Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_321.001 p2b_321.005 [Beginn Spaltensatz] Es schwellt der Waffen heller Klang, p2b_321.008 Wie fröhliche Musik die Brust, p2b_321.009 Der jungen Ritter Thatenlust; p2b_321.010 Sie wagten manchen scharfen Gang. p2b_321.011 Doch keiner war, der kühner, freier p2b_321.012 Das Roß gelenkt mit fester Hand, p2b_321.013 Geführt die Waffen so gewandt, p2b_321.014 Als Herr von Boppard, Konrad Beyer. p2b_321.015 Als Knappe schon erprobt im Feld, p2b_321.016 War er im Spiel des Tages Held. p2b_321.017 Und würdig, nach des Rechts Verlangen, p2b_321.018 Den Ehrenpreis heut' zu empfangen. p2b_321.019 Hier scharrt ein edles Roß im Sand, p2b_321.020 Dort blinkt ein Kranz in zarter Hand: p2b_321.021 Die sollen als des Ruhmes Kronen, p2b_321.022 Den jugendlichen Ritter lohnen. p2b_321.023 Hei, wie der Held auf's Pferd sich schwingt! p2b_321.024 Das ihm ein Knappe zugeleitet; p2b_321.025 Der Jubel schallt, Musik erklingt, p2b_321.026 Als stolz er durch die Schranken reitet. p2b_321.027 Wie schaute mancher Rittersmann p2b_321.028 Voll Neid den Ritter Konrad an! p2b_321.029 Manch' holdes Frauenangesicht, p2b_321.030 Errötend wie das Morgenlicht, p2b_321.031 Verklärt ein süßgeheimes Hoffen p2b_321.032 Von Konrads Falkenblick getroffen. p2b_321.033 [Spaltenumbruch]
p2b_321.101Wohl gern hätt' jede zarte Hand, p2b_321.034 Durchbebt von innerem Frohlocken, p2b_321.035 Den gold'nen Kranz am blauen Band p2b_321.036 Gelegt auf Konrad's dunkle Locken; p2b_321.037 Doch nur der lieblichsten von allen p2b_321.038 War dieses Glückslos zugefallen. p2b_321.039 Marie von Sponheim strahlte weit p2b_321.040 Ein Stern der Schönheit ihrer Zeit: p2b_321.041 Aus ihren blauen Augen bricht p2b_321.042 Ein herz- und geistdurchsonnend Licht; p2b_321.043 Die Locken um die Stirne hold p2b_321.044 Wetteifern mit der Sonne Gold; p2b_321.045 Es glüh'n die Wangen lieblich klar p2b_321.046 Wie ein aufquellend Rosenpaar, p2b_321.047 Und aus des Mundes Purpurschein Erglänzen lichte Perlenreih'n; p2b_321.102 Sanft wogt das Ebenmaß der Glieder p2b_321.103 Gleich einer Lilie auf und nieder. p2b_321.104 Fürwahr, so herzgewinnend traut, p2b_321.105 So reich an Lieblichkeit und Güte p2b_321.106 Ward keine Jungfrau noch geschaut: p2b_321.107 Sie war der Blüten schönste Blüte! p2b_321.108 [Ende Spaltensatz]
p2b_321.142Mit holdem Blick und leichtem Schritte p2b_321.109 Tritt sie aus hoher Frauen Mitte p2b_321.110 Hinauf zu des Altanes Stufen, p2b_321.111 Wohin mit hellem Hörnerschall p2b_321.112 Nun Ritter Konrad ward berufen. p2b_321.113 Stolz schritt er durch die Ritter all', p2b_321.114 Und von der Schönheit Glanz umgeben p2b_321.115 Beugt er das Knie mit süßem Beben, p2b_321.116 Wie wenn ein Falke, nie besiegt, p2b_321.117 Sich zu der Taube Füßen schmiegt. p2b_321.118 Bald fühlt er auf der Stirne Rand, p2b_321.119 Wie sie den gold'nen Kranz beglückt p2b_321.120 Jhm zitternd auf die Locken