p2b_176.001 3. Ein einzelnes Symbol zur Veranschaulichung der Poesie ist z. B. die p2b_176.002 Lyra. Eine Summe von Symbolen (z. B. im "Mädchen aus der Fremde" p2b_176.003 von Schiller) veranschaulicht ebenfalls die Poesie. Diese Veranschaulichung ist p2b_176.004 zur Dichtungsgattung Allegorie geworden. Für die Stärke dient das Symbol p2b_176.005 "Eiche" oder "Löwe". Dasselbe Konkretum kann dienen zur Allegorie eines p2b_176.006 Gattungsbegriffes (z. B. die einzelnen Eigenschaften der Eiche für einen Charakter). p2b_176.007 Nicht aber ist etwa jedes einzelne, welches aus dem Zusammenhang der Allegorie p2b_176.008 genommen würde, ein Symbol zu nennen. Oft hat es nur in der p2b_176.009 ganzen Reihe symbolische Geltung.
p2b_176.010 4. Eine schöne Vereinigung der Symbole zu einer sinnlichen Allegorie war p2b_176.011 zu allen Zeiten eine der edelsten Freuden gefühlvoller Naturen. Nur wenige p2b_176.012 Sätze mögen ausführen, wie alle Vereinigungen ihre allegorischen Symbole haben.
p2b_176.013 Jm Mittelalter begann unter dem Einflusse der religiösen Vorstellungen p2b_176.014 das Bedürfnis des Symbolisierens auf die Baukunst einzuwirken, weshalb p2b_176.015 die gothische Bauart meistens den Charakter des Symbolischen trägt, bis die p2b_176.016 Renaissance auf die Antike zurückgriff und ihre Formen zu freier Verzierung p2b_176.017 verwandte.
p2b_176.018 Die spätere Entwickelung zeigt, (abgesehen von naturwidrigen Gestalten, p2b_176.019 wie im sogenannten Jesuiten=, Zopf=, Rokoko- und Barockstil), das Gepräge p2b_176.020 eines dem sich reinigenden Zeitgeschmack entsprechenden Eklektizismus, in welchem p2b_176.021 das Symbolische nur im gefälligen Schmucke als plastisches Beiwerkp2b_176.022 (z. B. in Bekrönung des Gesimses, oder Treppendekoration &c.) seine Verwendung p2b_176.023 findet.
p2b_176.024 Jhrer Natur nach ist die Plastik hauptsächlich zur Symbolik: zur allegorischen p2b_176.025 Personifikation geeignet. (Vgl. Bd. I, S. 176.) Die alten Griechen p2b_176.026 gestalteten ihre Götter und Helden anschaulich, wozu die rein plastische Form das p2b_176.027 entsprechendste Mittel gewährte, indem sie von der wirklichen Erscheinungswelt p2b_176.028 durch ihre Farblosigkeit abzog.
p2b_176.029 Darum aber ist die Malerei für das Gebiet des Symbolischen unangemessener; p2b_176.030 und es mag als eine Verirrung des ästhetischen Geschmacks angesehen p2b_176.031 werden, wenn Mythen, antike Vorstellungen, oder sogar Parabeln, p2b_176.032 Allegorien &c. in koloristischer Weise zur malerischen Darstellung gebracht werden. -
p2b_176.033 Die Poesie, ihrem formalen Wesen nach metaphorisch, bietet ein weites p2b_176.034 Feld für das Symbolisieren; aber darin gerade werden in der bildenden Kunst p2b_176.035 viele Fehler begangen, weil viele von dem Jrrtum ausgehen, auch das in p2b_176.036 jenem künstlerischen Gebiete Mögliche in dem ihrigen darstellen zu können. Die p2b_176.037 vielfach verunglückten Gemälde nach Dichterstellen beweisen dies. Die darstellenden p2b_176.038 Maler vergessen, daß die Hauptbedingung des von der Poesie ausgehenden p2b_176.039 ästhetischen Eindruckes, die Bewegung der poetischen Jdee, der Fluß p2b_176.040 der Handlung, der Malerei abgeht.
p2b_176.041 Jn der Musik zeigt sich das Symbolische darin, daß der Ton (ohne begriffliches p2b_176.042 Beiwerk) als Ausdruck einer seelischen Empfindung wirkt. Daher p2b_176.043 beweist sich der symbolische Charakter in der wortlosen Musik (in der Symphonie) p2b_176.044 am reinsten.
p2b_176.001 3. Ein einzelnes Symbol zur Veranschaulichung der Poesie ist z. B. die p2b_176.002 Lyra. Eine Summe von Symbolen (z. B. im „Mädchen aus der Fremde“ p2b_176.003 von Schiller) veranschaulicht ebenfalls die Poesie. Diese Veranschaulichung ist p2b_176.004 zur Dichtungsgattung Allegorie geworden. Für die Stärke dient das Symbol p2b_176.005 „Eiche“ oder „Löwe“. Dasselbe Konkretum kann dienen zur Allegorie eines p2b_176.006 Gattungsbegriffes (z. B. die einzelnen Eigenschaften der Eiche für einen Charakter). p2b_176.007 Nicht aber ist etwa jedes einzelne, welches aus dem Zusammenhang der Allegorie p2b_176.008 genommen würde, ein Symbol zu nennen. Oft hat es nur in der p2b_176.009 ganzen Reihe symbolische Geltung.
