Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_418.001 p2b_418.021 Saal. p2b_418.023 p2b_418.024Prinzessin. Tasso. Tasso. p2b_418.025 Und sah ich hier mit Staunen nicht zuerst, p2b_418.026 Wie herrlich man den tapfern Mann belohnt? p2b_418.027 Als unerfahrner Knabe kam ich her, p2b_418.028 Jn einem Augenblick, da Fest auf Fest p2b_418.029 Ferrara zu dem Mittelpunkt der Ehre p2b_418.030 Zu machen schien. O! welcher Anblick war's! p2b_418.031 Den weiten Platz, auf dem in ihrem Glanze p2b_418.032 Gewandte Tapferkeit sich zeigen sollte, p2b_418.033 Umschloß ein Kreis, wie ihn die Sonne nicht p2b_418.034 So bald zum zweitenmal bescheinen wird. p2b_418.035 Es saßen hier gedrängt die schönsten Frauen, p2b_418.036 Gedrängt die ersten Männer unsrer Zeit. p2b_418.037 Erstaunt durchlief der Blick die edle Menge; p2b_418.038 Man rief: Sie alle hat das Vaterland, p2b_418.039 Das Eine, schmale, meerumgebne Land, p2b_418.040 Hierher geschickt. Zusammen bilden sie p2b_418.041 Das herrlichste Gericht, das über Ehre, p2b_418.042 Verdienst und Tugend je entschieden hat. p2b_418.043 Gehst du sie einzeln durch, du findest keinen, p2b_418.044 Der seines Nachbarn sich zu schämen brauche! - p2b_418.045 Und dann eröffneten die Schranken sich; p2b_418.046 Da stampften Pferde, glänzten Helm und Schilde, p2b_418.047 Da drängten sich die Knappen, da erklang p2b_418.048 Trompetenschall, und Lanzen krachten splitternd, p2b_418.001 p2b_418.021 Saal. p2b_418.023 p2b_418.024Prinzessin. Tasso. Tasso. p2b_418.025 Und sah ich hier mit Staunen nicht zuerst, p2b_418.026 Wie herrlich man den tapfern Mann belohnt? p2b_418.027 Als unerfahrner Knabe kam ich her, p2b_418.028 Jn einem Augenblick, da Fest auf Fest p2b_418.029 Ferrara zu dem Mittelpunkt der Ehre p2b_418.030 Zu machen schien. 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Tasso argwöhnt bei den verschiedenen Vermittlungsversuchen überall <lb n="p2b_418.006"/> Verrat; er fordert seine Entlassung vom Herzog und erhält sie. Als er von <lb n="p2b_418.007"/> der Prinzessin Abschied nimmt, erkühnt er sich, ihr seine Liebe zu gestehen. <lb n="p2b_418.008"/> Die Fürstin weckt ihn aus seinen thörichten Träumereien durch ihr rasches: <lb n="p2b_418.009"/> <hi rendition="#g">Hinweg!</hi> und verursacht dem unglücklich Liebenden das bitterste Leid. Am <lb n="p2b_418.010"/> Ende findet er in Antonios Freundschaft noch Trost und Hoffnung. Neben <lb n="p2b_418.011"/> den beiden Hauptpersonen, Tasso und Antonio, zeichnet Goethe zwei interessante <lb n="p2b_418.012"/> Frauencharaktere, die edle und geistreiche, dem Dichter im Stillen geneigte <lb n="p2b_418.013"/> Prinzessin Eleonore und die Gräfin Eleonore Sanvitale, die fröhlich=liebenswürdige <lb n="p2b_418.014"/> Freundin der Prinzessin. Die fünfte Person ist der kunstsinnige kluge Herzog <lb n="p2b_418.015"/> Alphons, der Ehrfurcht gebietende Herrscher. Die Handlung geht ─ wie die <lb n="p2b_418.016"/> kurze Probe schon zeigen möge ─ mehr im Gemütsleben der Personen als in <lb n="p2b_418.017"/> der äußeren That vor sich. Das Stück bietet ausgedehnte <hi rendition="#g">Schilderungen</hi> <lb n="p2b_418.018"/> Jtaliens und gewährt die genußreichste Lektüre; ein Theaterstück ist es nicht. <lb n="p2b_418.019"/> Der übermäßig ausgedehnte Dialog hat für ein <hi rendition="#g">theatralisches</hi> Stück dieselben <lb n="p2b_418.020"/> Mängel, wie der Rückertsche.</p> <p><lb n="p2b_418.021"/><hi rendition="#g">Probe aus Torquato Tasso, von Goethe</hi> (2. Aufz. 1. Auftritt).</p> <lb n="p2b_418.022"/> <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Saal. <lb n="p2b_418.023"/> Prinzessin. 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Herzogs, Leonore von Este. Als er sein herrliches Werk, das befreite Jerusalem, p2b_418.002
vollendet hat, überreicht er es dem Herzoge. Die Prinzessin krönt ihn dafür. p2b_418.003
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kalt zurückgewiesen. Da fordert er Antonio zum Zweikampf heraus und wird p2b_418.005
verhaftet. Tasso argwöhnt bei den verschiedenen Vermittlungsversuchen überall p2b_418.006
Verrat; er fordert seine Entlassung vom Herzog und erhält sie. Als er von p2b_418.007
der Prinzessin Abschied nimmt, erkühnt er sich, ihr seine Liebe zu gestehen. p2b_418.008
Die Fürstin weckt ihn aus seinen thörichten Träumereien durch ihr rasches: p2b_418.009
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Prinzessin Eleonore und die Gräfin Eleonore Sanvitale, die fröhlich=liebenswürdige p2b_418.014
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kurze Probe schon zeigen möge ─ mehr im Gemütsleben der Personen als in p2b_418.017
der äußeren That vor sich. Das Stück bietet ausgedehnte Schilderungen p2b_418.018
Jtaliens und gewährt die genußreichste Lektüre; ein Theaterstück ist es nicht. p2b_418.019
Der übermäßig ausgedehnte Dialog hat für ein theatralisches Stück dieselben p2b_418.020
Mängel, wie der Rückertsche.
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Probe aus Torquato Tasso, von Goethe (2. Aufz. 1. Auftritt).
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Prinzessin. Tasso. p2b_418.024
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Da stampften Pferde, glänzten Helm und Schilde, p2b_418.047
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Trompetenschall, und Lanzen krachten splitternd,
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