drückt, p2b_321.121 Jhn leicht berührt mit zarter Hand. p2b_321.122 Jhm war's, als ob des Maien Schein p2b_321.123 Frisch strahle in sein Herz hinein p2b_321.124 Und wolle seines Panzers Engen p2b_321.125 Mit allgewalt'ger Flamme sprengen. p2b_321.126 Die zarte Hand, die ihn beglückt, p2b_321.127 Er zitternd an die Lippen drückt. p2b_321.128 Von allen Seiten auf ihn schauen p2b_321.129 Die Ritter und die Edelfrauen. p2b_321.130 Jn süßem Rausche, fast verlegen, p2b_321.131 Nimmt er Glückwünsche rings entgegen; p2b_321.132 Musik erschallt, in frohen Weisen p2b_321.133 Des Tages Helden laut zu preisen. p2b_321.134 Und während so der Jubel weilt, p2b_321.135 Maria ist hinweg geeilt; p2b_321.136 Süß träumend tritt verklärt sie ein p2b_321.137 Bescheiden in der Frauen Reih'n. p2b_321.138 Was ihre Seele süß erschüttert, p2b_321.139 Das spricht nicht aus ein ird'scher Mund; p2b_321.140 Wie's ihr im Busen wogt und zittert, p2b_321.141 Kein Dichtergriffel thut es kund! - Litteratur des neuromantischen Epos. p2b_321.143 p2b_321.001 p2b_321.005 [Beginn Spaltensatz] Es schwellt der Waffen heller Klang, p2b_321.008 Wie fröhliche Musik die Brust, p2b_321.009 Der jungen Ritter Thatenlust; p2b_321.010 Sie wagten manchen scharfen Gang. p2b_321.011 Doch keiner war, der kühner, freier p2b_321.012 Das Roß gelenkt mit fester Hand, p2b_321.013 Geführt die Waffen so gewandt, p2b_321.014 Als Herr von Boppard, Konrad Beyer. p2b_321.015 Als Knappe schon erprobt im Feld, p2b_321.016 War er im Spiel des Tages Held. p2b_321.017 Und würdig, nach des Rechts Verlangen, p2b_321.018 Den Ehrenpreis heut' zu empfangen. p2b_321.019 Hier scharrt ein edles Roß im Sand, p2b_321.020 Dort blinkt ein Kranz in zarter Hand: p2b_321.021 Die sollen als des Ruhmes Kronen, p2b_321.022 Den jugendlichen Ritter lohnen. p2b_321.023 Hei, wie der Held auf's Pferd sich schwingt! p2b_321.024 Das ihm ein Knappe zugeleitet; p2b_321.025 Der Jubel schallt, Musik erklingt, p2b_321.026 Als stolz er durch die Schranken reitet. p2b_321.027 Wie schaute mancher Rittersmann p2b_321.028 Voll Neid den Ritter Konrad an! p2b_321.029 Manch' holdes Frauenangesicht, p2b_321.030 Errötend wie das Morgenlicht, p2b_321.031 Verklärt ein süßgeheimes Hoffen p2b_321.032 Von Konrads Falkenblick getroffen. p2b_321.033 [Spaltenumbruch]
p2b_321.101Wohl gern hätt' jede zarte Hand, p2b_321.034 Durchbebt von innerem Frohlocken, p2b_321.035 Den gold'nen Kranz am blauen Band p2b_321.036 Gelegt auf Konrad's dunkle Locken; p2b_321.037 Doch nur der lieblichsten von allen p2b_321.038 War dieses Glückslos zugefallen. p2b_321.039 Marie von Sponheim strahlte weit p2b_321.040 Ein Stern der Schönheit ihrer Zeit: p2b_321.041 Aus ihren blauen Augen bricht p2b_321.042 Ein herz- und geistdurchsonnend Licht; p2b_321.043 Die Locken um die Stirne hold p2b_321.044 Wetteifern mit der Sonne Gold; p2b_321.045 Es glüh'n die Wangen lieblich klar p2b_321.046 Wie ein aufquellend Rosenpaar, p2b_321.047 Und aus des Mundes Purpurschein Erglänzen lichte Perlenreih'n; p2b_321.102 Sanft wogt das Ebenmaß der Glieder p2b_321.103 Gleich einer Lilie auf und nieder. p2b_321.104 Fürwahr, so herzgewinnend traut, p2b_321.105 So reich an Lieblichkeit und Güte p2b_321.106 Ward keine Jungfrau noch geschaut: p2b_321.107 Sie war der Blüten schönste Blüte! p2b_321.108 [Ende Spaltensatz]
