Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_313.001 p2b_313.119[Beginn Spaltensatz] Aus dem Streite gebracht? - p2b_313.002 p2b_313.009Der er hilfreich vorhin gedacht, p2b_313.003 Zu der nun kehrt' er zuhand; p2b_313.004 Dahin, wo er die Jungfrau fand, p2b_313.005 Die ihre Nistel krank verließ, p2b_313.006 Der er zum Kämpfer sich verhieß. p2b_313.007 Die zeigt' ihm die viel rechten Wege. p2b_313.008 u. s. f. S. 273. Vers 8097. Herr Jwein fröhlich da sprach, p2b_313.010 p2b_313.103Als er hörte und sach, p2b_313.011 Daß alles wohl ausschlug, p2b_313.012 Und der Kummer den er trug, p2b_313.013 Vers 8105.Daß er ein Ende sollte ha'n: p2b_313.014 "Fraue, ich habe mißgethan, p2b_313.015 Und Gott weiß, das schmerzt mich p2b_313.016 sehr. p2b_313.017 Nun aber ist Sitte von jeher, p2b_313.018 Daß man dem schuldigen Mann[Spaltenumbruch] p2b_313.101 Wie schwere Schuld er auch gewann, p2b_313.102 Wenn er bereut, vergebe u. s. f. S. 274. Vers 8237. Nun schaute Frau Lunete p2b_313.104 p2b_313.109Erhört all' ihre Gebete. p2b_313.105 Wo beide, Mann und Weib p2b_313.106 Vers 8140.Haben Gut und gesunden Leib, p2b_313.107 Schönheit, Verstand und Jugend p2b_313.108 Ohne Fehl und Untugend. u. s. f. S. 275. Vers 8159. So mein' ich war Glück und p2b_313.110 p2b_313.118Freude hie: p2b_313.111 Vers 8160.Doch erfuhr ich nicht, was oder wie p2b_313.112 Mit beiden seit dem ergangen. p2b_313.113 Jch konnte Kunde nicht erlangen p2b_313.114 Von dem ich diese Rede weiß; p2b_313.115 Drum kann ich Euch mit allem Fleiß p2b_313.116 Vers 8165.Nichts weiter sagen mehre, p2b_313.117 Als Gott geb' uns Heil und Ehre. (Schluß des Epos.) [Ende Spaltensatz]IV. Rolandslied (Cantilena Rolandi). Dieses älteste französische p2b_313.120 p2b_313.124 p2b_313.130 p2b_313.135 p2b_313.144 p2b_313.001 p2b_313.119[Beginn Spaltensatz] Aus dem Streite gebracht? ─ p2b_313.002 p2b_313.009Der er hilfreich vorhin gedacht, p2b_313.003 Zu der nun kehrt' er zuhand; p2b_313.004 Dahin, wo er die Jungfrau fand, p2b_313.005 Die ihre Nistel krank verließ, p2b_313.006 Der er zum Kämpfer sich verhieß. p2b_313.007 Die zeigt' ihm die viel rechten Wege. p2b_313.008 u. s. f. S. 273. Vers 8097. Herr Jwein fröhlich da sprach, p2b_313.010 p2b_313.103Als er hörte und sach, p2b_313.011 Daß alles wohl ausschlug, p2b_313.012 Und der Kummer den er trug, p2b_313.013 Vers 8105.Daß er ein Ende sollte ha'n: p2b_313.014 „Fraue, ich habe mißgethan, p2b_313.015 Und Gott weiß, das schmerzt mich p2b_313.016 sehr. p2b_313.017 Nun aber ist Sitte von jeher, p2b_313.018 Daß man dem schuldigen Mann[Spaltenumbruch] p2b_313.101 Wie schwere Schuld er auch gewann, p2b_313.102 Wenn er bereut, vergebe u. s. f. S. 274. Vers 8237. Nun schaute Frau Lunete p2b_313.104 p2b_313.109Erhört all' ihre Gebete. p2b_313.105 Wo beide, Mann und Weib p2b_313.106 Vers 8140.Haben Gut und gesunden Leib, p2b_313.107 Schönheit, Verstand und Jugend p2b_313.108 Ohne Fehl und Untugend. u. s. f. S. 275. Vers 8159. 