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p2b_176.013 Jm Mittelalter begann unter dem Einflusse der religiösen Vorstellungen p2b_176.014 das Bedürfnis des Symbolisierens auf die Baukunst einzuwirken, weshalb p2b_176.015 die gothische Bauart meistens den Charakter des Symbolischen trägt, bis die p2b_176.016 Renaissance auf die Antike zurückgriff und ihre Formen zu freier Verzierung p2b_176.017 verwandte.
p2b_176.018 Die spätere Entwickelung zeigt, (abgesehen von naturwidrigen Gestalten, p2b_176.019 wie im sogenannten Jesuiten=, Zopf=, Rokoko- und Barockstil), das Gepräge p2b_176.020 eines dem sich reinigenden Zeitgeschmack entsprechenden Eklektizismus, in welchem p2b_176.021 das Symbolische nur im gefälligen Schmucke als plastisches Beiwerkp2b_176.022 (z. B. in Bekrönung des Gesimses, oder Treppendekoration &c.) seine Verwendung p2b_176.023 findet.
p2b_176.024 Jhrer Natur nach ist die Plastik hauptsächlich zur Symbolik: zur allegorischen p2b_176.025 Personifikation geeignet. (Vgl. Bd. I, S. 176.) Die alten Griechen p2b_176.026 gestalteten ihre Götter und Helden anschaulich, wozu die rein plastische Form das p2b_176.027 entsprechendste Mittel gewährte, indem sie von der wirklichen Erscheinungswelt p2b_176.028 durch ihre Farblosigkeit abzog.
p2b_176.029 Darum aber ist die Malerei für das Gebiet des Symbolischen unangemessener; p2b_176.030 und es mag als eine Verirrung des ästhetischen Geschmacks angesehen p2b_176.031 werden, wenn Mythen, antike Vorstellungen, oder sogar Parabeln, p2b_176.032 Allegorien &c. in koloristischer Weise zur malerischen Darstellung gebracht werden. ─
p2b_176.033 Die Poesie, ihrem formalen Wesen nach metaphorisch, bietet ein weites p2b_176.034 Feld für das Symbolisieren; aber darin gerade werden in der bildenden Kunst p2b_176.035 viele Fehler begangen, weil viele von dem Jrrtum ausgehen, auch das in p2b_176.036 jenem künstlerischen Gebiete Mögliche in dem ihrigen darstellen zu können. Die p2b_176.037 vielfach verunglückten Gemälde nach Dichterstellen beweisen dies. Die darstellenden p2b_176.038 Maler vergessen, daß die Hauptbedingung des von der Poesie ausgehenden p2b_176.039 ästhetischen Eindruckes, die Bewegung der poetischen Jdee, der Fluß p2b_176.040 der Handlung, der Malerei abgeht.
p2b_176.041 Jn der Musik zeigt sich das Symbolische darin, daß der Ton (ohne begriffliches p2b_176.042 Beiwerk) als Ausdruck einer seelischen Empfindung wirkt. Daher p2b_176.043 beweist sich der symbolische Charakter in der wortlosen Musik (in der Symphonie) p2b_176.044 am reinsten.
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3. Ein einzelnes Symbol zur Veranschaulichung der Poesie ist z. B. die p2b_176.002
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von Schiller) veranschaulicht ebenfalls die Poesie. Diese Veranschaulichung ist p2b_176.004
zur Dichtungsgattung Allegorie geworden. Für die Stärke dient das Symbol p2b_176.005
„Eiche“ oder „Löwe“. Dasselbe Konkretum kann dienen zur Allegorie eines p2b_176.006
Gattungsbegriffes (z. B. die einzelnen Eigenschaften der Eiche für einen Charakter). p2b_176.007
Nicht aber ist etwa jedes einzelne, welches aus dem Zusammenhang der Allegorie p2b_176.008
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4. Eine schöne Vereinigung der Symbole zu einer sinnlichen Allegorie war p2b_176.011
zu allen Zeiten eine der edelsten Freuden gefühlvoller Naturen. Nur wenige p2b_176.012
Sätze mögen ausführen, wie alle Vereinigungen ihre allegorischen Symbole haben.
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Jm Mittelalter begann unter dem Einflusse der religiösen Vorstellungen p2b_176.014
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Jhrer Natur nach ist die Plastik hauptsächlich zur Symbolik: zur allegorischen p2b_176.025
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gestalteten ihre Götter und Helden anschaulich, wozu die rein plastische Form das p2b_176.027
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Darum aber ist die Malerei für das Gebiet des Symbolischen unangemessener; p2b_176.030
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Die Poesie, ihrem formalen Wesen nach metaphorisch, bietet ein weites p2b_176.034
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jenem künstlerischen Gebiete Mögliche in dem ihrigen darstellen zu können. Die p2b_176.037
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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/198>, abgerufen am 22.11.2024.
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