Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_209.001 p2b_209.013Des Mannes Thräne. p2b_209.002 Die Perle nicht, p2b_209.003 p2b_209.012Die hell Fortuna's Haupt berührt; p2b_209.004 Der Demant nicht, p2b_209.005 Der rein der Schönen Locke ziert; p2b_209.006 Die Sonne nicht, p2b_209.007 Die goldnen Glanzes aufgezogen, p2b_209.008 Und auch kein Stern p2b_209.009 Am nächtlich heitern Himmelsbogen p2b_209.010 So schön erscheint p2b_209.011 Als jene Thräne, die der Mann geweint. (Herzog Ernst II. z. S.) § 93. Xenien. p2b_209.014 p2b_209.016 p2b_209.018 p2b_209.020 p2b_209.026 p2b_209.032 Jm Auslegen seid frisch und munter! p2b_209.034 p2b_209.035Legt ihr's nicht aus, so legt was unter. (Goethe. Zahme Xenien.) p2b_209.036 Es mag sich Feindliches ereignen, p2b_209.037 p2b_209.040Du bleibe ruhig, bleibe stumm; p2b_209.038 Und wenn sie dir die Bewegung leugnen, p2b_209.039 Geh' ihnen vor der Nas' herum. (Goethe. Zahme Xenien.) p2b_209.041 Klein-Griechenland, von Karl Julius Schröer. p2b_209.042Weiß nicht, was ihr Völker wollet, Griechenland sei gar zu klein, p2b_209.043
Darum läßt man's zur Beratung des Kongresses nicht herein; p2b_209.044 Nichts bedeutend sei Klein-Hellas, wendet überall man ein: p2b_209.045 Ei, ihr lieben Völker alle, ei so laßt es - größer sein! - p2b_209.001 p2b_209.013Des Mannes Thräne. p2b_209.002 Die Perle nicht, p2b_209.003 p2b_209.012Die hell Fortuna's Haupt berührt; p2b_209.004 Der Demant nicht, p2b_209.005 Der rein der Schönen Locke ziert; p2b_209.006 Die Sonne nicht, p2b_209.007 Die goldnen Glanzes aufgezogen, p2b_209.008 Und auch kein Stern p2b_209.009 Am nächtlich heitern Himmelsbogen p2b_209.010 So schön erscheint p2b_209.011 Als jene Thräne, die der Mann geweint. (Herzog Ernst II. z. S.) § 93. Xenien. p2b_209.014 p2b_209.016 p2b_209.018 p2b_209.020 p2b_209.026 p2b_209.032 Jm Auslegen seid frisch und munter! p2b_209.034 p2b_209.035Legt ihr's nicht aus, so legt was unter. (Goethe. Zahme Xenien.) p2b_209.036 Es mag sich Feindliches ereignen, p2b_209.037 p2b_209.040Du bleibe ruhig, bleibe stumm; p2b_209.038 Und wenn sie dir die Bewegung leugnen, p2b_209.039 Geh' ihnen vor der Nas' herum. (Goethe. Zahme Xenien.) p2b_209.041 Klein-Griechenland, von Karl Julius Schröer. p2b_209.042Weiß nicht, was ihr Völker wollet, Griechenland sei gar zu klein, p2b_209.043
Darum läßt man's zur Beratung des Kongresses nicht herein; p2b_209.044 Nichts bedeutend sei Klein-Hellas, wendet überall man ein: p2b_209.045 Ei, ihr lieben Völker alle, ei so laßt es ─ größer sein! ─ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0231" n="209"/> <lb n="p2b_209.001"/> <p><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Des Mannes Thräne.</hi></hi><lb n="p2b_209.002"/><hi rendition="#aq">d</hi>.<lg><l>Die Perle nicht,</l><lb n="p2b_209.003"/><l>Die hell Fortuna's Haupt berührt;</l><lb n="p2b_209.004"/><l>Der Demant nicht,</l><lb n="p2b_209.005"/><l>Der rein der Schönen Locke ziert;</l><lb n="p2b_209.006"/><l>Die Sonne nicht,</l><lb n="p2b_209.007"/><l>Die goldnen Glanzes aufgezogen,</l><lb n="p2b_209.008"/><l>Und auch kein Stern</l><lb n="p2b_209.009"/><l>Am nächtlich heitern Himmelsbogen</l><lb n="p2b_209.010"/><l>So schön erscheint</l><lb n="p2b_209.011"/><l>Als jene Thräne, die der Mann geweint.