Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883. p2b_329.001 § 123. Das historische Epos (Heldenepos). p2b_329.002 p2b_329.005 I. Das Schah-Nameh des Firdusi. Das Schah-Nameh des p2b_329.006 p2b_329.008 p2b_329.013 p2b_329.018 1. p2b_329.022 Schah Feridun beschloß, bei Lebenszeiten p2b_329.024
Zur Teilung seines weiten Reichs zu schreiten; p2b_329.025 Jn Rum und Chawer und in Jran schied, p2b_329.026 Jn Tschin und Turkestan er sein Gebiet. p2b_329.027 Dem ersten seiner Söhne, Selm genannt, p2b_329.028 Verlieh er Rum so wie das Abendland, p2b_329.029 Und sendete, geleitet von den Besten p2b_329.030 Des Heeres, ihn in jenes Reich nach Westen; p2b_329.031 Selm stieg auf seinen Thronsitz, und sofort p2b_329.032 Gehuldigt ward ihm von den Großen dort. p2b_329.033 Tschin und der Turkomanen weite Flur p2b_329.034 Gab Feridun dem zweiten Sohne Tur; p2b_329.035 Jn die Gebiete, die ihm zugeteilt, p2b_329.036 Zog Tur mit seinem Heere unverweilt p2b_329.037 Und stieg, dort angekommen, stolzen Schritts, p2b_329.038 Mit Pracht sich gürtend, auf den Herrschersitz; p2b_329.039 Die Großen streuten Perlen ihm zu Füßen p2b_329.040 Und säumten nicht, als König ihn zu grüßen. p2b_329.041 An Jredsch endlich, seinen jüngsten Sohn, p2b_329.042 Verlieh der Vater Jrans hehren Thron, p2b_329.043 Die Kriegervolk=durchstreiften Wüstenstriche, p2b_329.044 So wie das Diadem, das königliche; p2b_329.045 Wert hielt er ihn, daß er das Schwert empfinge p2b_329.046 Mit samt dem Scepter und dem Siegelringe, p2b_329.001 § 123. Das historische Epos (Heldenepos). p2b_329.002 p2b_329.005 I. Das Schah-Nameh des Firdusi. Das Schah-Nameh des p2b_329.006 p2b_329.008 p2b_329.013 p2b_329.018 1. p2b_329.022 Schah Feridun beschloß, bei Lebenszeiten p2b_329.024
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Das historische Epos (Heldenepos).</hi> </head> <p><lb n="p2b_329.002"/> Man nennt es auch gern und vorzugsweise das heroische Epos, <lb n="p2b_329.003"/> oder Heldengedicht, auch Epopöe, da es meist die Thaten eines geschichtlichen <lb n="p2b_329.004"/> Helden schildert, ohne Geschichtsschreibung sein zu wollen.</p> <div n="5"> <lb n="p2b_329.005"/> <head><hi rendition="#aq">I</hi>. <hi rendition="#g">Das Schah-Nameh des Firdusi.</hi></head> <p> Das Schah-Nameh des <lb n="p2b_329.006"/> Firdusi ist seiner Absicht nach Königs- und Heldensage von der Zeit <lb n="p2b_329.007"/> des Darius Hystaspis bis zum Sturz der Sassaniden.</p> <p><lb n="p2b_329.008"/> Mit dem Volksepos hat es das gemein, daß es seine Helden zu Halbgöttern <lb n="p2b_329.009"/> mit übermenschlicher Kraft ausrüstet. Es zeigt den Kampf des iranischen <lb n="p2b_329.010"/> Heldentums gegen die Mächte der Finsternis. Die verschiedenen Sagenkreise <lb n="p2b_329.011"/> der Könige und Herrscher ballen sich zu einem einzigen zusammen, in welchem <lb n="p2b_329.012"/> sich das ganze Leben von Jahrhunderten konzentriert.</p> <p><lb n="p2b_329.013"/> Das Schah-Nameh ist Heldenepos und zugleich eine Art mythischer Geschichte. <lb n="p2b_329.014"/> Es fehlt im Schah-Nameh die Göttermaschinerie, die im Volksepos <lb n="p2b_329.015"/> nicht vermißt wird. Die Einwirkung der Götter ist hier sekundär. Der Dichter <lb n="p2b_329.016"/> hat sich dichterisch von seinem selbstlebenden Werk losgeschält und geht in ihm <lb n="p2b_329.017"/> auf. Durch seine Phantasie hat er 37 Sagen und mehr zur Einheit verbunden.</p> <p><lb n="p2b_329.018"/><hi rendition="#g">Probe aus dem Schah-Nameh des Firdusi.</hi> (Übersetzt von <lb n="p2b_329.019"/> Ad. Friedr. v. Schack. Vgl. Heldensagen des Firdusi. 3. Aufl. Stuttg. 1877. <lb n="p2b_329.020"/> <hi rendition="#aq">I</hi>. 129.)</p> <lb n="p2b_329.021"/> <p> <hi rendition="#c">1. <lb n="p2b_329.022"/> <hi rendition="#g">Feridun verteilt das Reich an seine drei Söhne.</hi></hi> </p> <lb n="p2b_329.023"/> <lg> <l> Schah Feridun beschloß, bei Lebenszeiten</l> <lb n="p2b_329.024"/> <l>Zur Teilung seines weiten Reichs zu schreiten;</l> <lb n="p2b_329.025"/> <l>Jn Rum und Chawer und in Jran schied,</l> <lb n="p2b_329.026"/> <l>Jn Tschin und Turkestan er sein Gebiet.