p2b_321.142Mit holdem Blick und leichtem Schritte p2b_321.109 Tritt sie aus hoher Frauen Mitte p2b_321.110 Hinauf zu des Altanes Stufen, p2b_321.111 Wohin mit hellem Hörnerschall p2b_321.112 Nun Ritter Konrad ward berufen. p2b_321.113 Stolz schritt er durch die Ritter all', p2b_321.114 Und von der Schönheit Glanz umgeben p2b_321.115 Beugt er das Knie mit süßem Beben, p2b_321.116 Wie wenn ein Falke, nie besiegt, p2b_321.117 Sich zu der Taube Füßen schmiegt. p2b_321.118 Bald fühlt er auf der Stirne Rand, p2b_321.119 Wie sie den gold'nen Kranz beglückt p2b_321.120 Jhm zitternd auf die Locken drückt, p2b_321.121 Jhn leicht berührt mit zarter Hand. p2b_321.122 Jhm war's, als ob des Maien Schein p2b_321.123 Frisch strahle in sein Herz hinein p2b_321.124 Und wolle seines Panzers Engen p2b_321.125 Mit allgewalt'ger Flamme sprengen. p2b_321.126 Die zarte Hand, die ihn beglückt, p2b_321.127 Er zitternd an die Lippen drückt. p2b_321.128 Von allen Seiten auf ihn schauen p2b_321.129 Die Ritter und die Edelfrauen. p2b_321.130 Jn süßem Rausche, fast verlegen, p2b_321.131 Nimmt er Glückwünsche rings entgegen; p2b_321.132 Musik erschallt, in frohen Weisen p2b_321.133 Des Tages Helden laut zu preisen. p2b_321.134 Und während so der Jubel weilt, p2b_321.135 Maria ist hinweg geeilt; p2b_321.136 Süß träumend tritt verklärt sie ein p2b_321.137 Bescheiden in der Frauen Reih'n. p2b_321.138 Was ihre Seele süß erschüttert, p2b_321.139 Das spricht nicht aus ein ird'scher Mund; p2b_321.140 Wie's ihr im Busen wogt und zittert, p2b_321.141 Kein Dichtergriffel thut es kund! ─ Litteratur des neuromantischen Epos. p2b_321.143 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0343" n="321"/><lb n="p2b_321.001"/> Boppard wunderbar gerettet. 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S. 10.)</p> <lb n="p2b_321.007"/> <cb type="start"/> <lg> <l> Es schwellt der Waffen heller Klang,</l> <lb n="p2b_321.008"/> <l>Wie fröhliche Musik die Brust,</l> <lb n="p2b_321.009"/> <l>Der jungen Ritter Thatenlust;</l> <lb n="p2b_321.010"/> <l>Sie wagten manchen scharfen Gang.</l> <lb n="p2b_321.011"/> <l>Doch keiner war, der kühner, freier</l> <lb n="p2b_321.012"/> <l>Das Roß gelenkt mit fester Hand,</l> <lb n="p2b_321.013"/> <l>Geführt die Waffen so gewandt,</l> <lb n="p2b_321.014"/> <l>Als Herr von Boppard, Konrad Beyer.</l> <lb n="p2b_321.015"/> <l>Als Knappe schon erprobt im Feld,</l> <lb n="p2b_321.016"/> <l>War er im Spiel des Tages Held.</l> <lb n="p2b_321.017"/> <l>Und würdig, nach des Rechts Verlangen,</l> <lb n="p2b_321.018"/> <l>Den Ehrenpreis heut' zu empfangen.