</l></lg><lb n="p2b_209.012"/><hi rendition="#right">(Herzog Ernst <hi rendition="#aq">II</hi>. z. S.)</hi></p> </div> <lb n="p2b_209.013"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c">§ 93. Xenien.</hi> </head> <p><lb n="p2b_209.014"/> Xenien sind Epigramme, die am Ende eine scharfe, satirische, überraschende, <lb n="p2b_209.015"/> ja unerwartete Wendung nehmen.</p> <p><lb n="p2b_209.016"/> Sie sind ihrer Pointe wegen gedichtet und heißen mit Rücksicht <lb n="p2b_209.017"/> auf dieselben auch „spitzige Epigramme“.</p> <p><lb n="p2b_209.018"/> Dem Wortsinn nach bedeuten Xenien (vom griechischen <foreign xml:lang="grc">ξένιον</foreign>) Gastgeschenke <lb n="p2b_209.019"/> oder Andenken.</p> <p><lb n="p2b_209.020"/> Der römische Epigrammatiker <hi rendition="#g">Martial</hi> nannte das 13. Buch seiner <lb n="p2b_209.021"/> Sinngedichte Xenien, und von ihm nahmen <hi rendition="#g">Schiller</hi> und <hi rendition="#g">Goethe</hi> den Namen <lb n="p2b_209.022"/> für ihre spitzigen Epigramme, die in ihrem Musenalmanach (Tübingen 1797) <lb n="p2b_209.023"/> erschienen, welche zunächst die Dichter Claudius und Stolberg scharf angriffen, <lb n="p2b_209.024"/> dann überhaupt das Philistertum, die Modethorheiten in der Litteratur, sowie <lb n="p2b_209.025"/> die Mittelmäßigkeit der Kunstleistungen mit Witz und Spott überschütteten.</p> <p><lb n="p2b_209.026"/> Eine ausführliche Schrift über „Die Schiller-Goetheschen Xenien“ ist von <lb n="p2b_209.027"/> Saupe (Leipzig 1852) erschienen; vgl. auch Boas, Schiller und Goethe im <lb n="p2b_209.028"/> Xenienkampf. 2 Bde. Stuttg. 1851. Xenien aus der Neuzeit, die denen von <lb n="p2b_209.029"/> Schiller und Goethe in bezug auf treffende und stimmungsvolle Satire an die Seite <lb n="p2b_209.030"/> gestellt werden können, sind die von K. J. <hi rendition="#g">Schröer</hi> zum Berliner Kongreß <lb n="p2b_209.031"/> (Neue illustr. Zeitg. Wien u. Leipz. 7. Juli 1878 S. 646).</p> <p> <lb n="p2b_209.032"/> <hi rendition="#g">Beispiele der Xenien.</hi> </p> <lb n="p2b_209.033"/> <p> <lg> <l>Jm Auslegen seid frisch und munter!</l> <lb n="p2b_209.034"/> <l>Legt ihr's nicht aus, so legt was unter.</l> </lg> <lb n="p2b_209.035"/> <hi rendition="#right">(Goethe. Zahme Xenien.)</hi> </p> <lb n="p2b_209.036"/> <p> <lg> <l>Es mag sich Feindliches ereignen,</l> <lb n="p2b_209.037"/> <l>Du bleibe ruhig, bleibe stumm;</l> <lb n="p2b_209.038"/> <l>Und wenn sie dir die Bewegung leugnen,</l> <lb n="p2b_209.039"/> <l>Geh' ihnen vor der Nas' herum.</l> </lg> <lb n="p2b_209.040"/> <hi rendition="#right">(Goethe. Zahme Xenien.)</hi> </p> <lb n="p2b_209.041"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Klein-Griechenland, von Karl Julius Schröer.</hi> </hi> </p> <lb n="p2b_209.042"/> <lg> <l>Weiß nicht, was ihr Völker wollet, Griechenland sei gar zu klein,</l> <lb n="p2b_209.043"/> <l>Darum läßt man's zur Beratung des Kongresses nicht herein;</l> <lb n="p2b_209.044"/> <l>Nichts bedeutend sei Klein-Hellas, wendet überall man ein:</l> <lb n="p2b_209.045"/> <l>Ei, ihr lieben Völker alle, ei so <hi rendition="#g">laßt</hi> es ─ größer sein! ─</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [209/0231]
