Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite
p2b_344.001
Mit den Pfoten gar mörderlich an, und zwischen den Ohren p2b_344.002
Fühlt' ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren: p2b_344.003
Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde. p2b_344.004
Glücklicherweise macht' ich mich los, und da ich so leicht bin p2b_344.005
Konnt' ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur mich zu finden, p2b_344.006
Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er p2b_344.007
Mir ein Ohr zurück, ich komme mit blutigem Haupte. p2b_344.008
Seht vier Löcher trug ich davon! Jhr werdet begreifen, p2b_344.009
Wie er mit Ungestüm schlug, fast wär' ich liegen geblieben. p2b_344.010
Nun bedenket die Not, bedenket euer Geleite! p2b_344.011
Wer mag reisen? wer mag an eurem Hofe sich finden, p2b_344.012
Wenn der Räuber die Straße belegt und alle beschädigt?
p2b_344.013
Und er endigte kaum, da kam die gesprächige Krähe, p2b_344.014
Merkenau, sagte: Würdiger Herr und gnädiger König! p2b_344.015
Traurige Märe bring ich vor euch, ich bin nicht im Stande p2b_344.016
Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich fürchte, das bricht mir p2b_344.017
Noch das Herz: so jämmerlich Ding begegnet mir heute u. s. f.
p2b_344.018
II. Rollenhagens Frosch-Meuseler.

Rollenhagens "Frosch= p2b_344.019
Meuseler" (1595) oder "Der Frösche und Mäuse wunderbare Hofhaltungen" p2b_344.020
ist eine Neubearbeitung der "Batrachomyomachie" und eine p2b_344.021
Parodie des homerischen Stils.

p2b_344.022
Das Epos ist wertvoll als Versuch, eine ganze Epopöe didaktisch auszuführen. p2b_344.023
Es zeigt im 1. Buche, wie alles seine Feinde habe, wobei es die p2b_344.024
bürgerlichen Stände durch Tiere vorstellt. Jm 2. Buch folgen Erörterungen p2b_344.025
des Froschkönigs Bausback mit dem Mäusekronprinz Bröseldieb über die beste p2b_344.026
Staatsverfassung. Jm 3. und letzten Buch beginnt der Krieg zwischen Fröschen p2b_344.027
und Mäusen, welch' letztere trotz tapferster Gegenwehr doch ihren Feinden weichen p2b_344.028
müssen, da jene sich durch die gepanzerten Krebse verstärken. Das Gedicht ist p2b_344.029
reizend in den Einzelheiten und gewinnend durch anmutige, behagliche epische p2b_344.030
Breite; aber in der innern Komposition ist es nicht eng genug gefügt und zusammengeschlossen.

p2b_344.031

p2b_344.032
Probe aus dem Froschmeuseler, von Rollenhagen. (Ausg. p2b_344.033
von K. Goedeke. 1876. S. 64. Die Orthographie ist verändert.)

p2b_344.034
[Beginn Spaltensatz]
Bröseldieb sagt, wer Murner sei. p2b_344.035
"Murnern, der Katzaner Patron, p2b_344.036
Lehrt mich kennen mein Mutterfron; p2b_344.037
Jch bat, wie ich noch war ein Kind, p2b_344.038
Wie die Kinder fürwitzig sind, p2b_344.039
Sie wollt's lassen einmal geschehen, p2b_344.040
Mich auch lassen die Welt besehen .. u. s. w. p2b_344.041
Sie wehret ab mit Hand und Mund, p2b_344.042
Predigt mir viel von Katz und Hund, p2b_344.043
Wie die uns wären so gefähr. p2b_344.044
Jch bat und gilfert immer mehr, p2b_344.045
Bis sie zuletzt williget drein, p2b_344.046
Daß ich ein Stund möcht von ihr sein, p2b_344.047
Warnet doch mit ganzem Fleiß p2b_344.048
Und saget von des Murners Weis, p2b_344.049
Daß er versteckt im Winkel säß, p2b_344.050
Und die Mäuslein ohn' Brot einfräs, p2b_344.051
Das wäre sein allerliebste Speis, p2b_344.052
Den sollt ich ja meiden mit Fleiß. p2b_344.053