</l> <lb n="p2b_329.027"/> <l>Dem ersten seiner Söhne, Selm genannt,</l> <lb n="p2b_329.028"/> <l>Verlieh er Rum so wie das Abendland,</l> <lb n="p2b_329.029"/> <l>Und sendete, geleitet von den Besten</l> <lb n="p2b_329.030"/> <l>Des Heeres, ihn in jenes Reich nach Westen;</l> <lb n="p2b_329.031"/> <l>Selm stieg auf seinen Thronsitz, und sofort</l> <lb n="p2b_329.032"/> <l>Gehuldigt ward ihm von den Großen dort.</l> <lb n="p2b_329.033"/> <l>Tschin und der Turkomanen weite Flur</l> <lb n="p2b_329.034"/> <l>Gab Feridun dem zweiten Sohne Tur;</l> <lb n="p2b_329.035"/> <l>Jn die Gebiete, die ihm zugeteilt,</l> <lb n="p2b_329.036"/> <l>Zog Tur mit seinem Heere unverweilt</l> <lb n="p2b_329.037"/> <l>Und stieg, dort angekommen, stolzen Schritts,</l> <lb n="p2b_329.038"/> <l>Mit Pracht sich gürtend, auf den Herrschersitz;</l> <lb n="p2b_329.039"/> <l>Die Großen streuten Perlen ihm zu Füßen</l> <lb n="p2b_329.040"/> <l>Und säumten nicht, als König ihn zu grüßen.</l> <lb n="p2b_329.041"/> <l>An Jredsch endlich, seinen jüngsten Sohn,</l> <lb n="p2b_329.042"/> <l>Verlieh der Vater Jrans hehren Thron,</l> <lb n="p2b_329.043"/> <l>Die Kriegervolk=durchstreiften Wüstenstriche,</l> <lb n="p2b_329.044"/> <l>So wie das Diadem, das königliche;</l> <lb n="p2b_329.045"/> <l>Wert hielt er ihn, daß er das Schwert empfinge</l> <lb n="p2b_329.046"/> <l>Mit samt dem Scepter und dem Siegelringe,</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [329/0351]
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§ 123. Das historische Epos (Heldenepos). p2b_329.002
Man nennt es auch gern und vorzugsweise das heroische Epos, p2b_329.003
oder Heldengedicht, auch Epopöe, da es meist die Thaten eines geschichtlichen p2b_329.004
Helden schildert, ohne Geschichtsschreibung sein zu wollen.
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I. Das Schah-Nameh des Firdusi. Das Schah-Nameh des p2b_329.006
Firdusi ist seiner Absicht nach Königs- und Heldensage von der Zeit p2b_329.007
des Darius Hystaspis bis zum Sturz der Sassaniden.
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Mit dem Volksepos hat es das gemein, daß es seine Helden zu Halbgöttern p2b_329.009
mit übermenschlicher Kraft ausrüstet. Es zeigt den Kampf des iranischen p2b_329.010
Heldentums gegen die Mächte der Finsternis. Die verschiedenen Sagenkreise p2b_329.011
der Könige und Herrscher ballen sich zu einem einzigen zusammen, in welchem p2b_329.012
sich das ganze Leben von Jahrhunderten konzentriert.
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Das Schah-Nameh ist Heldenepos und zugleich eine Art mythischer Geschichte. p2b_329.014
Es fehlt im Schah-Nameh die Göttermaschinerie, die im Volksepos p2b_329.015
nicht vermißt wird. Die Einwirkung der Götter ist hier sekundär. Der Dichter p2b_329.016
hat sich dichterisch von seinem selbstlebenden Werk losgeschält und geht in ihm p2b_329.017
auf. Durch seine Phantasie hat er 37 Sagen und mehr zur Einheit verbunden.
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Probe aus dem Schah-Nameh des Firdusi. (Übersetzt von p2b_329.019
Ad. Friedr. v. Schack. Vgl. Heldensagen des Firdusi. 3. Aufl. Stuttg. 1877. p2b_329.020
I. 129.)
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1. p2b_329.022
Feridun verteilt das Reich an seine drei Söhne.
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Schah Feridun beschloß, bei Lebenszeiten p2b_329.024
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Und sendete, geleitet von den Besten p2b_329.030
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Jn die Gebiete, die ihm zugeteilt, p2b_329.036
Zog Tur mit seinem Heere unverweilt p2b_329.037
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Und säumten nicht, als König ihn zu grüßen. p2b_329.041
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Mit samt dem Scepter und dem Siegelringe,
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