</l> <lb n="p2b_321.019"/> <l>Hier scharrt ein edles Roß im Sand,</l> <lb n="p2b_321.020"/> <l>Dort blinkt ein Kranz in zarter Hand:</l> <lb n="p2b_321.021"/> <l>Die sollen als des Ruhmes Kronen,</l> <lb n="p2b_321.022"/> <l>Den jugendlichen Ritter lohnen.</l> <lb n="p2b_321.023"/> <l>Hei, wie der Held auf's Pferd sich schwingt!</l> <lb n="p2b_321.024"/> <l>Das ihm ein Knappe zugeleitet;</l> <lb n="p2b_321.025"/> <l>Der Jubel schallt, Musik erklingt,</l> <lb n="p2b_321.026"/> <l>Als stolz er durch die Schranken reitet.</l> <lb n="p2b_321.027"/> <l>Wie schaute mancher Rittersmann</l> <lb n="p2b_321.028"/> <l>Voll Neid den Ritter Konrad an!</l> <lb n="p2b_321.029"/> <l>Manch' holdes Frauenangesicht,</l> <lb n="p2b_321.030"/> <l>Errötend wie das Morgenlicht,</l> <lb n="p2b_321.031"/> <l>Verklärt ein süßgeheimes Hoffen</l> <lb n="p2b_321.032"/> <l>Von Konrads Falkenblick getroffen. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_321.033"/> <l> Wohl gern hätt' jede zarte Hand,</l> <lb n="p2b_321.034"/> <l>Durchbebt von innerem Frohlocken,</l> <lb n="p2b_321.035"/> <l>Den gold'nen Kranz am blauen Band</l> <lb n="p2b_321.036"/> <l>Gelegt auf Konrad's dunkle Locken;</l> <lb n="p2b_321.037"/> <l>Doch nur der lieblichsten von allen</l> <lb n="p2b_321.038"/> <l>War dieses Glückslos zugefallen.</l> <lb n="p2b_321.039"/> <l><hi rendition="#g">Marie von Sponheim</hi> strahlte weit</l> <lb n="p2b_321.040"/> <l>Ein Stern der Schönheit ihrer Zeit:</l> <lb n="p2b_321.041"/> <l>Aus ihren blauen Augen bricht</l> <lb n="p2b_321.042"/> <l>Ein herz- und geistdurchsonnend Licht;</l> <lb n="p2b_321.043"/> <l>Die Locken um die Stirne hold</l> <lb n="p2b_321.044"/> <l>Wetteifern mit der Sonne Gold;</l> <lb n="p2b_321.045"/> <l>Es glüh'n die Wangen lieblich klar</l> <lb n="p2b_321.046"/> <l>Wie ein aufquellend Rosenpaar,</l> <lb n="p2b_321.047"/> <l>Und aus des Mundes Purpurschein</l> </lg> <cb/> <lb n="p2b_321.101"/> <lg> <l>Erglänzen lichte Perlenreih'n;</l> <lb n="p2b_321.102"/> <l>Sanft wogt das Ebenmaß der Glieder</l> <lb n="p2b_321.103"/> <l>Gleich einer Lilie auf und nieder.</l> <lb n="p2b_321.104"/> <l>Fürwahr, so herzgewinnend traut,</l> <lb n="p2b_321.105"/> <l>So reich an Lieblichkeit und Güte</l> <lb n="p2b_321.106"/> <l>Ward keine Jungfrau noch geschaut:</l> <lb n="p2b_321.107"/> <l>Sie war der Blüten schönste Blüte! 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E. Ebert (Wlasta); Pope (Treuer Eckart); A. Müller (Richard <lb n="p2b_321.148"/> Löwenherz und Alfonso); Böttger (Habanna); Grötsch (Der Zug der Normannen <lb n="p2b_321.149"/> nach Jerusalem); Teuscher (Saladin); Grün (Der letzte Ritter); Platen (Die <lb n="p2b_321.150"/> Abassiden in 9 Gesängen, in welchem Gedichte die Abenteuer der Söhne des <lb n="p2b_321.151"/> Harun al Raschid geschildert werden, vgl. <hi rendition="#aq">I</hi>. 329); Herder (Cid, ein nach <lb n="p2b_321.152"/> spanischen Romanzen bearbeiteter, ein romantisches Epos bildender Romanzencyklus); </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [321/0343]