Jch schlich unter der Wand herfür[Spaltenumbruch] p2b_344.101
Nach unsers Schlosses Vorderthür, p2b_344.102
Die in des Mantiers Haus hinging, p2b_344.103
Davon es Wärme und Rauch empfing, p2b_344.104
Und guckt heimlich zuerst heraus p2b_344.105
Wie ein unbewanderte Maus, p2b_344.106
Ob auch da wär sicher Geleit, p2b_344.107
Oder ob der Murner säß zur Seit. p2b_344.108
So saß im Haus im Sonnenschein p2b_344.109
Ein schönes weißes Jungfräulein, p2b_344.110
Sein Äuglein glänzten hell und klar, p2b_344.111
Es leckt und schlichtet seine Haar, p2b_344.112
Küsset die Händ und wusch sie rein p2b_344.113
Über die zarten Wängelein; p2b_344.114
Das Herz im Leib verlanget mir, p2b_344.115
Daß ich nur möcht treten herfür, p2b_344.116
Dasselb mit adeligen Sitten p2b_344.117
Um seine Lieb und Freundschaft bitten, p2b_344.118
Küssen ihre schneeweiße Händ: p2b_344.119
So hätt all meine Sorg ein End. - p2b_344.120
Es trat aber am Platz herum[Ende Spaltensatz]
p2b_344.001
Mit den Pfoten gar mörderlich an, und zwischen den Ohren p2b_344.002
Fühlt' ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren: p2b_344.003
Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde. p2b_344.004
Glücklicherweise macht' ich mich los, und da ich so leicht bin p2b_344.005
Konnt' ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur mich zu finden, p2b_344.006
Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er p2b_344.007
Mir ein Ohr zurück, ich komme mit blutigem Haupte. p2b_344.008
Seht vier Löcher trug ich davon! Jhr werdet begreifen, p2b_344.009
Wie er mit Ungestüm schlug, fast wär' ich liegen geblieben. p2b_344.010
Nun bedenket die Not, bedenket euer Geleite! p2b_344.011
Wer mag reisen? wer mag an eurem Hofe sich finden, p2b_344.012
Wenn der Räuber die Straße belegt und alle beschädigt?
p2b_344.013
Und er endigte kaum, da kam die gesprächige Krähe, p2b_344.014
Merkenau, sagte: Würdiger Herr und gnädiger König! p2b_344.015
Traurige Märe bring ich vor euch, ich bin nicht im Stande p2b_344.016
Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich fürchte, das bricht mir p2b_344.017
Noch das Herz: so jämmerlich Ding begegnet mir heute u. s. f.
p2b_344.018
II. Rollenhagens Frosch-Meuseler.

Rollenhagens „Frosch= p2b_344.019
Meuseler“ (1595) oder „Der Frösche und Mäuse wunderbare Hofhaltungen“ p2b_344.020
ist eine Neubearbeitung der „Batrachomyomachie“ und eine p2b_344.021
Parodie des homerischen Stils.

p2b_344.022
Das Epos ist wertvoll als Versuch, eine ganze Epopöe didaktisch auszuführen. p2b_344.023
Es zeigt im 1. Buche, wie alles seine Feinde habe, wobei es die p2b_344.024
bürgerlichen Stände durch Tiere vorstellt. Jm 2. Buch folgen Erörterungen p2b_344.025
des Froschkönigs Bausback mit dem Mäusekronprinz Bröseldieb über die beste p2b_344.026
Staatsverfassung. Jm 3. und letzten Buch beginnt der Krieg zwischen Fröschen p2b_344.027
und Mäusen, welch' letztere trotz tapferster Gegenwehr doch ihren Feinden weichen p2b_344.028
müssen, da jene sich durch die gepanzerten Krebse verstärken. Das Gedicht ist p2b_344.029
reizend in den Einzelheiten und gewinnend durch anmutige, behagliche epische p2b_344.030
Breite; aber in der innern Komposition ist es nicht eng genug gefügt und zusammengeschlossen.

p2b_344.031

p2b_344.032
Probe aus dem Froschmeuseler, von Rollenhagen. (Ausg. p2b_344.033
von K. Goedeke. 1876. S. 64. Die Orthographie ist verändert.)

