Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_757.001 p1b_757.002 p1b_757.003 p1b_757.004 p1b_757.005 p1b_757.007 p1b_757.008 p1b_757.009 p1b_757.010 p1b_757.011 p1b_757.012 p1b_757.013 p1b_757.014 p1b_757.015 p1b_757.017 p1b_757.018 p1b_757.019 p1b_757.021 p1b_757.026 1. Gereimt. p1b_757.028a. Wie ein großer Gedanke sich losreißt aus p1b_757.029 Dem Haupte eines Genius, p1b_757.030 Also springt aus des Kasbek steinernem Haus p1b_757.031 Der brausende Terekfluß; p1b_757.032 Reißt sich in sprudelnder Lust p1b_757.033 Von der nährenden Bergesbrust; p1b_757.034 Rauscht mit hellem Geplätscher p1b_757.035 Über die eisigen Gletscher - p1b_757.036 Und die Steine und Felsen, die seinen Wellen p1b_757.037 Sich, trotzig hemmend, entgegenstellen, p1b_757.038 Lachend überspringt er sie p1b_757.039 Oder stark zwingt er sie p1b_757.040 Mit sich hinunter in's blühende Thal. p1b_757.041 Was ihm widersteht, wird zerstoben, p1b_757.042 Denn seine Gewalt kommt von oben! p1b_757.043
Die Geis, die wie er vom Felsen springt, p1b_757.044 Sich labend aus seiner Welle trinkt; p1b_757.045 Der Wandrer, der lechzend am Berghang ruht, p1b_757.046 Erquickt sich an seiner kühlen Flut. p1b_757.001 p1b_757.002 p1b_757.003 p1b_757.004 p1b_757.005 p1b_757.007 p1b_757.008 p1b_757.009 p1b_757.010 p1b_757.011 p1b_757.012 p1b_757.013 p1b_757.014 p1b_757.015 p1b_757.017 p1b_757.018 p1b_757.019 p1b_757.021 p1b_757.026 1. Gereimt. p1b_757.028a. Wie ein großer Gedanke sich losreißt aus p1b_757.029 Dem Haupte eines Genius, p1b_757.030 Also springt aus des Kasbék steinernem Haus p1b_757.031 Der brausende Terekfluß; p1b_757.032 Reißt sich in sprudelnder Lust p1b_757.033 Von der nährenden Bergesbrust; p1b_757.034 Rauscht mit hellem Geplätscher p1b_757.035 Über die eisigen Gletscher ─ p1b_757.036 Und die Steine und Felsen, die seinen Wellen p1b_757.037 Sich, trotzig hemmend, entgegenstellen, p1b_757.038 Lachend überspringt er sie p1b_757.039 Oder stark zwingt er sie p1b_757.040 Mit sich hinunter in's blühende Thal. p1b_757.041 Was ihm widersteht, wird zerstoben, p1b_757.042 Denn seine Gewalt kommt von oben! p1b_757.043
Die Geis, die wie er vom Felsen springt, p1b_757.044 Sich labend aus seiner Welle trinkt; p1b_757.045 Der Wandrer, der lechzend am Berghang ruht, p1b_757.046 Erquickt sich an seiner kühlen Flut. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0791" n="757"/> <p><lb n="p1b_757.001"/><hi rendition="#g">Platen</hi> (Bilder Neapels),</p> <p><lb n="p1b_757.002"/><hi rendition="#g">Goethe</hi> (Harzreise im Winter; Pilgers Morgenlied &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.003"/><hi rendition="#g">Schiller</hi> (Die Glocke &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.004"/><hi rendition="#g">Rückert</hi> (Der Fußwanderer &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.005"/><hi rendition="#g">Geibel</hi> (Herbstlieder <hi rendition="#aq">II</hi>.; Barbarossas Erwachen; Der Tod des <lb n="p1b_757.006"/> Tiberius &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.007"/><hi rendition="#g">Annette von Droste-Hülshoff</hi> (Die Lerche; Der Heidemann &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.008"/><hi rendition="#g">Herwegh</hi> (Zum Andenken an Georg Büchner),</p> <p><lb n="p1b_757.009"/><hi rendition="#g">Heinr. Heine</hi> (Der Phönix; Frieden; Morgengruß &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.010"/><hi rendition="#g">Bodenstedt</hi> (Der Terek),</p> <p><lb n="p1b_757.011"/><hi rendition="#g">Bechstein</hi> (Der Verdrießliche),</p> <p><lb n="p1b_757.012"/><hi rendition="#g">Lenau</hi> (Der Schiffsjunge; Die Werbung &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.013"/><hi rendition="#g">Feod. Löwe</hi> (Schöpfungsmorgen),</p> <p><lb n="p1b_757.014"/><hi rendition="#g">Wilh. Jordan</hi> (Dithyrambe; Jdylle &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.015"/><hi rendition="#g">Fr. Hermann</hi> (Pseud. für Obertribunalsrat <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Sonnenschmidt in Berlin, <lb n="p1b_757.016"/> Stubbenkammer; Jn der Nacht; An das Meer &c.),</p> <p><lb n="p1b_757.017"/><hi rendition="#g">Scheurlin</hi> (Das Glöcklein im Herzen),</p> <p><lb n="p1b_757.018"/><hi rendition="#g">Fröhlich</hi> (Versorgung; Herablassung),</p> <p><lb n="p1b_757.019"/> J. G. <hi rendition="#g">Seidl</hi> (Das Mühlrad im Winter). Vgl. Bd. <hi rendition="#aq">IV</hi>. S. 272 der <lb n="p1b_757.020"/> gesammelten Schriften Seidls. Wien 1879. &c. &c.</p> <p><lb n="p1b_757.021"/> Jndem wir auf die Beispiele in § 120, S. 376 ff., wo von der <lb n="p1b_757.022"/> Freiheit in der Versebildung gehandelt wurde, verweisen, zeigen wir <lb n="p1b_757.023"/> nur noch durch 2 weitere Beispiele, wie die Strophenausdehnung von <lb n="p1b_757.024"/> der Ausdehnung des Gedankens abhängig ist, so daß also gewissermaßen <lb n="p1b_757.025"/> die freie Strophe die Konsequenz der freien Verse ist.