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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Seit Gleim leichte Gedichte als "Lieder nach dem Anakreon" (1766) p2b_118.002
erscheinen ließ, sind eine Menge sog. anakreontischer Gesellschaftslieder erschienen. p2b_118.003
Viele Anakreontika sind läppisch, matt und haben oft kaum den Stoff gemein p2b_118.004
mit denen Anakreons, der es verstand, in frischen Farben leicht tändelnd seine p2b_118.005
dichterischen Gedanken in anmutige Form zu kleiden. Die ursprüngliche Anakreontische p2b_118.006
Versart bestand aus 2 steigenden Jonikern. Bei uns ist folgende, p2b_118.007
der ersten Hälfte des neuen Nibelungenverses entsprechende Form am häufigsten: p2b_118.008
Breve - Breve - Breve - Breve, wobei die 2. Verszeile (zuweilen auch die 1.) verkürzt sein kann. p2b_118.009
Wilh. Buchholz bedient sich in seinem "Anakreontischen Liedchen" (vgl. deutsche p2b_118.010
Lyriker von Kneschke und Moltke. Leipzig, Theile 1873. S. 86) des viertaktigen p2b_118.011
Trochäus.

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Beispiel des anakreontischen Liedes: p2b_118.013
Lied von Gleim. p2b_118.014

Rings um mich her ist Freude, p2b_118.015
Schön ist's, wohin ich seh; p2b_118.016
Jm Feld und auf der Weide, p2b_118.017
Jm Thal und in der Höh! p2b_118.018
Für mich schuf deine Güte, p2b_118.019
O Gott, die Welt so schön! p2b_118.020
Für mich ist Frucht und Blüte p2b_118.021
Jn Thälern und auf Höhn.
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Für mich ist Freud' und Wonne p2b_118.023
Hier, wo dein Ruhm erschallt! p2b_118.024
Für mich bestrahlt die Sonne p2b_118.025
Die Felder und den Wald! p2b_118.026
Für mich spielt das Getümmel p2b_118.027
Der Herden auf der Au! p2b_118.028
Für mich wölbt sich der Himmel p2b_118.029
So heiter und so blau!
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Für mich sind jene Gründe p2b_118.031
So lieblich anzusehn! p2b_118.032
Für mich wehn kühle Winde! p2b_118.033
Für mich ist alles schön. p2b_118.034
Du Schöpfer dieser Wonne p2b_118.035
Wie gütig mußt du sein! p2b_118.036
Mit jeder Morgensonne p2b_118.037
Will ich mich Deiner freun!
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(Vgl. noch Gleims Anakreontika Der Vorsatz, und Die schöne Gegend, p2b_118.039
welch letzteres Lied mehrere Zeilen des obigen Liedes wiederholt, indem es beginnt: p2b_118.040
Für mich bestrahlt die Sonne p2b_118.041
Die Wälder und die Aun
u. s. w.)

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3. Skolion.

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Man versteht unter Skolien kurze Trinklieder, improvisierte Gedichte p2b_118.044
bei Gastmählern und dergleichen.

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Bei den Griechen waren Skolien lediglich Tischlieder oder Rundgesänge. p2b_118.046
Bloß einzelne Tischgenossen sangen sie, wie sie ihnen Laune oder Talent eingaben.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/140>, abgerufen am 24.11.2024.