p2b_344.034
[Beginn Spaltensatz]
Bröseldieb sagt, wer Murner sei. p2b_344.035
„Murnern, der Katzaner Patron, p2b_344.036
Lehrt mich kennen mein Mutterfron; p2b_344.037
Jch bat, wie ich noch war ein Kind, p2b_344.038
Wie die Kinder fürwitzig sind, p2b_344.039
Sie wollt's lassen einmal geschehen, p2b_344.040
Mich auch lassen die Welt besehen .. u. s. w. p2b_344.041
Sie wehret ab mit Hand und Mund, p2b_344.042
Predigt mir viel von Katz und Hund, p2b_344.043
Wie die uns wären so gefähr. p2b_344.044
Jch bat und gilfert immer mehr, p2b_344.045
Bis sie zuletzt williget drein, p2b_344.046
Daß ich ein Stund möcht von ihr sein, p2b_344.047
Warnet doch mit ganzem Fleiß p2b_344.048
Und saget von des Murners Weis, p2b_344.049
Daß er versteckt im Winkel säß, p2b_344.050
Und die Mäuslein ohn' Brot einfräs, p2b_344.051
Das wäre sein allerliebste Speis, p2b_344.052
Den sollt ich ja meiden mit Fleiß. p2b_344.053
Jch schlich unter der Wand herfür[Spaltenumbruch] p2b_344.101
Nach unsers Schlosses Vorderthür, p2b_344.102
Die in des Mantiers Haus hinging, p2b_344.103
Davon es Wärme und Rauch empfing, p2b_344.104
Und guckt heimlich zuerst heraus p2b_344.105
Wie ein unbewanderte Maus, p2b_344.106
Ob auch da wär sicher Geleit, p2b_344.107
Oder ob der Murner säß zur Seit. p2b_344.108
So saß im Haus im Sonnenschein p2b_344.109
Ein schönes weißes Jungfräulein, p2b_344.110
Sein Äuglein glänzten hell und klar, p2b_344.111
Es leckt und schlichtet seine Haar, p2b_344.112
Küsset die Händ und wusch sie rein p2b_344.113
Über die zarten Wängelein; p2b_344.114
Das Herz im Leib verlanget mir, p2b_344.115
Daß ich nur möcht treten herfür, p2b_344.116
Dasselb mit adeligen Sitten p2b_344.117
Um seine Lieb und Freundschaft bitten, p2b_344.118
Küssen ihre schneeweiße Händ: p2b_344.119
So hätt all meine Sorg ein End. ─ p2b_344.120
Es trat aber am Platz herum[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0366" n="344"/>
                <lb n="p2b_344.001"/>
                <lg>
                  <l>Mit den Pfoten gar mörderlich an, und zwischen den Ohren</l>
                  <lb n="p2b_344.002"/>
                  <l>Fühlt' ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren:</l>
                  <lb n="p2b_344.003"/>
                  <l>Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde.</l>
                  <lb n="p2b_344.004"/>
                  <l>Glücklicherweise macht' ich mich los, und da ich so leicht bin</l>
                  <lb n="p2b_344.005"/>
                  <l>Konnt' ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur mich zu finden,</l>
                  <lb n="p2b_344.006"/>
                  <l>Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er</l>
                  <lb n="p2b_344.007"/>
                  <l>Mir ein Ohr zurück, ich komme mit blutigem Haupte.</l>
                  <lb n="p2b_344.008"/>
                  <l>Seht vier Löcher trug ich davon! Jhr werdet begreifen,</l>
                  <lb n="p2b_344.009"/>
                  <l>Wie er mit Ungestüm schlug, fast wär' ich liegen geblieben.</l>
                  <lb n="p2b_344.010"/>
                  <l>Nun bedenket die Not, bedenket euer Geleite!</l>
                  <lb n="p2b_344.011"/>
                  <l>Wer mag reisen? wer mag an eurem Hofe sich finden,</l>
                  <lb n="p2b_344.012"/>
                  <l>Wenn der Räuber die Straße belegt und alle beschädigt? </l>
                </lg>
                <lg>
                  <lb n="p2b_344.013"/>
                  <l> Und er endigte kaum, da kam die gesprächige Krähe,</l>