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Boppard wunderbar gerettet. Als sie einst an der Stelle des Zweikampfs um p2b_321.002
Konrads Glück betet, tritt ein Pilger herzu, der an derselben Stelle um der p2b_321.003
getöteten Maria Seelenheil den Himmel anflehen will. Die Liebenden erkennen p2b_321.004
sich. Der Bund fürs Leben wird geschlossen.
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Probe aus Ritter Konrad Beyer von Boppard, von K. Hofmann p2b_321.006
von Nauborn. (1874. S. 10.)
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Es schwellt der Waffen heller Klang, p2b_321.008
Wie fröhliche Musik die Brust, p2b_321.009
Der jungen Ritter Thatenlust; p2b_321.010
Sie wagten manchen scharfen Gang. p2b_321.011
Doch keiner war, der kühner, freier p2b_321.012
Das Roß gelenkt mit fester Hand, p2b_321.013
Geführt die Waffen so gewandt, p2b_321.014
Als Herr von Boppard, Konrad Beyer. p2b_321.015
Als Knappe schon erprobt im Feld, p2b_321.016
War er im Spiel des Tages Held. p2b_321.017
Und würdig, nach des Rechts Verlangen, p2b_321.018
Den Ehrenpreis heut' zu empfangen. p2b_321.019
Hier scharrt ein edles Roß im Sand, p2b_321.020
Dort blinkt ein Kranz in zarter Hand: p2b_321.021
Die sollen als des Ruhmes Kronen, p2b_321.022
Den jugendlichen Ritter lohnen. p2b_321.023
Hei, wie der Held auf's Pferd sich schwingt! p2b_321.024
Das ihm ein Knappe zugeleitet; p2b_321.025
Der Jubel schallt, Musik erklingt, p2b_321.026
Als stolz er durch die Schranken reitet. p2b_321.027
Wie schaute mancher Rittersmann p2b_321.028
Voll Neid den Ritter Konrad an! p2b_321.029
Manch' holdes Frauenangesicht, p2b_321.030
Errötend wie das Morgenlicht, p2b_321.031
Verklärt ein süßgeheimes Hoffen p2b_321.032
Von Konrads Falkenblick getroffen.
p2b_321.033
Wohl gern hätt' jede zarte Hand, p2b_321.034
Durchbebt von innerem Frohlocken, p2b_321.035
Den gold'nen Kranz am blauen Band p2b_321.036
Gelegt auf Konrad's dunkle Locken; p2b_321.037
Doch nur der lieblichsten von allen p2b_321.038
War dieses Glückslos zugefallen. p2b_321.039
Marie von Sponheim strahlte weit p2b_321.040
Ein Stern der Schönheit ihrer Zeit: p2b_321.041
Aus ihren blauen Augen bricht p2b_321.042
Ein herz- und geistdurchsonnend Licht; p2b_321.043
Die Locken um die Stirne hold p2b_321.044
Wetteifern mit der Sonne Gold; p2b_321.045
Es glüh'n die Wangen lieblich klar p2b_321.046
Wie ein aufquellend Rosenpaar, p2b_321.047
Und aus des Mundes Purpurschein
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Erglänzen lichte Perlenreih'n; p2b_321.102
Sanft wogt das Ebenmaß der Glieder p2b_321.103
Gleich einer Lilie auf und nieder. p2b_321.104
Fürwahr, so herzgewinnend traut, p2b_321.105
So reich an Lieblichkeit und Güte p2b_321.106
Ward keine Jungfrau noch geschaut: p2b_321.107
Sie war der Blüten schönste Blüte!