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Des Mannes Thräne. p2b_209.002
d.Die Perle nicht, p2b_209.003
Die hell Fortuna's Haupt berührt; p2b_209.004
Der Demant nicht, p2b_209.005
Der rein der Schönen Locke ziert; p2b_209.006
Die Sonne nicht, p2b_209.007
Die goldnen Glanzes aufgezogen, p2b_209.008
Und auch kein Stern p2b_209.009
Am nächtlich heitern Himmelsbogen p2b_209.010
So schön erscheint p2b_209.011
Als jene Thräne, die der Mann geweint.
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(Herzog Ernst II. z. S.)
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§ 93. Xenien. p2b_209.014
Xenien sind Epigramme, die am Ende eine scharfe, satirische, überraschende, p2b_209.015
ja unerwartete Wendung nehmen.
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Sie sind ihrer Pointe wegen gedichtet und heißen mit Rücksicht p2b_209.017
auf dieselben auch „spitzige Epigramme“.
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Dem Wortsinn nach bedeuten Xenien (vom griechischen ξένιον) Gastgeschenke p2b_209.019
oder Andenken.
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Der römische Epigrammatiker Martial nannte das 13. Buch seiner p2b_209.021
Sinngedichte Xenien, und von ihm nahmen Schiller und Goethe den Namen p2b_209.022
für ihre spitzigen Epigramme, die in ihrem Musenalmanach (Tübingen 1797) p2b_209.023
erschienen, welche zunächst die Dichter Claudius und Stolberg scharf angriffen, p2b_209.024
dann überhaupt das Philistertum, die Modethorheiten in der Litteratur, sowie p2b_209.025
die Mittelmäßigkeit der Kunstleistungen mit Witz und Spott überschütteten.
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Eine ausführliche Schrift über „Die Schiller-Goetheschen Xenien“ ist von p2b_209.027
Saupe (Leipzig 1852) erschienen; vgl. auch Boas, Schiller und Goethe im p2b_209.028
Xenienkampf. 2 Bde. Stuttg. 1851. Xenien aus der Neuzeit, die denen von p2b_209.029
Schiller und Goethe in bezug auf treffende und stimmungsvolle Satire an die Seite p2b_209.030
gestellt werden können, sind die von K. J. Schröer zum Berliner Kongreß p2b_209.031
(Neue illustr. Zeitg. Wien u. Leipz. 7. Juli 1878 S. 646).
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Beispiele der Xenien.
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Jm Auslegen seid frisch und munter! p2b_209.034
Legt ihr's nicht aus, so legt was unter.
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(Goethe. Zahme Xenien.)
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Es mag sich Feindliches ereignen, p2b_209.037
Du bleibe ruhig, bleibe stumm; p2b_209.038
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Geh' ihnen vor der Nas' herum.
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(Goethe. Zahme Xenien.)
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Klein-Griechenland, von Karl Julius Schröer.
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Weiß nicht, was ihr Völker wollet, Griechenland sei gar zu klein, p2b_209.043
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Nichts bedeutend sei Klein-Hellas, wendet überall man ein: p2b_209.045
Ei, ihr lieben Völker alle, ei so laßt es ─ größer sein! ─
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