                  <lb n="p2b_344.014"/>
                  <l>Merkenau, sagte: Würdiger Herr und gnädiger König!</l>
                  <lb n="p2b_344.015"/>
                  <l>Traurige Märe bring ich vor euch, ich bin nicht im Stande</l>
                  <lb n="p2b_344.016"/>
                  <l>Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich fürchte, das bricht mir</l>
                  <lb n="p2b_344.017"/>
                  <l>Noch das Herz: so jämmerlich Ding begegnet mir heute u. s. f.</l>
                </lg>
              </div>
              <div n="5">
                <lb n="p2b_344.018"/>
                <head><hi rendition="#aq">II</hi>. <hi rendition="#g">Rollenhagens Frosch-Meuseler.</hi></head>
                <p> Rollenhagens &#x201E;Frosch= <lb n="p2b_344.019"/>
Meuseler&#x201C; (1595) oder &#x201E;Der Frösche und Mäuse wunderbare Hofhaltungen&#x201C; <lb n="p2b_344.020"/>
ist eine Neubearbeitung der &#x201E;Batrachomyomachie&#x201C; und eine <lb n="p2b_344.021"/>
Parodie des homerischen Stils.</p>
                <p><lb n="p2b_344.022"/>
Das Epos ist wertvoll als Versuch, eine ganze Epopöe didaktisch auszuführen. <lb n="p2b_344.023"/>
Es zeigt im 1. Buche, wie alles seine Feinde habe, wobei es die <lb n="p2b_344.024"/>
bürgerlichen Stände durch Tiere vorstellt. Jm 2. Buch folgen Erörterungen <lb n="p2b_344.025"/>
des Froschkönigs Bausback mit dem Mäusekronprinz Bröseldieb über die beste <lb n="p2b_344.026"/>
Staatsverfassung. Jm 3. und letzten Buch beginnt der Krieg zwischen Fröschen <lb n="p2b_344.027"/>
und Mäusen, welch' letztere trotz tapferster Gegenwehr doch ihren Feinden weichen <lb n="p2b_344.028"/>
müssen, da jene sich durch die gepanzerten Krebse verstärken. Das Gedicht ist <lb n="p2b_344.029"/>
reizend in den Einzelheiten und gewinnend durch anmutige, behagliche epische <lb n="p2b_344.030"/>
Breite; aber in der innern Komposition ist es nicht eng genug gefügt und zusammengeschlossen.</p>
                <lb n="p2b_344.031"/>
                <p><lb n="p2b_344.032"/><hi rendition="#g">Probe aus dem Froschmeuseler, von Rollenhagen.</hi> (Ausg. <lb n="p2b_344.033"/>
von K. Goedeke. 1876. S. 64. Die Orthographie ist verändert.)</p>
                <lb n="p2b_344.034"/>
                <cb type="start"/>
                <lg>
                  <l> <hi rendition="#g">Bröseldieb sagt, wer Murner sei.</hi> </l>
                  <lb n="p2b_344.035"/>
                  <l>&#x201E;Murnern, der Katzaner Patron,</l>
                  <lb n="p2b_344.036"/>
                  <l>Lehrt mich kennen mein Mutterfron;</l>
                  <lb n="p2b_344.037"/>
                  <l>Jch bat, wie ich noch war ein Kind,</l>
                  <lb n="p2b_344.038"/>
                  <l>Wie die Kinder fürwitzig sind,</l>
                  <lb n="p2b_344.039"/>
                  <l>Sie wollt's lassen einmal geschehen,</l>
                  <lb n="p2b_344.040"/>
                  <l>Mich auch lassen die Welt besehen .. u. s. w.</l>
                  <lb n="p2b_344.041"/>
                  <l>Sie wehret ab mit Hand und Mund,</l>
                  <lb n="p2b_344.042"/>
                  <l>Predigt mir viel von Katz und Hund,</l>
                  <lb n="p2b_344.043"/>
                  <l>Wie die uns wären so gefähr.</l>
                  <lb n="p2b_344.044"/>
                  <l>Jch bat und gilfert immer mehr,</l>
                  <lb n="p2b_344.045"/>
                  <l>Bis sie zuletzt williget drein,</l>
                  <lb n="p2b_344.046"/>
                  <l>Daß ich ein Stund möcht von ihr sein,</l>