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Mit holdem Blick und leichtem Schritte p2b_321.109
Tritt sie aus hoher Frauen Mitte p2b_321.110
Hinauf zu des Altanes Stufen, p2b_321.111
Wohin mit hellem Hörnerschall p2b_321.112
Nun Ritter Konrad ward berufen. p2b_321.113
Stolz schritt er durch die Ritter all', p2b_321.114
Und von der Schönheit Glanz umgeben p2b_321.115
Beugt er das Knie mit süßem Beben, p2b_321.116
Wie wenn ein Falke, nie besiegt, p2b_321.117
Sich zu der Taube Füßen schmiegt. p2b_321.118
Bald fühlt er auf der Stirne Rand, p2b_321.119
Wie sie den gold'nen Kranz beglückt p2b_321.120
Jhm zitternd auf die Locken drückt, p2b_321.121
Jhn leicht berührt mit zarter Hand. p2b_321.122
Jhm war's, als ob des Maien Schein p2b_321.123
Frisch strahle in sein Herz hinein p2b_321.124
Und wolle seines Panzers Engen p2b_321.125
Mit allgewalt'ger Flamme sprengen. p2b_321.126
Die zarte Hand, die ihn beglückt, p2b_321.127
Er zitternd an die Lippen drückt. p2b_321.128
Von allen Seiten auf ihn schauen p2b_321.129
Die Ritter und die Edelfrauen. p2b_321.130
Jn süßem Rausche, fast verlegen, p2b_321.131
Nimmt er Glückwünsche rings entgegen; p2b_321.132
Musik erschallt, in frohen Weisen p2b_321.133
Des Tages Helden laut zu preisen. p2b_321.134
Und während so der Jubel weilt, p2b_321.135
Maria ist hinweg geeilt; p2b_321.136
Süß träumend tritt verklärt sie ein p2b_321.137
Bescheiden in der Frauen Reih'n. p2b_321.138
Was ihre Seele süß erschüttert, p2b_321.139
Das spricht nicht aus ein ird'scher Mund; p2b_321.140
Wie's ihr im Busen wogt und zittert, p2b_321.141
Kein Dichtergriffel thut es kund! ─
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Litteratur des neuromantischen Epos.
p2b_321.143
Romantische Epen haben außer den Erwähnten geschrieben: Wieland p2b_321.144
(Jdris und Zenide, in 5 Gesängen); Fouqué (Sigurd der Schlangentöter); p2b_321.145
Heinr. von Nicolai († 1820, Reinhold und Angelika); Alxinger (Doolin von p2b_321.146
Mainz); Jmmermann (Die vortreffliche Bearbeitung des Epos Tristan und p2b_321.147
Jsolde); K. E. Ebert (Wlasta); Pope (Treuer Eckart); A. Müller (Richard p2b_321.148
Löwenherz und Alfonso); Böttger (Habanna); Grötsch (Der Zug der Normannen p2b_321.149
nach Jerusalem); Teuscher (Saladin); Grün (Der letzte Ritter); Platen (Die p2b_321.150
Abassiden in 9 Gesängen, in welchem Gedichte die Abenteuer der Söhne des p2b_321.151
Harun al Raschid geschildert werden, vgl. I. 329); Herder (Cid, ein nach p2b_321.152
spanischen Romanzen bearbeiteter, ein romantisches Epos bildender Romanzencyklus);
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/343>, abgerufen am 17.07.2024. |