da der gleichmäßige Rhythmus und die Weglassung der 4. Hebung in der <lb n="p1b_641.007"/> letzten Hälfte der 4. Zeile ihre Anwendung bequem machte.</p> <p><lb n="p1b_641.008"/> Von dem Schema <hi rendition="#aq">a a b b</hi> giebt es noch viele Formen, die weder im <lb n="p1b_641.009"/> Rhythmus noch in der Zeilenlänge mit der neuen Nibelungenstrophe verwandt <lb n="p1b_641.010"/> sind. Eine solche Form ist die charakterlose, aus jambischen Viertaktern gebildete <lb n="p1b_641.011"/> Strophe des Beispiels <hi rendition="#aq">a</hi>, sowie die schwungvolle, daktylisch bewegte des Beispiels <hi rendition="#aq">b</hi>.</p> <lb n="p1b_641.012"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">a</hi>.</p> <lg> <l>O süße Wolkenbilderwelt,</l> <lb n="p1b_641.013"/> <l>Vom Licht geküßt, in Lust gesellt,</l> <lb n="p1b_641.014"/> <l>Ein Duftgebäu, wie Menschenglück!</l> <lb n="p1b_641.015"/> <l>Was läßt der Wind von dir zurück?</l> </lg> <lb n="p1b_641.016"/> <p> <hi rendition="#right">(Karl Hartmann Mayer.)</hi> </p> <lb n="p1b_641.017"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">b</hi>.</p> <lg> <l>Wär' ich die Luft, um die Flügel zu schlagen,</l> <lb n="p1b_641.018"/> <l>Wolken zu jagen,</l> <lb n="p1b_641.019"/> <l>Über die Gipfel der Berge zu streben,</l> <lb n="p1b_641.020"/> <l>Das wär' ein Leben!</l> </lg> <p> <hi rendition="#right">(Rückert.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_641.021"/> 4. <hi rendition="#aq">a b c b</hi>. (<hi rendition="#g">Dilettantenstrophe</hi> 1.)</p> <p><lb n="p1b_641.022"/> Diese bequeme Strophe, welche nur den <hi rendition="#aq">b</hi> Reim hat, entstand ursprünglich <lb n="p1b_641.023"/> durch Brechung der Nibelungenstrophe. (Vgl. S. 318 d. B.) Sie hat <lb n="p1b_641.024"/> unzählige Modifikationen erlebt und wurde auch von den namhaftesten Dichternnicht <lb n="p1b_641.025"/> verschmäht.</p> <p> <lb n="p1b_641.026"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_641.027"/> <lg> <l>Die Nacht ist feucht und stürmisch,</l> <lb n="p1b_641.028"/> <l>Der Himmel sternenleer;</l> <lb n="p1b_641.029"/> <l>Jm Wald unter rauschenden Bäumen</l> <lb n="p1b_641.030"/> <l>Wandle ich schweigend umher.<hi rendition="#right">(Heine.)</hi> </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_641.031"/> <l>Jch ging im Walde</l> <lb n="p1b_641.032"/> <l>So für mich hin,</l> <lb n="p1b_641.033"/> <l>Und nichts zu suchen,</l> <lb n="p1b_641.034"/> <l>Das war mein Sinn.<hi rendition="#right">(Goethe, Gefunden.)</hi> </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_641.035"/> <l>Die Königin blickt durch's Fenster,</l> <lb n="p1b_641.036"/> <l>Ein Jüngling der stand da draus,</l> <lb n="p1b_641.037"/> <l>Sie wirkt' ihm von dem Söller,</l> <lb n="p1b_641.038"/> <l>Er sollte kommen in's Haus.</l> </lg> <lb n="p1b_641.039"/> <p> <hi rendition="#right">(Albertus Magnus. 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Monotonie vorzubeugen gesucht, z. B. Dusch (Fall der ersten Menschen), Arndt p1b_641.002
(Klage um drei junge Helden), Goethe (Der König in Thule) u. A. Wieder p1b_641.003
Andere haben verständnisvoll Anapäste eingefügt. (Beispiele s. in § 107. p1b_641.004
S. 319 d. B.)
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Die neue Nibelungenstrophe kam bei allen Dilettanten in Aufnahme, p1b_641.006
da der gleichmäßige Rhythmus und die Weglassung der 4. Hebung in der p1b_641.007
letzten Hälfte der 4. Zeile ihre Anwendung bequem machte.
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Von dem Schema a a b b giebt es noch viele Formen, die weder im p1b_641.009
Rhythmus noch in der Zeilenlänge mit der neuen Nibelungenstrophe verwandt p1b_641.010
sind. Eine solche Form ist die charakterlose, aus jambischen Viertaktern gebildete p1b_641.011
Strophe des Beispiels a, sowie die schwungvolle, daktylisch bewegte des Beispiels b.
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a.
O süße Wolkenbilderwelt, p1b_641.013
Vom Licht geküßt, in Lust gesellt, p1b_641.014
Ein Duftgebäu, wie Menschenglück! p1b_641.015
Was läßt der Wind von dir zurück?
p1b_641.016
(Karl Hartmann Mayer.)
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b.
Wär' ich die Luft, um die Flügel zu schlagen, p1b_641.018
Wolken zu jagen, p1b_641.019
Über die Gipfel der Berge zu streben, p1b_641.020
Das wär' ein Leben!
(Rückert.)
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4. a b c b. (Dilettantenstrophe 1.)
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Diese bequeme Strophe, welche nur den b Reim hat, entstand ursprünglich p1b_641.023
durch Brechung der Nibelungenstrophe. (Vgl. S. 318 d. B.) Sie hat p1b_641.024
unzählige Modifikationen erlebt und wurde auch von den namhaftesten Dichternnicht p1b_641.025
verschmäht.
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Beispiele:
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Die Nacht ist feucht und stürmisch, p1b_641.028
Der Himmel sternenleer; p1b_641.029
Jm Wald unter rauschenden Bäumen p1b_641.030
Wandle ich schweigend umher.(Heine.)
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Jch ging im Walde p1b_641.032
So für mich hin, p1b_641.033
Und nichts zu suchen, p1b_641.034
Das war mein Sinn.(Goethe, Gefunden.)
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Die Königin blickt durch's Fenster, p1b_641.036
Ein Jüngling der stand da draus, p1b_641.037
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Er sollte kommen in's Haus.
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(Albertus Magnus. Kretzschmers Volkslieder. II. S. 145.)
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Vgl. das italienische Volkslied in Agrumi von Kopisch S. 231, sowie p1b_641.041
Der Blumen Rache von Freiligrath.
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5. a b a b. (Dilettantenstrophe 2.)
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entstanden, indem man ihr den Cäsurreim verlieh. Wegen ihrer leichten Handhabung p1b_641.045
wurde sie die Domäne aller dilettierenden Dichter. Doch ist sie auch
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