                  <lb n="p2b_344.047"/>
                  <l>Warnet doch mit ganzem Fleiß</l>
                  <lb n="p2b_344.048"/>
                  <l>Und saget von des Murners Weis,</l>
                  <lb n="p2b_344.049"/>
                  <l>Daß er versteckt im Winkel säß,</l>
                  <lb n="p2b_344.050"/>
                  <l>Und die Mäuslein ohn' Brot einfräs,</l>
                  <lb n="p2b_344.051"/>
                  <l>Das wäre sein allerliebste Speis,</l>
                  <lb n="p2b_344.052"/>
                  <l>Den sollt ich ja meiden mit Fleiß.</l>
                  <lb n="p2b_344.053"/>
                  <l>Jch schlich unter der Wand herfür</l>
                  <cb/>
                  <lb n="p2b_344.101"/>
                  <l>Nach unsers Schlosses Vorderthür,</l>
                  <lb n="p2b_344.102"/>
                  <l>Die in des Mantiers Haus hinging,</l>
                  <lb n="p2b_344.103"/>
                  <l>Davon es Wärme und Rauch empfing,</l>
                  <lb n="p2b_344.104"/>
                  <l>Und guckt heimlich zuerst heraus</l>
                  <lb n="p2b_344.105"/>
                  <l>Wie ein unbewanderte Maus,</l>
                  <lb n="p2b_344.106"/>
                  <l>Ob auch da wär sicher Geleit,</l>
                  <lb n="p2b_344.107"/>
                  <l>Oder ob der Murner säß zur Seit.</l>
                  <lb n="p2b_344.108"/>
                  <l>So saß im Haus im Sonnenschein</l>
                  <lb n="p2b_344.109"/>
                  <l>Ein schönes weißes Jungfräulein,</l>
                  <lb n="p2b_344.110"/>
                  <l>Sein Äuglein glänzten hell und klar,</l>
                  <lb n="p2b_344.111"/>
                  <l>Es leckt und schlichtet seine Haar,</l>
                  <lb n="p2b_344.112"/>
                  <l>Küsset die Händ und wusch sie rein</l>
                  <lb n="p2b_344.113"/>
                  <l>Über die zarten Wängelein;</l>
                  <lb n="p2b_344.114"/>
                  <l>Das Herz im Leib verlanget mir,</l>
                  <lb n="p2b_344.115"/>
                  <l>Daß ich nur möcht treten herfür,</l>
                  <lb n="p2b_344.116"/>
                  <l>Dasselb mit adeligen Sitten</l>
                  <lb n="p2b_344.117"/>
                  <l>Um seine Lieb und Freundschaft bitten,</l>
                  <lb n="p2b_344.118"/>
                  <l>Küssen ihre schneeweiße Händ:</l>
                  <lb n="p2b_344.119"/>
                  <l>So hätt all meine Sorg ein End. &#x2500;</l>
                  <lb n="p2b_344.120"/>
                  <l>Es trat aber am Platz herum</l>
                  <cb type="end"/>
                </lg>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0366] p2b_344.001 Mit den Pfoten gar mörderlich an, und zwischen den Ohren p2b_344.002 Fühlt' ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren: p2b_344.003 Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde. p2b_344.004 Glücklicherweise macht' ich mich los, und da ich so leicht bin p2b_344.005 Konnt' ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur mich zu finden, p2b_344.006 Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er p2b_344.007 Mir ein Ohr zurück, ich komme mit blutigem Haupte. p2b_344.008 Seht vier Löcher trug ich davon! Jhr werdet begreifen, p2b_344.009 Wie er mit Ungestüm schlug, fast wär' ich liegen geblieben. p2b_344.010 Nun bedenket die Not, bedenket euer Geleite! p2b_344.011 Wer mag reisen? wer mag an eurem Hofe sich finden, p2b_344.012 Wenn der