</p> <p> <lb n="p1b_757.026"/> <hi rendition="#g">Beispiele freier Strophen:</hi> </p> <lb n="p1b_757.027"/> <p> <hi rendition="#c">1. <hi rendition="#g">Gereimt.</hi></hi> </p> <lb n="p1b_757.028"/> <p rendition="#left"><hi rendition="#aq">a</hi>.</p> <lg> <l>Wie ein großer Gedanke sich losreißt aus</l> <lb n="p1b_757.029"/> <l>Dem Haupte eines Genius,</l> <lb n="p1b_757.030"/> <l>Also springt aus des Kasb<hi rendition="#aq">é</hi>k steinernem Haus</l> <lb n="p1b_757.031"/> <l>Der brausende Terekfluß;</l> <lb n="p1b_757.032"/> <l>Reißt sich in sprudelnder Lust</l> <lb n="p1b_757.033"/> <l>Von der nährenden Bergesbrust;</l> <lb n="p1b_757.034"/> <l>Rauscht mit hellem Geplätscher</l> <lb n="p1b_757.035"/> <l>Über die eisigen Gletscher ─</l> <lb n="p1b_757.036"/> <l>Und die Steine und Felsen, die seinen Wellen</l> <lb n="p1b_757.037"/> <l>Sich, trotzig hemmend, entgegenstellen,</l> <lb n="p1b_757.038"/> <l>Lachend überspringt er sie</l> <lb n="p1b_757.039"/> <l>Oder stark zwingt er sie</l> <lb n="p1b_757.040"/> <l>Mit sich hinunter in's blühende Thal.</l> <lb n="p1b_757.041"/> <l>Was ihm widersteht, wird zerstoben,</l> <lb n="p1b_757.042"/> <l>Denn seine Gewalt kommt von oben! </l> </lg> <lg> <lb n="p1b_757.043"/> <l>Die Geis, die wie er vom Felsen springt,</l> <lb n="p1b_757.044"/> <l>Sich labend aus seiner Welle trinkt;</l> <lb n="p1b_757.045"/> <l>Der Wandrer, der lechzend am Berghang ruht,</l> <lb n="p1b_757.046"/> <l>Erquickt sich an seiner kühlen Flut.</l> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [757/0791]
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Platen (Bilder Neapels),
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Goethe (Harzreise im Winter; Pilgers Morgenlied &c.),
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Schiller (Die Glocke &c.),
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Rückert (Der Fußwanderer &c.),
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Geibel (Herbstlieder II.; Barbarossas Erwachen; Der Tod des p1b_757.006
Tiberius &c.),
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Annette von Droste-Hülshoff (Die Lerche; Der Heidemann &c.),
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Herwegh (Zum Andenken an Georg Büchner),
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Heinr. Heine (Der Phönix; Frieden; Morgengruß &c.),
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Bodenstedt (Der Terek),
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Bechstein (Der Verdrießliche),
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Lenau (Der Schiffsjunge; Die Werbung &c.),
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Feod. Löwe (Schöpfungsmorgen),
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Wilh. Jordan (Dithyrambe; Jdylle &c.),
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Fr. Hermann (Pseud. für Obertribunalsrat Dr. Sonnenschmidt in Berlin, p1b_757.016
Stubbenkammer; Jn der Nacht; An das Meer &c.),
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Scheurlin (Das Glöcklein im Herzen),
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Fröhlich (Versorgung; Herablassung),
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J. G. Seidl (Das Mühlrad im Winter). Vgl. Bd. IV. S. 272 der p1b_757.020
gesammelten Schriften Seidls. Wien 1879. &c. &c.
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Jndem wir auf die Beispiele in § 120, S. 376 ff., wo von der p1b_757.022
Freiheit in der Versebildung gehandelt wurde, verweisen, zeigen wir p1b_757.023
nur noch durch 2 weitere Beispiele, wie die Strophenausdehnung von p1b_757.024
der Ausdehnung des Gedankens abhängig ist, so daß also gewissermaßen p1b_757.025
die freie Strophe die Konsequenz der freien Verse ist.
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Beispiele freier Strophen:
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1. Gereimt.
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a.
Wie ein großer Gedanke sich losreißt aus p1b_757.029
Dem Haupte eines Genius, p1b_757.030
Also springt aus des Kasbék steinernem Haus p1b_757.031
Der brausende Terekfluß; p1b_757.032
Reißt sich in sprudelnder Lust p1b_757.033
Von der nährenden Bergesbrust; p1b_757.034
Rauscht mit hellem Geplätscher p1b_757.035
Über die eisigen Gletscher ─ p1b_757.036
Und die Steine und Felsen, die seinen Wellen p1b_757.037
Sich, trotzig hemmend, entgegenstellen, p1b_757.038
Lachend überspringt er sie p1b_757.039
Oder stark zwingt er sie p1b_757.040
Mit sich hinunter in's blühende Thal. p1b_757.041
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Denn seine Gewalt kommt von oben!
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Der Wandrer, der lechzend am Berghang ruht, p1b_757.046
Erquickt sich an seiner kühlen Flut.
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