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Karl besiegt die Aufrührer, beklagt Roland und <lb n="p2b_313.129"/> straft den Verräter.</p> <p><lb n="p2b_313.130"/> Das Epos kann als markantes litterarisches Denkmal für den Charakter <lb n="p2b_313.131"/> der Zeit der ersten Kreuzzüge aufgefaßt werden. Die Liebe findet in demselben <lb n="p2b_313.132"/> keinen Raum, ─ Roland erwähnt mit keiner Silbe seiner Geliebten, die doch <lb n="p2b_313.133"/> bei der Nachricht von seinem Untergang tot niedersinkt; die Helden sind eben <lb n="p2b_313.134"/> Gottesstreiter.</p> <p><lb n="p2b_313.135"/> Wie kein anderes Epos trägt das Rolandslied seine Entstehung aus verschiedenen <lb n="p2b_313.136"/> Volksliedern, sowie die Entlehnung und Verschmelzung verschiedener <lb n="p2b_313.137"/> Zusammendichter an der Stirne, indem die Anfangsverse der einzelnen Strophen <lb n="p2b_313.138"/> (Tiraden) eine Art Exposition des Jnhalts dieser Strophen sind und im Epos <lb n="p2b_313.139"/> je die Stellen bezeichnen, wo die Sänger ihre Sagen begannen. Die Strophenform <lb n="p2b_313.140"/> (Tirade, altfranzösisch <hi rendition="#aq">laisse</hi>) besteht aus einer beliebigen Anzahl akatalektischer, <lb n="p2b_313.141"/> jambischer Quinare mit Assonanz. Jede Tirade bildet ein aus Exposition, <lb n="p2b_313.142"/> anmutiger epischer Breite des Fortgangs und einer Art Refrain bestehendes <lb n="p2b_313.143"/> Teilganzes.</p> <p><lb n="p2b_313.144"/> Der Pfaffe Konrad hat das Rolandslied (im 12. Jahrh.) für Heinrich <lb n="p2b_313.145"/> den Löwen in's Deutsche übertragen. Jhm folgte im 13. Jahrhundert der <lb n="p2b_313.146"/> Stricker. Jn der Neuzeit hat es Ad. v. Keller (Altfranzös. Sagen 1839) und <lb n="p2b_313.147"/> Wilh. Hertz (1861) in's Deutsche übersetzt. Eine gründlich erschöpfende Belehrung <lb n="p2b_313.148"/> über Sage und Dichtung verdanken wir Wilh. Grimm. (Vgl. Einleitung <lb n="p2b_313.149"/> zu seiner Ausgabe des <hi rendition="#aq">Ruolandes liet</hi> 1838.)</p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [313/0335]
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Aus dem Streite gebracht? ─ p2b_313.002
Der er hilfreich vorhin gedacht, p2b_313.003
Zu der nun kehrt' er zuhand; p2b_313.004
Dahin, wo er die Jungfrau fand, p2b_313.005
Die ihre Nistel krank verließ, p2b_313.006
Der er zum Kämpfer sich verhieß. p2b_313.007
Die zeigt' ihm die viel rechten Wege. p2b_313.008
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Herr Jwein fröhlich da sprach, p2b_313.010
Als er hörte und sach, p2b_313.011
Daß alles wohl ausschlug, p2b_313.012
Und der Kummer den er trug, p2b_313.013
Daß er ein Ende sollte ha'n: p2b_313.014
„Fraue, ich habe mißgethan, p2b_313.015
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Nun aber ist Sitte von jeher, p2b_313.018
Daß man dem schuldigen Mann
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Wie schwere Schuld er auch gewann, p2b_313.102
Wenn er bereut, vergebe u. s. f.