Räuber die Straße belegt und alle beschädigt? p2b_344.013 Und er endigte kaum, da kam die gesprächige Krähe, p2b_344.014 Merkenau, sagte: Würdiger Herr und gnädiger König! p2b_344.015 Traurige Märe bring ich vor euch, ich bin nicht im Stande p2b_344.016 Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich fürchte, das bricht mir p2b_344.017 Noch das Herz: so jämmerlich Ding begegnet mir heute u. s. f. p2b_344.018 II. Rollenhagens Frosch-Meuseler. Rollenhagens „Frosch= p2b_344.019 Meuseler“ (1595) oder „Der Frösche und Mäuse wunderbare Hofhaltungen“ p2b_344.020 ist eine Neubearbeitung der „Batrachomyomachie“ und eine p2b_344.021 Parodie des homerischen Stils. p2b_344.022 Das Epos ist wertvoll als Versuch, eine ganze Epopöe didaktisch auszuführen. p2b_344.023 Es zeigt im 1. Buche, wie alles seine Feinde habe, wobei es die p2b_344.024 bürgerlichen Stände durch Tiere vorstellt. Jm 2. Buch folgen Erörterungen p2b_344.025 des Froschkönigs Bausback mit dem Mäusekronprinz Bröseldieb über die beste p2b_344.026 Staatsverfassung. Jm 3. und letzten Buch beginnt der Krieg zwischen Fröschen p2b_344.027 und Mäusen, welch' letztere trotz tapferster Gegenwehr doch ihren Feinden weichen p2b_344.028 müssen, da jene sich durch die gepanzerten Krebse verstärken. Das Gedicht ist p2b_344.029 reizend in den Einzelheiten und gewinnend durch anmutige, behagliche epische p2b_344.030 Breite; aber in der innern Komposition ist es nicht eng genug gefügt und zusammengeschlossen. p2b_344.031 p2b_344.032 Probe aus dem Froschmeuseler, von Rollenhagen. (Ausg. p2b_344.033 von K. Goedeke. 1876. S. 64. Die Orthographie ist verändert.) p2b_344.034 Bröseldieb sagt, wer Murner sei. p2b_344.035 „Murnern, der Katzaner Patron, p2b_344.036 Lehrt mich kennen mein Mutterfron; p2b_344.037 Jch bat, wie ich noch war ein Kind, p2b_344.038 Wie die Kinder fürwitzig sind, p2b_344.039 Sie wollt's lassen einmal geschehen, p2b_344.040 Mich auch lassen die Welt besehen .. u. s. w. p2b_344.041 Sie wehret ab mit Hand und Mund, p2b_344.042 Predigt mir viel von Katz und Hund, p2b_344.043 Wie die uns wären so gefähr. p2b_344.044 Jch bat und gilfert immer mehr, p2b_344.045 Bis sie zuletzt williget drein, p2b_344.046 Daß ich ein Stund möcht von ihr sein, p2b_344.047 Warnet doch mit ganzem Fleiß p2b_344.048 Und saget von des Murners Weis, p2b_344.049 Daß er versteckt im Winkel säß, p2b_344.050 Und die Mäuslein ohn' Brot einfräs, p2b_344.051 Das wäre sein allerliebste Speis, p2b_344.052 Den sollt ich ja meiden mit Fleiß. p2b_344.053 Jch schlich unter der Wand herfür p2b_344.101 Nach unsers Schlosses Vorderthür, p2b_344.102 Die in des Mantiers Haus hinging, p2b_344.103 Davon es Wärme und Rauch empfing, p2b_344.104 Und guckt heimlich zuerst heraus p2b_344.105 Wie ein unbewanderte Maus, p2b_344.106 Ob auch da wär sicher Geleit, p2b_344.107 Oder ob der Murner säß zur Seit. p2b_344.108 So saß im Haus im Sonnenschein p2b_344.109 Ein schönes weißes Jungfräulein, p2b_344.110 Sein Äuglein glänzten hell und klar, p2b_344.111 Es leckt und schlichtet seine Haar, p2b_344.112 Küsset die Händ und wusch sie rein p2b_344.113 Über die zarten Wängelein; p2b_344.114 Das Herz im Leib verlanget mir, p2b_344.115 Daß ich nur möcht treten herfür, p2b_344.116 Dasselb mit adeligen Sitten p2b_344.117 Um seine Lieb und Freundschaft bitten, p2b_344.118 Küssen ihre schneeweiße Händ: p2b_344.119 So hätt all meine Sorg ein End. ─ p2b_344.120 Es trat aber am Platz herum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/366
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/366>, abgerufen am 16.07.2024.