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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Martha besorgte den Topf voll wärmender Federn, und Hannchen p2b_327.002
Bettete drinnen die muntersten Küchlein, setzte das Huhn dann p2b_327.003
Wieder auf's stillere Nest, sein Werk zu vollenden mit Treue. p2b_327.004
Feierlich wurde der Topf in die wärmere Stube getragen, p2b_327.005
Futter geholt und gestreut für die kleinen, beweglichen Gäste, p2b_327.006
Und mit fröhlicher Sorge die weitere Pflege besprochen.
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"Mutter, entschieden nun ist's!" rief plötzlich die Tochter dazwischen, p2b_327.008
"Du nur gehest auf's Schloß; ich bleibe daheim bei den Küchlein. p2b_327.009
"Stündlich bedürfen sie Futter, und stündlich entkriechen den Eiern p2b_327.010
"Ankömmlinge noch mehr; die dürfen zu lang in dem Neste p2b_327.011
"Ja nicht bleiben, denn sonst kann tot sie treten die Alte. p2b_327.012
"Nein! ich wäre untröstlich, verlör' ich während des Schmausens p2b_327.013
"Solch' ein niedliches Tier! Drum, Mutter, zu Hause nur laß mich! p2b_327.014
"Mir ist's besser, ich lasse das Schmausen! Antonien würd' ich p2b_327.015
"Schmerzlich vermissen, und - kurz, wie es scheint, will selber der Himmel, p2b_327.016
"Daß ich daheim hübsch bleib'; ich gehorche dem Winke des Himmels."
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Während die Mutter erwägen noch wollte das Für und das Wider, p2b_327.018
Holt' ihr Hannchen geschäftig herbei schon Kleider und Haube, p2b_327.019
Half sie putzen, und trieb sie hinweg durch Bitten und Küsse. p2b_327.020
Einsam blieb sie zurück, doch flüchtig enteilte die Zeit ihr u. s. f.
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IV. Hermann und Dorothea, von Goethe.

Hermann und p2b_327.022
Dorothea (9 Gesänge in Hexametern) neigt sich zum großen Epos p2b_327.023
hin. Es wurde von Goethe bürgerliches Epos genannt, da ihm die p2b_327.024
Verhältnisse des bürgerlichen Lebens zur Grundlage dienen.

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führt der Dichter die schnell sich entfaltende Liebe eines Bürgersohns p2b_327.027
(Hermann) zu einem lieblichen Mädchen (Dorothea) vor, wobei er das gesunde p2b_327.028
Bürgerleben in Freud und Leid, in allen möglichen Lagen, in Haus und Hof, p2b_327.029
auf dem Felde und im Stalle &c. anschaulich malt und ein naturwahres Lebensbild p2b_327.030
entrollt.

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Hermann, zu scheu, seine Liebe an Dorothea zu gestehen, ladet sie am p2b_327.032
Brunnen ein, Stütze seiner Mutter zu werden.

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Hermanns Vater empfängt sie (zu ihrer Überraschung) als Braut des p2b_327.034
Sohnes. Die Mutter vermittelt; der Pfarrer vollzieht die Verlobung.

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Das Gedicht, ebenso ein reizendes Bild des Familienglückes, wie eine p2b_327.036
Schilderung des Strebens und Grämens der ganzen Menschheit, wird zugleich p2b_327.037
der Ausdruck des echt deutschen Sinnes. - Goethe sagt selbst in einem Briefe p2b_327.038
an Schiller darüber: "Jch habe das rein Wesentliche der Existenz einer kleinen p2b_327.039
deutschen Stadt in dem epischen Tiegel von seinen Schlacken abzuscheiden gesucht p2b_327.040
und zugleich die großen Bewegungen und Veränderungen des Welttheaters p2b_327.041
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Spiegel zurückzuwerfen getrachtet."

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Wilhelm von Humboldt urteilt (Briefwechsel 1876. S. 39) über Hermann p2b_327.044
und Dorothea: "Das Epos allein umfaßt die ganze Menschheit, vereinigt

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Bettete drinnen die muntersten Küchlein, setzte das Huhn dann p2b_327.003
Wieder auf's stillere Nest, sein Werk zu vollenden mit Treue. p2b_327.004
Feierlich wurde der Topf in die wärmere Stube getragen, p2b_327.005
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Und mit fröhlicher Sorge die weitere Pflege besprochen.
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„Mutter, entschieden nun ist's!“ rief plötzlich die Tochter dazwischen, p2b_327.008
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IV. Hermann und Dorothea, von Goethe.

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/349>, abgerufen am 22.11.2024.