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Nun schaute Frau Lunete p2b_313.104
Erhört all' ihre Gebete. p2b_313.105
Wo beide, Mann und Weib p2b_313.106
Haben Gut und gesunden Leib, p2b_313.107
Schönheit, Verstand und Jugend p2b_313.108
Ohne Fehl und Untugend. u. s. f.
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So mein' ich war Glück und p2b_313.110
Freude hie: p2b_313.111
Doch erfuhr ich nicht, was oder wie p2b_313.112
Mit beiden seit dem ergangen. p2b_313.113
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Von dem ich diese Rede weiß; p2b_313.115
Drum kann ich Euch mit allem Fleiß p2b_313.116
Nichts weiter sagen mehre, p2b_313.117
Als Gott geb' uns Heil und Ehre.
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(Schluß des Epos.)
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IV. Rolandslied (Cantilena Rolandi). Dieses älteste französische p2b_313.120
Epos hat seinen Namen von Roland, einem der 12 Paladine p2b_313.121
(Ritter) Karls des Großen, mit welchem Roland gegen die Araber p2b_313.122
nach Spanien zieht. Der Pfaffe Konrad hatte es in Reimpaaren p2b_313.123
geschrieben.
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Um die unterworfenen Heiden zu prüfen, die das Christentum annehmen p2b_313.125
wollen, schickt Karl den Ganelon, der sich durch diese Sendung dem Tod geweiht p2b_313.126
glaubt, und der nun das Frankenheer aus Rache verrät. Karl zieht zurück p2b_313.127
und läßt arglos Roland als König in Spanien. Dieser wird überfallen und p2b_313.128
mit allen Franken getötet. Karl besiegt die Aufrührer, beklagt Roland und p2b_313.129
straft den Verräter.
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Das Epos kann als markantes litterarisches Denkmal für den Charakter p2b_313.131
der Zeit der ersten Kreuzzüge aufgefaßt werden. Die Liebe findet in demselben p2b_313.132
keinen Raum, ─ Roland erwähnt mit keiner Silbe seiner Geliebten, die doch p2b_313.133
bei der Nachricht von seinem Untergang tot niedersinkt; die Helden sind eben p2b_313.134
Gottesstreiter.
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Wie kein anderes Epos trägt das Rolandslied seine Entstehung aus verschiedenen p2b_313.136
Volksliedern, sowie die Entlehnung und Verschmelzung verschiedener p2b_313.137
Zusammendichter an der Stirne, indem die Anfangsverse der einzelnen Strophen p2b_313.138
(Tiraden) eine Art Exposition des Jnhalts dieser Strophen sind und im Epos p2b_313.139
je die Stellen bezeichnen, wo die Sänger ihre Sagen begannen. Die Strophenform p2b_313.140
(Tirade, altfranzösisch laisse) besteht aus einer beliebigen Anzahl akatalektischer, p2b_313.141
jambischer Quinare mit Assonanz. Jede Tirade bildet ein aus Exposition, p2b_313.142
anmutiger epischer Breite des Fortgangs und einer Art Refrain bestehendes p2b_313.143
Teilganzes.
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Der Pfaffe Konrad hat das Rolandslied (im 12. Jahrh.) für Heinrich p2b_313.145
den Löwen in's Deutsche übertragen. Jhm folgte im 13. Jahrhundert der p2b_313.146
Stricker. Jn der Neuzeit hat es Ad. v. Keller (Altfranzös. Sagen 1839) und p2b_313.147
Wilh. Hertz (1861) in's Deutsche übersetzt. Eine gründlich erschöpfende Belehrung p2b_313.148
über Sage und Dichtung verdanken wir Wilh. Grimm. (Vgl. Einleitung p2b_313.149
zu seiner Ausgabe des Ruolandes liet 1838.)
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/335>, abgerufen am 17.07.2024. |